Einmal im Jahr sind die Brandbekämpfer aus Heumaden mehr Weihnachts- als Feuerwehrmänner. Foto: Prisma, Blohmer, Montage: Roetgers

Das Weihnachtsfest naht – und für manche Menschen bringt das jede Menge Arbeit mit. Eine Serie wirft einen Blick hinter vorweihnachtliche Kulissen. Diesmal die Freiwillige Feuerwehr Heumaden, die dem Stadtteil einen Baum beschert.

Heumaden - In Reih und Glied und voller Montur steht die Freiwillige Feuerwehr Heumaden an diesem kalten Samstagmorgen in ihrem Magazin an der Bockelstraße 3, auf der einen Seite die aktiven Männer und ihre Kameradin Katja Silbernagel, ihnen gegenüber die Jungen und Mädchen der Jugendfeuerwehr. Der stellvertretende Abteilungskommandant Harald Schmidt sagt an, wer bei dem bevorstehenden Einsatz was zu tun hat. Dann wird ausgerückt, wobei spätestens die gelöste Stimmung im Löschgruppenfahrzeug (kurz: LF) davon kündet, dass die Brandbekämpfer heute eher Weihnachts- als Feuerwehrmänner sind. Denn der Einsatzplan lautet: Baum fällen, auf den Heumadener Dorfplatz transportieren, aufstellen und schmücken.

Die Tanne hat sich zu sehr breitgemacht

Die Weißtanne wartet an der Nellinger Straße 56 auf ihre Beförderung zum Christbaum. 27 Jahre lang stand sie in dem Garten, aber inzwischen hat sie sich derart breitgemacht, dass der Boden unter ihr Schaden nimmt. Außerdem geht sie selbst langsam kaputt. Deshalb haben Martina und Holger Lindinger beschlossen, dass die Tanne in ihren letzten Tagen doch noch etwas Sinnvolles machen kann und sie Volker Gehrung, dem Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr Heumaden, als Weihnachtsbaum für den Stadtteil angeboten. Die neunjährige Sina Lindinger freut sich darüber, dass sie ohne Geäst mehr Platz zum Turnen am Reck hat. Gespannt verfolgt sie jetzt mit ihren Eltern, wie Adrian Mehler am Stamm des Baumes hochklettert, um die blaue Bandschlinge zu befestigen. An ihr wird später der Flasche genannte Haken des Kranwagens eingehängt, um den knapp zwei Tonnen schweren Baum aus dem Garten zu heben.

„Den Kranwagen haben wir von der Wache 5 ausgeliehen“, erklärt Kommandant Volker Gehrung. Zur Bedienung des schweren Geräts sind extra weitere Kollegen von der in Degerloch stationierten Berufsfeuerwehr gekommen, für das Aufstellen des Baums auf dem Dorfplatz werden nachher noch zwei Kameraden von der Freiwilligen Feuerwehr Sillenbuch mit deren Drehleiter anrücken. Denn die historische Holzleiter, die die Heumadener Wehr einmal besaß, ist inzwischen im Museum gelandet, wie Gehrung erzählt.

Äste für den Garten

Das Weihnachtsbaumfällen und -aufstellen ist eine abteilungsübergreifende Angelegenheit. Und eine anstrengende: Inzwischen hat die Tanne ihren ersten und vermutlich letzten Flug erfolgreich absolviert und ist mithilfe fachmännischer Handgriffe auf dem Anhänger zum Liegen gekommen. Der wurde zu diesem Zweck von einem Bauern in Kemnat ausgeliehen. Nun rückt Tobias Ott dem massiven Stamm mit einer Motorsäge zu Leibe, um den Baum auf eine Länge von zehn Metern zurechtzustutzen. Der 29-Jährige hat für den Umgang mit dem gefährlichen wie effektiven Gerät extra eine Ausbildung absolviert und zerteilt das Holz schneller in kurze Abschnitte, als man Motorsägenführerlehrgang aussprechen kann. Seine Eltern, die in der Nachbarschaft der Baumspenderfamilie Lindinger wohnen, holen derweil Äste von dem stetig wachsenden Reisighaufen für den eigenen Garten. Den Rest wollen die Lindingers bei Interesse an die Gärtnerei Gehrung an ihrer Straße verschenken. Und der Freiwilligen Feuerwehr stellt Holger Lindinger jetzt einen Kasten Bier auf die frisch gesägten Stammstücke. „Vielen Dank“, sagt Abteilungskommandant Gehrung, „aber das ist jetzt noch nichts, das ist zu gefährlich.“

