Szene aus dem Kinofilm „Star Trek VI: Das unentdeckte Land“ (1991, von links: Klingonen-General Chang, Captain Kirk, Dr. McCoy, ein klingonischer Ankläger). Foto: Picture Alliance

Klingonisch? Gibt es so eine Sprache? Ja, und sie wird sogar gesprochen – wenn auch nur von wenigen. In den USA tobt ein Rechtsstreit: Wem gehört das Klingonische? Film-Fans oder Hollywood-Studios?

Stuttgart - Science-Fiction-Filme von Fans gibt es wie Sand am Meer. Doch nur einer ist wie „Prelude to Axanar“. Er spielt im „Star-Trek“-Universum, rund 20 Jahre bevor Captain James T. Kirk mit dem Raumschiff USS Enterprise die unendlichen Weiten des Universums durchstreift. Sie erinnern sich? „Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise, das mit seiner 400 Mann starken Besatzung fünf Jahre unterwegs ist, um fremde Galaxien zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt dringt die Enterprise in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.“


 

Mit diesen Worten beginnt jede Folge der legendären Science-Fiction-Serie „Raumschiff Enterprise“ (englisch: „Star Trek“), die 1966 bis 1969 in den USA gedreht wurde. Daraus wurde in nunmehr 50 Jahren ein faszinierendes Paralleluniversum mit zahllosen TV-Serien und Kinofilmen. Die Geschichte beginnt im 23. Jahrhundert, zu einer Zeit, als die Menschheit den Dritten Weltkrieg überlebt und sich in friedlicher Koexistenz mit außerirdischen Lebensformen zur „Vereinigten Föderation der Planeten“ zusammengeschlossen hat. Wären da nicht die Klingonen, eine humanoide Krieger-Rassen vom Planeten „Qo’noS (gesprochen: „Kronos“) mit einer langen, blutigen Geschichte. Sie sind zu dieser Sternzeit die erbittersten Feinde der Menschheit, die immer wieder Krieg gegen die Erdenbewohner führen.

Klage der „Star-Trek“-Produzenten

Science Ficition ist, wie der Name schon sagt, Wissenschafts-Fiktion. Als Literatur- und Film-Genre entwirft es Welten, die (zumeist) in der Zukunft existieren und Konstellationen des Möglichen und deren fantastische Folgen beschreiben. Reale wissenschaftliche und technische Möglichkeiten werden mit fiktionalen Ideen vermengt.

Die „Star-Trek“-Filme sind reinstes Science Fiction. Doch nun tobt um das irreale Epos ein sehr realer Streit. Die Produzenten des Fanfilms „Axanar“ sind vom Rechteinhaber der Filme, den Hollywood-Studios Paramount/CBS, wegen Copyright-Verletzungen verklagt worden. Deren Anwälte werfen „Axanar“-Produzent Alec Peters und seinem Team zahlreiche Verstöße gegen das Urheberrecht vor.

Zuvor hatten Fans mehr als eine Million Dollar gesammelt, um die Science-Fiction-Saga um eine – noch nicht erzählte – Vorgeschichte zu ergänzen. „Axanar“ spielt rund 20 Jahre vor dem ersten Auftreten des legendären Captain Kirk. Neben Figuren wie Garth von Izar und dem vulaknischen Botschafter Soval erinnern die in „Axanar“ verwendeten Uniformen, Raumschiffe, Schauplätze und Planeten stark an die Film-Vorlagen.

Von Klingonen und Menschen

20 Jahre vor Captain Kirk

„Prelude to Axanar“ (deutsch: Auftakt zu Axanar) gibt einen sagenhaften Vorgeschmack auf den abendfüllenden Fan-Film, den Paramount/CBS unbedingt verhindern will. Der Grund: 2017 startet CBS eine neue „Star-Trek“-Serie. Konkurrenz ist da unerwünscht. Der 21-minütige „Axanar“-Streifen ist 2014 entstanden und wurde durch eine Crowdfunding-Kampagne auf der Internet-Plattform Kickstarter finanziert. Der Kurzfilm basiert auf der „Star-Trek“-Reihe von Gene Roddenberry und thematisiert im Stil einer Dokumentation Geschehnisse im Vorlauf zu der in „Star Trek“ nur kurz erwähnten Schlacht von Axanar zwischen dem Klingonischen Reich und der Vereinten Föderation der Planeten.

Die Story: Der vulkanische Botschafter Soval, der klingonische Kriegsherr Kharn sowie die Sternenflottenoffiziere Captain Garth, Captain Alexander und die Admirals Ramirez und Travis beschreiben in Interviews, wie sie den Kriegsverlauf im Vierjährigen Krieg zwischen der Föderation und den Klingonen erlebten. Die Geschichte spielt bei Sternzeit 2241.03, also gut 20 Jahre vor dem Beginn der Fünfjahresmission des Raumschiffes Enterprise unter Captain Kirk.

