„Schockierende Berichte“ – Ministerpräsident Winfried Kretschmann will traumatisierten Frauen helfen Foto: dpa

Es war nicht leicht, doch nun geht es los: Das Land nimmt dieses Jahr aus dem Nordirak 600 traumatisierte Frauen auf, die von Milizen des Islamischen Staats (IS) vertrieben wurden.

Stuttgart - Baden-Württemberg wird im kommenden Monat die ersten sexuell misshandelten Frauen aus Syrien und dem Nordirak aufnehmen. „Im März werden die ersten dieser traumatisierten Mädchen und jungen Frauen nach Baden-Württemberg kommen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Gespräch mit unserer Zeitung. Die erste Tranche werde rund 20 Personen umfassen. „Insgesamt werden auf absehbare Zeit bis zu 600 Mädchen und Frauen zu uns kommen“, sagte Kretschmann.

Der Grünen-Politiker hatte die Sonder-Hilfsaktion des Landes im Oktober 2014 angekündigt – unter dem Eindruck von Berichten über Misshandlungen und Vergewaltigungen von jesidischen Frauen durch Terrormilizen des Islamischen Staats (IS). Angaben darüber, wo die Frauen untergebracht und therapiert werden sollen, wollte er nicht machen: „Ich bitte die Öffentlichkeit um Zurückhaltung. Das sind hochtraumatisierte Frauen, die brauchen einen Schutzraum.“

Baden-Württemberg nimmt die Flüchtlinge freiwillig und zusätzlich auf. Zusammen mit den Begleitpersonen – vor allem für die minderjährigen Mädchen – sollen es bis zu 1000 Personen werden. Die voraussichtlichen Kosten schätzt das Land für die ersten zwei Jahre auf rund 20 000 Euro pro Flüchtling, insgesamt also etwa 30 Millionen Euro.

Ursprünglich sollten die Flüchtlinge bereits vor Wintereinbruch in den Südwesten kommen. Die Umsetzung gestaltete sich aber schwieriger als gedacht. „Normalerweise muss man in der Politik von hinten her denken“, sagte Kretschmann dazu. „Es gibt aber auch Fälle, da muss man das nicht, im Gegenteil. Das ist so ein Fall. Wir haben uns unter dem Eindruck schockierender Berichte zu der humanitären Aktion entschieden.“

Kretschmann verteidigte zugleich das Abschieben von Armutsflüchtlingen zurück in ihre Heimatländer. Das tue zwar weh, sei aber unumgänglich. Die Probleme der Welt ließen sich nicht mit dem Asylrecht lösen.