Kanubauer sind fleißig in der Werkstatt an der Mönchstraße. Foto: privat

Lange hat Roland Hess sein Holzkanumuseum betrieben. Nun kommen kaum noch Besucher. Das Museum soll ins Internet umziehen, und er will sich auf seine Holzbaukurse konzentrieren.

S-Nord - Die Werkstatt liegt ein bisschen versteckt, abseits der Straße: Ein hölzernes Schild weist den Weg: Holzkanumuseum, Roland Hess. Dass sich ein Museum in einer Nebenstraße am Pragfriedhof versteckt, mag schon ungewöhnlich sein. Dass es ein Museum ist, das sich auf Holzkanus spezialisiert hat, ist es ganz sicher. „Ich werde immer gefragt, wie ich dazu gekommen bin“, sagt Roland Hess und grinst. Nämlich so, dass er sich ein Segelboot mit Motor kaufen wollte. Finden konnte er jedoch keines. „Dann habe ich ein Inserat in der Zeitung gesehen, da sollte ein Holzkanu verkauft werden“, erinnert er sich. Also hat er sich das einmal angesehen – und prompt ist er hängengeblieben. Die Faszination, Boote selbst zu entwerfen und dann selbst zu bauen, war da. Selbst etwas mit den eigenen Händen herzustellen, das lag ihm.

Seit 1994 betreibt er seine Werkstatt mit Museum an der Mönchstraße, zuvor hatte er seine Sammlung in der Marbacher Stadthalle und am Neckarufer ausgestellt. „Vor etwa fünfzehn Jahren war das auch wirklich erfolgreich“, erinnert er sich. Viele Besucher seien aus Norddeutschland – „dort laufen Holzkanus viel besser als hier“ – oder sogar aus Spanien und Österreich gekommen. „Ins Museum kommt jetzt kaum jemand mehr“, sagt Hess. Das ist auch der Grund, warum er das Museum in den virtuellen Raum verlagern will, ins Internet. „Es lohnt sich einfach nicht mehr, die Sachen hier zu haben, wenn nur noch selten Besucher vorbeikommen“, erklärt Hess. „Im Internet kann sich das jeder ansehen, wann er Lust hat.“

Besondere Boote will er behalten

Das, was Hess im Holzkanumuseum ausstellt, ist schon lange viel mehr als Holzkanus: Bootsmotoren in allen Varianten, eine Werkzeugsammlung mit Hobeln, Sägen und Beilen, Fischreusen, Kameras, Mikroskope, antiquierte Schreibwerkzeuge, Petroleumkocher und anderes Campingzubehör.

Besondere Boote will Hess in den Werkstatträumen an der Mönchstraße behalten. Beispielsweise ein Kanu, das aus dem Jahr 1916 stammt, laut Hess Deutschlands ältestes Kanu. Teile seiner Sammlung will er verkaufen, einiges hat schon neue Besitzer oder Museen gefunden. Ein Teil, etwa die völkerkundlichen Modellboote, wird in die andere Werkstatt, die er betreibt, ausgelagert: Die befindet sich nahe Münsingen auf der Schwäbischen Alb, dazu gehört ein Seminarhaus, wo Hess Wochenendseminare anbietet, für Elektronikbasteleien, Bootsbau, Messerbau oder Bogenbau. Viele bietet er in Kooperation mit Volkshochschulen oder Einrichtungen wie der Hakufa-Kinderwerkstatt in Feuerbach an, für Erwachsene oder für Kinder.

Darauf will er sich nun konzentrieren: Messerbau, Möbelrestauration, Modellbau, Bootsbau. Er restauriert Zweiräder und stellt Longboards für Skater her. Baukurse zu verschiedenen Bootstypen bietet er an, also etwa Kanus, Kajaks, Faltboote, Segelboote, Paddelboote, entweder mit den neuesten Materialien gebaut oder auf traditionelle, jahrhundertealte Weise.

Zum Bootfahren kommt er selbst kaum

Hölzerne Schaukelpferde werden auch gerne gebaut: „Das sind dann ältere Leute, die das für sich machen, weil sie sagen: als ich klein war, hätte ich immer gerne eines gehabt“, berichtet Hess. Und in der Werkstatt kommt man sich nicht in die Quere: beim Besuch vor Ort feilt ein Junge in einer Ecke am Holzgriff eines Messers, während in der Mitte des Raumes ein Mann damit beschäftigt ist, die Innenseite seines Kanus mit dem Schmirgelpapier zu bearbeiten.

Geduld ist dabei vonnöten: bis zu 300 Stunden reine Arbeitszeit braucht es für ein Kanu. Nichtsdestotrotz ist die Nachfrage da, auch weil nicht jeder den Platz hat, um bei sich zuhause zu werkeln. „Oft kommen Holzhandwerker, die in Rente gegangen sind“, erzählt Hess. „Die haben ihr Leben lang für ihre Kunden gebaut und wollen dann etwas für sich selbst bauen.“ Hess berät sie nicht nur, was die Bootsart, Bauweise, Material und Ausstattung angeht, er hat auch die notwendige Fachliteratur angesammelt. Hess spricht mit Leidenschaft vom Bauen eines Boots. Wie sieht es aber mit dem Benutzen des fertigen Boots aus? Hess gibt zu: „Da komme ich selbst eigentlich selten dazu.“ Viel häufiger ist er bei der Jungfernfahrt eines Boots, weil der jeweilige Kunde ihn dabei haben möchte. Sonst, sagt er, ist ihm das Bootbauen wichtiger als das Bootfahren.

Weitere Informationen auf www.holzkanumuseum.de.