Das frühere Hotel Silber wird trotz einen gewagten Gegenvorschlags zur Gedenkstätte Foto: dpa

Im früheren Hotel Silber, der ehemaligen Stuttgarter Gestapo-Zentrale, soll 2017 eine Gedenkstätte öffnen. Eine Gruppe von Bürgern fordert jetzt, dort stattdessen Flüchtlinge unterzubringen. Land und Gedenkort-Initiative weisen den Vorschlag zurück.

Stuttgart - Der Flüchtlingsstrom nach Deutschland beschäftigt viele Menschen – und fördert unerwartete Ideen zutage. So hat sich in Stuttgart eine Gruppe von Bürgern zusammengefunden, die mit dem Vorschlag an die Öffentlichkeit tritt, das ehemalige Hotel Silber nicht zum Lern- und Gedenkort zu machen, sondern dort Asylbewerbern ein Dach über dem Kopf zu geben.

„Im Hotel Silber Wohnraum für Flüchtlinge schaffen statt einer Gedenkstätte für viele Millionen“, lautet die Forderung in einem Brief, der die Entscheidungsträger in Stadt und Land zum Umdenken bringen soll. „Flüchtlinge werden derzeit in Zelten untergebracht. Mit Beginn der kalten Jahreszeit muss diesen Menschen normaler Wohnraum zur Verfügung gestellt werden“, schreibt einer der Initiatoren. Ansonsten drohe „eine Katastrophe“. In Anbetracht der großen Not müssten auch Befürworter einer Gedenkstätte die Dringlichkeit des Anliegens erkennen. In der Bevölkerung gebe es dafür viel Zustimmung.

Jahrelang über Abriss gestritten

Das frühere Hotel Silber an der Dorotheenstraße diente während des Zweiten Weltkrieges als Stuttgarter Zentrale der Geheimen Staatspolizei. Jahrelang wurde darüber gestritten, ob das Gebäude abgebrochen werden darf. Schließlich haben sich Land, Stadt und die Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber auf eine Dokumentationsstätte geeinigt. Das Haus soll in der zweiten Jahreshälfte 2017 öffnen. Jüngst hat eine Jury die Planung der Dauerausstellung an das Frankfurter Architekturbüro Wandel Lorch WHL GmbH vergeben.

Harald Stingele, Sprecher der Initiative, hält die Flüchtlingsidee für abwegig: „Das ist der Versuch, die Erinnerungskultur anzugreifen.“ Eine solche Nutzung sei nicht denkbar. „Es geht ja auch darum, Flüchtlinge dort unterzubringen, wo Menschen leben, und nicht an solchen Stellen in der Innenstadt“, so Stingele. Stattdessen sei man froh, sich bei den Verhandlungen mit dem Haus der Geschichte über die künftige Zusammenarbeit „in der Schlussphase“ zu befinden. Er rechne damit, dass der Vertrag im Herbst unterzeichnet werde.

Das gilt auch für die Stadt Stuttgart und das Land Baden-Württemberg. Sie werden laut einer Sprecherin des Finanzministeriums „nach der Sommerpause“ ihren Kooperationsvertrag unterschreiben. Er regelt vor allem die Finanzierung. Demnach bezahlen Stadt und Land einmalig je 1,5 Millionen Euro für die Ausstellung. Den Betrieb bezuschussen beide mit jährlich 280 000 Euro. Die Umbaukosten in Höhe von drei bis fünf Millionen Euro trägt das Land allein. Eine Flüchtlingsunterkunft hält die Sprecherin für ausgeschlossen: „Eine solche Nutzung, auch vorübergehend, ist aufgrund fehlender Sanitärflächen und der bestehenden Drittvermietung im Haus nicht machbar.“