Versteckt hinterm Verkehrsministerium, ist der Platz immer weniger genutzt und am Ende ganz geschlossen worden. Foto: Lisa Wazulin

Teil III unserer Serie „Hinterhofgeschichten“: Am Österreichischen Platz, hinter dem Verkehrsministerium, gab es einen Spielplatz, der nur „Kinderknast“ genannt wurde. Jetzt soll auf dem Areal ein Hochseilgarten entstehen.

S-Mitte - Meterhohe Steinmauern rahmen ihn ein, in seiner Mitte zeugt nur noch braunes Gras vom Dasein eines Kletterhäuschens. Das Spielgerät hat jahrelang vergeblich versucht, Kinder zum Spielen einzuladen. Das kalte Metall der Rutsche rundete dabei die Trostlosigkeit ab, die sich hier, auf dem Kleinkinderspielplatzbreit gemacht hat. Gelegen am Österreichischen Platz, ist der mittlerweile geschlossene Spielplatz nur durch die dunkle Unterführung besagter Stadtbahnhaltestelle zu erreichen. Aber noch immer versperren fingerdicke Eisenstäbe die Sicht auf den Hinterhof. Abgeriegelt wie ein Hochsicherheitstrakt, gibt es nur zwei Eingangstüren, die – integriert in den Zaun – auf den ersten Blick unsichtbar sind.

Schlechter Ruf unter den Eltern

„Kinderknast“ nennen ihn die Anwohner. Denn wie ein Spielplatz, auf dem Kinder unbeschwert spielen können, wirkte der Hinterhof auch zu seinen Öffnungszeiten nicht. „Der Platz liegt in einer dunklen Ecke. Die Mütter sind nicht gewillt, ihre Kinder dort spielen zu lassen“, erklärt Saskja Wolman. Die Leiterin des Stadtteilhauses Mitte kennt den schlechten Ruf, den der Platz unter den Eltern hat.

Drei verwahrloste Schilder aus Blech sind nötig, um ihn überhaupt als solchen auszuweisen: „Dieser hübsche Kleinkinderspielplatz ist für Mütter/Väter mit Kindern bis sechs Jahren geöffnet“, steht darauf. Wobei das Wort „hübsche“ von irgendjemand mit schwarzem Filzstift hinzugefügt worden ist.

Wie ein echter Gefängnishof konnte auch der Kinderknast noch bis vor kurzem von Beamten beobachtet werden: Noch immer spiegeln sich die Grasfläche des Hinterhofs in der gläserne Fassade des angrenzenden Verkehrsministeriums wieder. Aber selbst den Ministerialen schlägt der trostlose Ausblick offensichtlich aufs Gemüt: in den meisten Fenstern verdecken Vorhänge die Sicht auf den Hof. „Der Platz wurde wegen der Sicherheitslage abgeriegelt. Als der Spielplatz noch in Betrieb war, gab es einen Schlüssel, den aber nicht viele bekommen haben“, erklärt die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle.

Sicherheit fürs Ministerium

Aber wer sollte hier eigentlich vor wem beschützt werden? Die Absperrung gewährleistet offiziell die Sicherheit des angrenzenden Ministeriums. Ursprünglich gedacht als sicherer Rückzugsort, sollte die Abriegelung zusätzlich ein ungestörtes Spielen abseites des Großstadtlebens ermöglichen. „Wir wollten verhindern, dass die Spielfläche zum Sammelpunkt vom Partyvolk aus dem Leonhardsviertel wird“, sagt Volker Schirner, der Leiter des Gartenbauamts, die Gitterstäbe. Auch die Sicherheitsvorkehrungen des Verkehrsministeriums würden eine Absicherung angrenzender Flächen vorschreiben.

Missmutiger Hüter des Schlüssels

Eines der Schilder an seinen Gitterstäben gibt immer noch den Hinweis: „Zum Spielen Schlüssel an der Pforte Argon-Haus erhältlich.“ Der Kinderknast wird seit 1993 vom angrenzenden Ministerium überwacht wird, obwohl für die Spielfläche offiziell das Gartenbauamt verantwortlich ist. Der vermeintliche Gefängniswärter – der Pförtner des Ministeriums ¬ hat den Schlüssel bis zur Schließung verwahrt: „Hier wollte so gut wie gar nie jemand den Schlüssel haben“, erzählt der Mann nur widerwillig. Er mache das schon sehr lange, jetzt sei der Spielplatz sowieso geschlossen, murmelt er missmutig. Seinen Namen will der alte Pförtner nicht verraten, ungehalten weist er alle Verantwortung von sich und auf die angebrachten Schilder, da stehe schließlich alles drauf. „Abgesehen davon ist das die Sache der Stadt. Der wird sowieso bald nicht mehr offen sein.“

„Der Spielplatz durfte bis zu seiner Schließung von allen Leuten genutzt werden“, beteuert eine Sprecherin des Verkehrsministeriums, über die Zukunft des Hinterhofs wisse man hier aber nichts. Immerhin ist das hölzerne Kletterhäuschen versetzt worden. „Das wurde auf einem anderen Spielplatz wieder aufgebaut, schließlich ist es ja kaum benutzt worden“, sagt Veronika Kienzle. Die Bezirksvorsteherin setzt sich seit Jahren für eine Umgestaltung des Hinterhofs ein, der dadurch seinen schlechten Ruf verlieren soll.

„Wir wollen den Platz zu einem Hochseilgarten umbauen. Seine hohen Mauern sind dafür ideal“, sagt Carmen Kühnle-Weissflog von der Jugendhilfeplanung des Jugendamts. Gemeinsam mit Veronika Kienzle, den Jugendhäusern vor Ort und dem Gartenbauamt geht es zurzeit um die Umsetzung der Baupläne. Der Kinderknast erfüllt nämlich dank seiner Abriegelung die Sicherheitsvorschriften für einen betreuten Hochseilgarten. Deshalb wird dem Hinterhof am Ende wohl doch nicht die Freiheit geschenkt werden. Um die Sicherheit der Kletterer gewährleisten zu können, müsse immer eine Aufsichtsperson dabei sein, erklärt Kühnle-Weissflog.

Und die Verwaltung des Schlüssels? „Der soll dann von einer der Jugendeinrichtungen verwahrt werden“, sagt sie.