Der Griff zur Pille ist für immer mehr Arbeitnehmer normal. Foto: dpa

Doping am Arbeitsplatz nimmt im Südwesten zu. Neue Zahlen belegen: Fast acht Prozent der Menschen haben schon einmal Medikamente geschluckt, um ihren Job besser machen zu können.

Stuttgart - Experten warnen vor der Einnahme verschreibungspflichtiger Medikamente gegen Stress und Leistungsdruck bei der Arbeit. „Die langfristige Einnahme solcher Substanzen birgt die Gefahr, abhängig zu machen. Es kann auch zu Leberschäden, Nierenschäden oder Persönlichkeitsstörungen kommen“, sagt Susanne Hildebrandt, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Berliner Institut für Gesundheits- und Sozialforschung.

Nachdem die Krankenkasse DAK im März in ihrem Gesundheitsreport von bundesweit drei Millionen Beschäftigten spricht, die zur Steigerung ihrer Leistung oder gegen Nervosität bereits verschreibungspflichtige Medikamente eingenommen haben, hat sie nun auch die Zahlen für Baden-Württemberg vorgelegt: Demnach haben bis zu 746 000 Arbeitnehmer im Südwesten schon ein solches Hirndoping ausprobiert, nahezu 100 000 Berufstätige schlucken regelmäßig Pillen, um konzentrierter zu sein.

Die Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus. „Auch wenn Doping im Job noch kein Massenphänomen ist, sind diese Ergebnisse ein Alarmsignal“, sagt DAK-Landeschef Markus Saur. Gründe für den zunehmenden Medikamentenmissbrauch sehen Experten in den gestiegenen Anforderungen in der Arbeitswelt oder der unsicheren Beschäftigungssituation.

Aus Saurs Sicht müssen Beschäftigte über Organisationen wie Arbeitgeberverbände sensibilisiert werden. Der Stuttgarter Suchtexperte Hans-Peter Medwed glaubt, dass manche Ärzte Medikamente voreilig verschreiben. Das liege auch am Vergütungssystem, sagte er den Stuttgarter Nachrichten. „Wäre die Vergütung eine andere oder würden Ärzte für Gespräche mit Patienten besser bezahlt, würden manche nicht vorschnell zum Rezeptblock greifen.“