Blick vom Zehner im Inselbad: Bei dieser Hitze könnte man sich vielleicht doch überwinden und reinspringen. Foto: Lichtgut/Engelhardt

33 Grad, 34 Grad . . . der August läuft zur Hochform auf. In Waldheimen und Krankenhäusern haben die Mitarbeiter Vorbereitungen getroffen, und auf dem Weindorf ist Schorle-Alarm.

Stuttgart - Rekord Gerd sei Dank, es ist endlich Sommer! Gerd, so heißt die sommerliche Hochdrucklage, die uns auf den letzten Drücker noch ein paar Hitzetage gebracht hat. An der Messstation des Deutschen Wetterdienstes am Schnarrenberg erreichte das Thermometer schon gestern eine Marke, die schon niemand mehr erwartet hatte: 33 Grad Celsius. Doch es kommt noch besser. „Das Hoch verlagert sich allmählich Richtung Osten, sein Kern befindet sich bereits über Polen. An seiner westlichen Flanke zieht das Hoch südliche Luftströmungen zu uns und es wird dadurch eher noch wärmer“, sagt der Meteorologe Klaus Riedl vom Deutschen Wetterdienst. Für Freitag seien 34 Grad am Schnarrenberg drin. „Ob wir den Rekordwert des 26. Augusts knacken, darüber können wir Wettlisten führen“, empfiehlt Riedl. Den mit 34,2 Grad heißesten 26. August seit Beginn der Wetteraufzeichnungen hatte Stuttgart im Jahr 2011, in dem der Sommer übrigens auch nur mittelprächtig war. Der Blick auf die kommende Woche ist ungetrübt: Die nächsten drei Tage soll es zunehmend schwül werden, am Montag wieder kältere Luft hereinziehen, aber für Dienstag sagt Riedl den Aufbau des nächsten Hochdruckgebiets voraus, mit steigenden Temperaturen zum nächsten Wochenende hin. Das liegt übrigens schon im meteorologischen Herbst, der am 1. September beginnt.

Blaumachen

Wer in diesen Tagen arbeiten muss, braucht eine Strategie. Viele Arbeitnehmer, zum Beispiel die der Stadtverwaltung, erfassen ihre Arbeitszeit und dürfen im Sommer nach Ablauf der Kernzeit um 15 Uhr das Büro verlassen. „So können wir Überstunden ausgleichen“, sagt Margit Riedinger, die Referentin des Bürgermeisters für Allgemeine Verwaltung, Werner Wölfle. Wollten die Mitarbeiter allerdings einen Urlaubs- oder Gleittag einlegen, „geht das nur nach Abklärung in der Abteilung und mit Genehmigung des Chefs. Eine kurze Bestandsaufnahme in mehreren Ämtern zeige: Die Zahl der Urlaubsanträge für diesen Freitag liegt, vermutlich wegen der Ferienzeit, im normalen Bereich. Dank Gleitzeit können die Mitarbeiter ja früher Feierabend machen. Margit Riedinger: „Bis Ultimo werden sicher nicht viele arbeiten.“

Planschen

Hunderte von Waldheimkindern freuen sich auf den hochsommerlichen Tag, denn er verspricht Badespaß pur. Im Waldheim Lindental in Weilimdorf ist ein Badeparadies aus Gummi-Pools aufgebaut, „da dürfen die Kleinen planschen“, sagt Waldheim-Leiter Rüdiger Englert, „die Älteren fahren ins Freibad Schlotwiese.“ Im Waldheim Möhringen ist Ausflugstag, und als Ausflugsziele haben sich die zwölf verschiedenen Gruppen natürlich Plätze ausgesucht, wo man spritzen und sich erfrischen kann: das Möhringer Freibad oder beispielsweise den Wasserspielplatz am Cannstatter Stadtstrand, erzählt Franziska Haist, die Pädagogische Leiterin. Sie hofft, dass auch die Wasserspiele im Botanischen Garten Hohenheim in Betrieb sind, denn eine Gruppe habe sich für dieses Ziel entschieden.

Panschen

Es lohnt sich an diesen heißen Tagen, die Gläser auf dem Stuttgarter Weindorf etwas genauer unter die Lupe zu nehmen: Es ist nicht alles Riesling, was durchsichtig erscheint. Die Besucher in den Lauben zwischen Schiller- und Marktplatz greifen bei hochsommerlichen Temperaturen vermehrt zum Mineralwasser, hierzulande als saurer Sprudel bekannt. Das mag wirtschaftlich für die Wirte nicht ganz so lukrativ sein, meint Axel Grau, Geschäftsführer des Veranstalters Pro Stuttgart, „aber wenn hinterher alle betrunken sind und es zu unschönen Szenen kommt, hat auch niemand was davon“. Bei den Mineralwasserpreisen auf Stuttgarts großem Weinfest ist ein Umsatzeinbruch kaum zu befürchten. Auch die schwäbische Leibspeise Linsen mit Spätzle ist in der Hitze des Tages nicht ganz so gefragt wie sonst. Man greift zum leichten Salat mit Hühnerstreifen und kann von einem schattigen Plätzchen aus sich einer feinen Freizeitbeschäftigung hingeben: Ist das ein Schorle, was mein Tischnachbar trinkt? Oder einer dünner Trollinger?

Chillen

Fernab vom Getöse unter einem alten Baum liegen, ein Buch lesen oder einfach das Blätterspiel beobachten – auch das ist eine Lösung an heißen Tagen. Der Schatten schont außerdem die madenweiße Haut vor aggressiven Sonnenstrahlen. Fehlt nur noch was Gegrilltes? Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald warnt vor offenem Feuer. Zwei Drittel der Waldbrände entstünden durch menschliches Fehlverhalten. In stark brandgefährdeten Gebieten könne daher bereits ein Funke oder eine achtlos weggeworfene Zigarettenkippe ein Feuer entfachen, das leicht außer Kontrolle geraten könne. Als Imbiss empfiehlt sich daher wohl eher Wassermelone.

Abkühlen

Die Stuttgarter Krankenhäuser rechnen am Freitag wegen der Hitze mit mehr Betrieb in den Notaufnahmen. So ist die Schicht in der Interdisziplinären Notaufnahme (INA) am Katharinenhospital trotz der Ferienzeit voll besetzt. Ausreichend Infusionen für dehydrierte Patienten würden vorgehalten, so ein Sprecher des Klinikums. Erwartet würden vor allem ältere Patienten, die zu wenig trinken. Die Notfallmediziner des Klinikums empfehlen, genügend zu trinken, direkte Sonne zu vermeiden, vor allem den Kopf zu schützen und auf starke sportliche Aktivitäten zu verzichten. Auch am Robert-Bosch-Krankenhaus stellt man sich auf eine steigende Zahl an Patienten mit einem Flüssigkeitsdefizit ein, so eine Sprecherin. Bei stationären Patienten würden gegebenenfalls die Medikamente angepasst oder ergänzend Infusionen gelegt. Bei Patienten der Klinik für Geriatrische Rehabilitation des Robert-Bosch-Krankenhauses kommen zudem seit diesem Sommer Kühlwesten zum Einsatz, seit in einer Studie am Robert-Bosch-Krankenhaus deren Wirkung positiv bewertet wurde. Laut Studie ist Hitze für schwächere, ältere Menschen außerordentlich belastend. Niedrigerer Blutdruck, reduzierte körperliche Leistungsfähigkeit und geringere Teilhabe am sozialen Leben können demnach bei älteren Menschen die Folgen von Hitzewellen sein.