An dieser Stelle in Stuttgart-Rohr musste der Busfahrer einen außergewöhnlichen Halt einlegen. Foto: StN

Es kann einen überall treffen – und wer weiß schon als Helfer, was in dieser Situation zu tun ist? Einen 81-Jährigen traf der Infarkt hinter dem Lenkrad seines Autos. Dass sein Wagen einem Linienbus im Weg stand, war sein Glück.

Stuttgart - Nein, er möchte sich nicht in den Vordergrund drängen oder den Eindruck erwecken, sich mit seiner Hilfsaktion brüsten zu wollen. Deshalb will ein 44-jähriger Busfahrer der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) weder seinen Namen noch sein Bild in der Zeitung wiederfinden. Und deshalb macht er auch an diesem Donnerstag ganz normal seinen Frühdienst. Dabei könnte er sich als Lebensretter feiern lassen. Er hatte am Dienstagmittag seine Busfahrt Busfahrt sein lassen – und zusammen mit einem 34-jährigen Fahrgast einen 81-jährigen Autofahrer zurück ins Leben geholt.

Der Bus mit der Kursnummer 82-02 ist am Dienstag um 12.45 Uhr in der Musberger und Steigstraße zur Haltestelle Thingstraße in Richtung Rohr-Mitte unterwegs, als die Fahrt ein ungewöhnliches Ende nimmt. 120 Meter vor der Haltestelle, in einer Kurve auf Höhe des Waldfestplatzes, steht ein Auto quer an der Zufahrt zu den Parkplätzen. Der 44-jährige Busfahrer kommt nicht so einfach an dem Verkehrshindernis vorbei.

Falschparker und Falschfahrer gehören zum täglich Brot eines Busfahrers. Doch hier stimmte etwas nicht. Der Kopf des Mannes im Auto lag auf dem Lenkrad. Offenbar ein Notfall. Für den Busfahrer und seine Fahrgäste der Linie 82 war hier Endstation. Der 44-Jährige stieg aus und erkannte, dass der Autofahrer ohne Bewusstsein war und auch nicht mehr atmete. Er alarmierte seine Leitstelle, die wiederum den Notarzt und den Rettungsdienst in Gang setzte.

Wiederbelebung bis der Notarzt kam

Der 44-jährige Busfahrer und ein 34-jähriger Fahrgast begannen mit der Wiederbelebung und hielten durch, bis der Notarzt eintraf. Der Rettungsdienst brachte den 81-Jährigen schließlich ins Krankenhaus. Wie es heißt, geht es ihm wieder erheblich besser. Dass der Gesundheitszustand wieder stabil ist, freut den 44-Jährigen.

Während des dramatischen Rettungseinsatzes mussten die anderen Buslinien im Bereich Vaihingen umgeleitet werden. Für den Kurs 82-02 startete in Vaihingen ein Ersatzbus. Verspätungen waren dabei nicht zu vermeiden.

„Busfahrer absolvieren regelmäßig Erste-Hilfe-Schulungen in unserem Hause“, sagt SSB-Sprecherin Susanne Schupp. Die Zahl solcher gesundheitlicher Notfälle halte sich aber glücklicherweise in Grenzen. Gelegentlich müssen Notärzte auch zu Stadtbahnen ausrücken. Im vergangenen Jahr war es beispielsweise eine 42-jährige Autofahrerin, die in der Filderhofstraße in Vaihingen wegen eines medizinischen Notfalls in den Stadtbahngleisen landete. Die schwangere Frau hatte wegen plötzlicher Übelkeit die Kontrolle über ihr Auto verloren.

Keine Defibrillatoren in Stadtbahnen und Bussen

Dass die Fahrer der SSB in ihren Fahrzeugen Defibrillatoren dabei haben, daran sei allerdings nicht gedacht, sagt Sprecherin Schupp: „Man müsste immerhin über 200 Stadtbahnen und 250 Busse damit ausstatten“, sagt sie. Ein nicht zuletzt finanzieller großer Aufwand.

Immerhin: Es gibt immer weniger tödliche Herzinfarkte. Bei ihrem Jahreskongress in Mannheim meldete die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie , dass die Sterbeziffer binnen zehn Jahren bei den Männern um knapp 16 Prozent, bei den Frauen um über 18 Prozent zurückgegangen ist. „Allerdings gibt es regionale Unterschiede, an denen wir arbeiten müssen“, stellt Präsident Georg Ertl fest. In Sachsen-Anhalt sterben 111 pro 100 000 Einwohner an einem Herzinfarkt, in Baden-Württemberg sind es 59. Das liege auch an einer verbesserten Medizin, so Ertl. 1995 gab es 1975 implantierte Defibrillatoren. Inzwischen sind es knapp 15 000.