Nur ein Fan-Film

Da die Rechte an der Marke Star Trek bei CBS und Paramount Pictures liegen, dürfen Fan-Filme juristisch betrachtet keinen Gewinn machen. „Prelude to Axanar“ ist indes so erfolgreich und perfekt inszeniert, dass die Produzenten eine weitere Kampagne starteten, bei der sie 600 000 Dollar für einen auf dem Kurzfilm basierenden Spielfilm „Star Trek: Axanar“ einsammelten. Der sollte eigentlich 2016 im Internet zu sehen sein. Doch die Filmstudio-Bosse haben dem einen Riegel vorgeschoben.

Hauptstreitpunkt: die klingonische Sprache

Zentraler Kritikpunkt ist die Verwendung der klingonischen Sprache. Das Klingonische ist eine fiktive Sprache, die im ersten „Star Trek“-Film von 1979 das Licht der Welt erblickte. Damals war es nur ein Raunzen und Grunzen, elf kurze Sätze. Doch seit der amerikanische Sprachwissenschaftler Marc Okrand 1984 im Auftrag von Paramount „tlhIngan Hol““, (die klingonische Sprache auf Klingonisch) ein linguistisches Paralleluniversum mit einem Worrtschatz von 1700 Grundwörtern und 3000 Begriffen erfand, ist Klingonisch eine (wenn auch nur von sehr wenigen) gesprochene fiktionale Sprache.

Es existiert ein eigenens Alpahabet, das auf „Hol“, der Sprache der Vorfahren beruht. Schriftzeichen (Klinzhai), Wörterbücher, Übersetzungsplattformen und sogar ein „Klingon Language Institute“ (KLI), das 1992 in Flourtown (US-Bundesstaat Pennsylvania) gegründet wurde. 1999 wurde Klingonisch in die Liste der Internet Assigned Numbers Authority (ICANN, einer Organisation mit Sitz in Los Angeles, die Namen und Adressen im Internet vergibt) mit dem Kürzel „i-klingon“ eingetragen. Seit 2004 ist Klingonisch unter dem Sprachcode „tlh“ eine offiziell archivierte Sprache in der Library of Congress (der Forschungsbibliothek des Kongresses der Vereinigten Staaten, der größten Bibliothek der Welt). An deutschen Universitäten bieten Linguistik-Professoren Klingonisch-Seminare an.

„Hamlet“ auf Klingonisch

Klassiker der Weltliteratur im „klingonischen Original“

Besonders eindrucksvoll ist das „Kriegslied“ der Klingonen. Das KLI hat berühmte Werke von William Shakespeare wie „Hamlet“ (Qo’noS ta’puq, Hamlet lotlut) und „Viel Lärm um Nichts“ (aghmo’ tIn mISins) ins Klingonische transkribiert.Auch der Klassiker der chinesischen Weisheit „Daodejing“ des chinesischen Philosophen Laotse aus dem sechsten Jahrhundert vor Christus und das sumerische Gilgamesch-Epos wurden übersetzt.

„Sie werden Shakespeare erst richtig genießen, wenn sie ihn im klingonischen Original lesen“, wird der verdutze Captain Kirk in dem Kinofilm „Star Trek VI - Das unentdeckte Land“ von dem Klingonen-General Chang belehrt. Hier ein Auszug aus der berühmten Ersten Szene des Dritten Akts, in dem Hamlet , Prinz von Dänemark, die unsterblichen Worte spricht „To be, or not to be, that is the question“ („Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage“) auf Klingonisch, im englischen Original und in deutscher Übersetzung:

Klingonisch: „taH pagh taHbe’“

„taH pagh taHbe’. DaH mu’tlheghvam vIqelnIS.

quv’a’, yabDaq San vaQ cha, pu’ je SIQDI’?

pagh, Seng bIQ’a’Hey SuvmeH nuHmey SuqDI’,

‚ej, Suvmo’, rInmoHDI’? Hegh. Qong – Qong neH .“

Englisch; „To be, or not to be“

„To be, or not to be: that is the question:

Whether ‚tis nobler in the mind to suffer

The slings and arrows of outrageous fortune,

Or to take arms against a sea of troubles,

And by opposing end them? To die: to sleep;

No more!“

Deutsch: „Sein oder Nichtsein“

„Sein oder Nichtsein; das ist hier die Frage:

Obs edler im Gemüt, die Pfeil und Schleudern

Des wütenden Geschicks erdulden oder,

Sich waffnend gegen eine See von Plagen,

Durch Widerstand sie enden? Sterben - schlafen -

Nichts weiter!“

„Trek belongs to all of us“

Justin Lin, der Regisseur von „Star Trek Beyond“, dem dreizehnten Kinofilm, der am 21. Juli in die deutschen Kinos kommt, unterstützt die „Axanar“-Fans auf Twitter. „Trek belongs to all of us“ – „Trek gehört uns allen“, schreibt er.

„QaQ jaj DaneHchugh jIH“ („Ich wünsche ihnen noch einen guten Tag“ auf Klingnosch). Oder wie die Vulkanier, eine andere Spezies aus „Star Trek“, zu sagen pflegen: „Dif-tor heh smusma“ – „Lebe lang und in Frieden“.