Hygiene ist oberstes Gebot in Kliniken, eben weil manche Erreger hochresistent sind. Foto: AP

Die Intensivstation des Krankenhauses Bad Cannstatt ist wieder geöffnet. Nach einer umfangreichen Desinfektion konnte der aufgetretene hochresistente Keim nicht mehr nachwiesen werden. Die Klinikleitung blieb aber eine Antwort schuldig.

Stuttgart - Die nach dem Auftreten eines hochresistenten Keims vor knapp drei Wochen geschlossene Intensivstation des Krankenhauses Bad Cannstatt ist seit Montagabend wieder offen. Wie es zu der Übertragung des Erregers der Gruppe 4MRGN von einem Patienten auf vier weitere Personen auf der Intensivstation kommen konnte und wo die Hygienemaßnahmen Mängel aufwiesen, konnte nicht geklärt werden. Man habe das Personal aber nachgeschult im Umgang mit Erregern wie dem Acinetobacter baumannii. Dieser ist bekannt dafür, dass er sich schnell ausbreitet und leicht übertragbar ist.

„Es sind in der Zwischenzeit keine anderen Patienten mit dem Keim besiedelt worden“, erklärte der Chefhygieniker Matthias Trautmann des städtischen Klinikums am Montagnachmittag. „Und alle betroffenen Patienten konnten in andere Häuser verlegt werden.“ Alle Patienten seien mit dem Erreger nur auf der Haut oder in Schleimhäuten besiedelt, keiner habe sich mit Acinetobacter infiziert. Zwei der Patienten konnten inzwischen in Reha-Klinken verlegt werden, einer nach Hause. Ein weiterer Patient liegt noch isoliert auf einer Station des Klinikums, soll aber am Donnerstag ebenfalls in eine Reha-Klinik verlegt werden. In allen Fällen würden die Betroffenen entsprechend hygienisch betreut.

380 Proben wurden entnommen

Matthias Trautmann erklärte, die Krankheitsverläufe der Patienten seien durch das Auftreten des Erregers nicht beeinflusst worden. „Ihre Grunderkrankung hat einen ganz normalen Verlauf genommen“, sagte der Chefhygieniker des Klinikums. Nur wenige Tage, nachdem das Hygieneproblem im Bad Cannstatter Krankenhaus bekannt wurde, war einer der mit dem Erreger besiedelten Patienten verstorben. Dessen Tod habe nichts mit dem Auftreten des Keims zutun gehabt.

In enger Abstimmung mit dem Gesundheitsamt hatte man in den vergangenen Tagen die Intensivstation systematisch desinfiziert. Danach habe man an 380 Stellen mikrobiologische Proben genommen. „Der Erreger konnte an keiner Stelle mehr nachgewiesen werden“, so Trautmann. Man hatte zur Begutachtung der Proben auch ein externes Labor beauftragt. Und bevor die Station wieder geöffnet wurde, hat man noch einen bundesweit renommierten Experten hinzugezogen: den Direktor des Instituts für Hygiene und Öffentliche Gesundheit der Uniklinik Bonn, Martin Exner. Er ist auch Präsident der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene.

Das Personal wurde nachgeschult

Exner bescheinigte dem Klinikum, nach dem Auftreten des Erregers „sehr transparent“ reagiert und danach sehr „gewissenhaft und verantwortungsvoll“ gehandelt zu haben. Dies gelte insbesondere für die Tatsache, dass man „sogar die Station geschlossen hat.“ Der Hygienefachmann wies darauf hin, dass der Keim Acinetobacter „für einen Gesunden nicht relevant ist und keine Konsequenzen hat“. Dies sei freilich anders, wenn ein kranker Mensch auf eine Intensivstation komme, wo man „invasive Systeme“ verwende und Patienten beatmet werden und einen Katheder bekommen.

Studien haben gezeigt, dass vor allem in südeuropäischen Ländern wie Griechenland, Italien und Spanien solche 4MRGN-Keime sich verbreiteten. Zu diesen Erregern zählen neben dem Acinetobacter die Keime Klebsiella, Enterobacter und Escherichia coli. Sie sind ein so großes Problem, weil sie gegen die vier Hauptgruppen von Antibiotika resistent sind. Insbesondere der Acinetobacter sei schwierig, weil er sich in den unterschiedlichsten Milieus ausbreiten könne, erläutert Exner. In Deutschland sei die Verbreitung der Erreger aber so, „dass wir noch gegensteuern können“. Das Thema haben auch in der Politik höchst Priorität. Die Krankenhäuser müssten sich auf diese Erregergruppe aber noch „viele stärker einstellen“.

Zahl hochresistenter Keime nehmen zu

Hansjörg Bäzner, der Ärztliche Direktor des Neurozentrums im Klinikum, betonte, dass „zunehmend“ auch Probleme mit Patienten auftreten, die in deutschen Krankenhäusern mit Antibiotika behandelt wurden. So war es im Falle des ersten Betroffenen in Bad Cannstatt, der als Beatmungspatient auf die dortige Intensivstation kam. Obwohl man den Patienten durch einen Test als Träger des Acinetobacter-Erregers identifizierte, gelangte dieser auf andere Patienten.