Tatsächlich hat seine Truppe noch einiges zu tun. In einer fast schon feierlich anmutenden Prozession wird die Weißtanne im Schritttempo über Lange Morgen und Bildäckerstraße gen Dorfplatz transportiert. Vor dem roten Massey-Ferguson-Schlepper, der den liegenden Nadelbaum auf seinem Hänger zieht, fährt das LF und ringsherum und hintendran sichern die Feuerwehrleute den Weg.

Zum ersten Mal dabei

Ganz vorne mit dabei sind die Nachwuchskräfte. Die 13-jährige Annika Schmidt und die 14-jährige Laura Laer begleiten den Zug mit großem Interesse. Sie sind zum ersten Mal bei der Weihnachtsbaumaktion dabei, obwohl die Heumadener Wehr sie schon seit rund 15 Jahren veranstaltet und sie selbst auch keine Neulinge mehr sind. Ohnehin kann sich die Jugendabteilung der insgesamt rund 70-köpfigen Feuerwehr sehen lassen: 23 Mitglieder hat sie derzeit, und laut Gehrung kommen circa 90 Prozent der Aktiven aus der Jugendfeuerwehr.

Einer derjenigen, die die blau-rote Uniform der Jugend gegen die schwarz-gelbe der Aktiven tauschen durften, ist Manuel Renz. Obwohl das diesjährige Baumfällen und -aufstellen für ihn nicht das erste ist, ist der 17-Jährige mit Feuereifer bei der Sache. Auch, als es ans Schmücken geht.

Inzwischen ist die Tanne am Dorfplatz angekommen und dort mittels Kran und Muskelkraft in die für Mai- und Christbaum vorgesehene Betonhülse eingepasst worden. Es folgt der letzte und langwierigste Teil der etwa vierstündigen Aktion: Die vier Lichterketten und vor allem aber der vom katholischen und vom städtischen Kindergarten gebastelte Christbaumschmuck müssen auf den Zweigen verteilt werden. Die Kinder, die mit ihren roten Geschenken, goldenen Bonbons, silbernen Glocken und gelben Sternen in den Armen und großen Augen das Aufstellen des Baums verfolgt haben, übernehmen die unteren Äste. Für die oberen kommt die Sillenbucher Drehleiter zum Einsatz.

Der Bürgerverein ist mit von der Partie

Mit von der Partie ist beim Dekorieren auch Britta Reißer, Vorsitzende des Heumadener Bürgervereins und Feuerwehrfrau in Personalunion. Der Bürgerverein ist verantwortlich dafür, dass der Stadtteil seinen eigenen Tannenbaum hat, er stellt die LED-Lichterketten, zahlt den Strom und hat einen Nikolaus organisiert, der die Kinder auf dem Dorfplatz unterhält. Trotzdem ist kein Kind mehr da, als die Weißtanne endlich hochdekoriert in Weihnachtsbaumuniform dasteht.

Aber bei Abteilungskommandant Volker Gehrung kommen ein wenig weihnachtliche Gefühle auf – und mit Sicherheit Stolz auf seine Freiwillige Feuerwehr, die er seit 20 Jahren anführt, und die den Einsatz am Baum wieder locker gemeistert hat. Im nächsten Jahr wird dann Harald Schmidt als erster Kommandant dafür Sorge tragen, dass in Heumaden ein Weihnachtsbaum steht, er löst Gehrung Ende Januar ab.