Bisher hat der Baggerführer rund zwei Dutzend Bäume aus der Erde gerupft. Insgesamt müssen in den nächsten Wochen exakt 639 Pflanzen weg. Foto: factum/Bach

Wegen des Asiatischen Laubholzbocks fällen Arbeiter derzeit Bäume am Ortseingang. In den nächsten Wochen rückt der Tross in die Wohngebiete vor. Jedes Gehölz, das dicker ist als ein Bleistift, wird gehäckselt und verbrannt.

Hildrizhausen - Hinter weiß-roten Absperrbändern wird am Ortseingang von Hildrizhausen sichtbar, was 15 Käfer anzurichten vermögen. Mit seiner Schaufel beißt ein Baggerführer Geäst von einem Baum und legt seine Ernte auf einer Plastikfolie ab. Daneben kläfft Rica, der älteste von sieben Spürhunden, im Schneegestöber. Das Holz ist ihre Beute. Die Hunde sollen erschnüffeln, ob sich in ihm Larven des Asiatischen Laubholzbocks verbergen.

Die Fällarbeiten erzwingt eine EU-Verordnung. Im August ist der exotische Schädling in Hildrizhausen entdeckt worden. Eben 15 der Insekten sind seither gefunden, an 18 Bäumen sind Larvenspuren entdeckt worden. Weil der Käfer ganze Waldbestände vernichten kann, muss im Umkreis von 100 Metern um jeden befallenen Baum, in der sogenannten Befallszone, so gut wie alles weg, was kein Nadelholz ist. Jeden Stamm, der dicker ist als ein Bleistift, werden die Arbeiter absägen. Gegen den Schädling helfen weder Chemie noch Kälte. Die Larven überleben tief im Holz auch wochenlangen Frost. Exakt 639 Pflanzen werden in den nächsten Wochen gehäckselt und zur Verbrennungsanlage gefahren.

Bisher hat sich kein Grundstückseigentümer beschwert

Betroffen ist selbstredend auch Privatgrund. Nein, sagt der Bürgermeister Matthias Schöck, im Rathaus seien keine Beschwerden von Grundstückseigentümern angekommen. Die Betroffenen waren zu einem nicht öffentlichen Informationsabend eingeladen worden. „Das verlief ruhig und sachlich“, sagt Schöck. Erstaunlicher scheint, dass überhaupt jemand kam. In der 3600-Seelen-Gemeinde kann nach einem halben Jahr, in dem Schädlingsexperten auf der Suche nach dem Laubholzbock das Dorf durchstreiften, niemand mehr Neues über ihn erfahren haben.

An diesem Tag sind Presse, Funk und Fernsehen zu den Fällarbeiten eingeladen. Der Auftrieb ist bemerkenswert. Verwaltungsleute eingerechnet, stehen mehr Menschen hinter den Absperrbändern als Arbeiter vor ihnen. Regina Meier ist die Fachfrau des Landratsamts vor Ort. Sie führt zu einem Ahorn, der am Zaun eines Gartens steht. „Da sehen sie, wie schwer der Befall zu erkennen ist“, sagt sie und deutet auf einen schorfigen Fleck auf der Borke. Laien sehen nichts als Borke. Der Zweck der Fällungen ist auch, dass die Fachleute das Gehölz bis in die Baumkronen begutachten können. An einem Stamm haben sie tatsächlich bisher unentdeckte Spuren der Eiablage gefunden. Der Baum stand günstig. Seinetwegen musste die Befallszone nicht ausgedehnt werden. Wäre er an ihrem Rand gewachsen, hätte ein weiterer Kreis von 100 Meter gezogen werden müssen, in dem weitere Pflanzen als gefahrbringend gegolten hätten.

In den nächsten Wochen beginnt der Kahlschlag in Wohngebieten

Bislang fällen die Arbeiter auf den Feldern am Ortseingang, entlang der Landstraße, die in Richtung Autobahn führt. Etwa zwei Dutzend Bäume haben sie binnen zwei Tagen geschlagen. In den nächsten Wochen wird der Tross ins Dorf hineinziehen. Dann beginnt der Kahlschlag in den Wohngebieten. Luftbilder offenbaren, wie viel Grün in Hildrizhausen im nächsten Frühjahr nicht mehr sprießen wird. So gut wie jeder hier hegt seinen Garten, schneidet seine Hecke, erntet ein wenig Obst.

Laubholz als Ersatz für all das zu pflanzen, was entfernt wird, ist verboten. Das Rathaus wird eine Liste mit Gehölzen zusammenstellen, die der Käfer nicht befällt. Die Betroffenen werden die Liste in ihren Briefkästen finden und können ankreuzen, welche Pflanzen sie setzen wollen. „Wir geben dann eine Sammelbestellung auf“, sagt Schöck, der Bürgermeister. 20 000 Euro zahlen jeweils zur Hälfte die Gemeinde und das Landratsamt zur Entschädigung, „pauschal und als Freiwilligkeitsleistung“, wie Schöck betont. Heißt: Es gibt keine Pflicht zur Entschädigung, und auf jeden Grundstückseigentümer entfallen 100 Euro.