Sportlich viel gelernt und beim Einkaufen stets mit dem geliebten Getränk versorgt: Pierr Allen Rajesh aus Chennai hat sich in Degerloch sehr wohl gefühlt. Foto: Yavuz Dural

Pierr Allen Rajesh arbeitet bei der indischen Zoll- und Steuerbehörde. Weil es in seinem Heimatland kein Klubsystem gibt, war der 29-jährige Hockey-Spieler bis Anfang der Woche beim HTC, um Erfahrungen zu sammeln.

Degerloch - Anfang dieser Woche ist für Pierr Allen Rajesh sein zweiter Deutschland-Aufenthalt zu Ende gegangen. Sechs Wochen trug der Inder das Trikot des HTC Stuttgarter Kickers in der 2. Hockey-Bundesliga Süd. Direkt nach dem siebten und und damit letzten Spiel der Feldrunde, einem 4:6 gegen die Zehlendorfer Wespen, ging es mit dem Flugzeug zurück in die Heimatstadt Chennai (ehemals Madras) an der indischen Süd-Ost-Küste. „Ich denke, ich werde im Frühjahr wieder da sein und dann die Rückrunde spielen, sofern mein Arbeitgeber nichts dagegen hat“, sagt der 29-Jährige aus dem Bundesstaat Tamil Nadu, der bereits 2009 eine komplette Saison für den TSV Ludwigsburg absolviert hat.

Angestellt bei der indischen Zoll- und Steuerbehörde

Angestellt ist Rajesh, der auf deutschen Spielberichtsbögen unter dem Namen Solomon (dem Vornamen seines Vaters) notiert ist, bei der indischen Zoll- und Steuerbehörde. In seinem Büro in der 4,6 Millionen-Einwohner-Stadt ist das jüngste von sieben Kindern einer tamilischen Familie aber nur in der spielfreien Zeit zu finden, denn Pierr Allen Rajesh ist der Kapitän der Betriebsmannschaft und als Quasi-Profi für den Hockeysport freigestellt. „Bei uns gibt es kein Klubsystem wie in Europa. Die großen Unternehmen und Behörden haben ihre eigenen Teams, und die spielen ihre Meisterschaften in den Bundesstaaten aus, nationale Meisterschaften gibt es auch nicht“, sagt der Inder.

Aufgrund der großen und nicht gerade wohlhabenden Familie wuchs Rajesh weitgehend bei den Großeltern auf – und sein Großvater war es dann auch, der ihm zur nach dem Cricket zweitpopulärsten Sportart auf dem Subkontinent riet. „Er war mein engster Vertrauter und größter Förderer. Als er vergangenes Jahr mit 97 Jahren gestorben ist, hatte ich eine größere Krise“, sagt Rajesh, der sich deshalb entschied, in der Sommerpause seiner Liga noch einmal in Europa zu spielen. „Das sportliche Niveau in Deutschland ist auch in der zweiten Liga deutlich höher als in den meisten anderen Ländern. Ich habe viel gelernt und freue mich, wenn ich noch einmal kommen darf“, sagt Rajesh.

Zum Erfahrungen sammeln an die Hohe Eiche

Das positive Signal der HTC-Verantwortlichen gibt es, nun hofft der ehemals beste U 21-Spieler Indiens, der aber noch kein Länderspiel für die A-Nationalmannschaft bestritten hat, auf eine erneute Freigabe der Steuerbehörde für die Rückrunde, die im März beginnt. Der Verteidiger aus Südasien würde auch deshalb gern für die zweite Saisonhälfte auf die Hohe Eiche zurückkehren, weil er sich beim HTC sportlich und menschlich gut aufgenommen gefühlt hat: „Ich habe vom Trainer taktisch viel gelernt, aber hatte auch einen guten Kontakt zu allen Mitspielern“, sagt Rajesh, in dessen Mannschaft in der Vorrunde im Engländer Kyle White und dem Kanadier Harpreet Virdi zwei weitere ausländische Neuzugänge mit dabei waren. „Mit Harpreet musste ich mich aber auf englisch unterhalten, weil er trotz seiner indischen Wurzeln kein Hindi oder Tamil, also meine Muttersprache, spricht“, sagt Rajesh.

Eine ganz besondere Gewohnheit ließ sich der Mann aus Chennai auch während der vergangenen sechs Wochen im Schwäbischen nicht abgewöhnen. Während nämlich normalerweise das bevorzugte Getränke in seiner Heimat der Chai (indischer Tee) ist, hat der Hockeyspieler ein Faible für Kaffee: „Meine Großeltern haben mich seit ich vier oder fünf Jahre alt war, jeden Morgen mit einer Tasse Kaffee und einem Keks geweckt. Das brauche ich auch heute noch täglich“, erzählt Rajesh mit einem Schmunzeln. Wenn er dann im April rechtzeitig zum Derby beim HC Ludwigsburg wieder nach Degerloch zurückkehren sollte, wird im Vereinsheim des HTC sicher regelmäßig eine große Kanne mit dem geliebten Heißgetränk parat stehen.