Auf dem Leibfried-Gelände hat jüngst der Abriss der Fabrikhallen begonnen. Weitere symbolische Akte folgen alsbald. Foto: factum/Bach

Herrenberg legt seine Finanzpläne für die nächsten Jahre vor. Die Kasse ist prall gefüllt, wird sich aber schnell leeren. Bis 2021 sollen mehr als 66 Millionen Euro investiert werden.

Herrenberg - Diese Spitze will der Herrenberger Oberbürgermeister dem Finanzministerium nicht ersparen: „Das Land stellt nicht auf Doppik um“, sagt Thomas Sprißler. Hinter dem Fachbegriff verbirgt sich, dass immer mehr Städte ihre Haushalte ähnlich wie unternehmerische Bilanzen berechnen. Was vor allem heißt: Absehbare Instandhaltungen und Wertverluste sind auf der Ausgabenseite enthalten, beispielsweise die Kosten für die Renovierung von Schulen. Was in Herrenberg allein 2018 fast acht Millionen Euro ausmacht.

Die Stadtfinanzen sind trotzdem gesund, dies schlicht, weil die Wirtschaft wächst und die Steuereinnahmen sprudeln. So soll es gemäß Vorhersagen in den kommenden Jahren bleiben. Schon 2016 war ein Rekordjahr. Für 2017 erwartet die Finanzbürgermeisterin Gabrielle Getzeny ebenfalls erfreuliche Zahlen. Allein die Gewerbesteuereinnahmen werden aller Voraussicht nach um eine Million Euro höher ausfallen als die zu Jahresbeginn erhofften 16,5 Millionen. Mit den Überschüssen der Vergangenheit gleicht die Finanzbürgermeisterin Zusatzausgaben im kommenden Jahr aus. Davon sind reichlich im Zahlenwerk aufgelistet. Ungeachtet dessen soll es sogar gelingen, nochmals 830 000 Euro Schulden zu tilgen. Damit sinkt der Schuldenstand unter vier Millionen Euro, auf ein historisches Tief.

Von 2019 an will die Stadt wieder Schulden machen

Dies soll sich von 2019 an ändern. Bis 2021 plant Herrenberg, mehr als 66 Millionen Euro zu investieren, vor allem in Neubaugebiete. Dies sei ohne Kredite unmöglich, sagt Sprißler. Knapp zwölf Millionen Euro soll der Schuldenstand 2020 erreichen. Auch auf diesem Niveau würde die Pro-Kopf-Verschuldung in Herrenberg aber rund 25 Prozent unter dem Durchschnitt der Städte in der Region liegen. Welche Projekte mit den Krediten bewältigt werden sollen, verdeutlicht eine Luftaufnahme von Herrenberg. Mit grünen Rechtecken markiert sind 18 Großvorhaben, von neuen Wohn- und Gewerbegebieten bis zum Bürgerpark. Hinzu kommen elf gelbe Sterne für kleinere Bauprojekte.

Vorwiegend soll Platz für neue Einwohner geschaffen werden. „Wir brauchen attraktiven Wohnraum, den sich Berufseinsteiger, Rentner und Zuwanderer auch leisten können“, sagt Sprißler. Bis Mitte 2018 will er dreimal zum symbolischen Spatenstich einladen: Für das 20-Millionen-Projekt Seeländer, das Baywa-Gelände und das Areal an der Hindenburgstraße.

Das Land erzwingt Investitionen in Schulen und Kindergärten

Andere Kosten steigen zwangsweise. So erzwingt das Land den Ausbau der Kinderbetreuung genauso wie den Umbau von Schulen. Mit fünf Millionen Euro sind die Kosten für moderne Klassenzimmer im Andreae-Gymnasium kalkuliert. 1,6 Millionen Euro soll ein Anbau für den Kindergarten Mahdenstraße kosten. Zwar sollen teure Pläne nochmals durchleuchtet werden, aber insgesamt haben sich allein die Ausgaben für Kindergärten in Herrenberg innerhalb von neun Jahren verdoppelt, von neun Millionen auf 18 Millionen Euro jährlich. Personalkosten kommen hinzu. 61 neue Mitarbeiter will die Stadt 2018 einstellen, 41 davon für die Kinderbetreuung.

Für Schulen und Kindergärten „brauchen wir dringend ein neues Finanzierungsangebot von Bund und Land“, sagt Sprißler. Gemeint ist nicht Herrenberg, gemeint sind alle Kommunen. Zwar ist 2013 eine entsprechende Vereinbarung unterschrieben worden, aber in ihr wurden sinkende Schülerzahlen angenommen. Tatsache ist das Gegenteil. In Herrenberg kommt hinzu, dass in etliche Schulhäuser in der Vergangenheit zu wenig investiert wurde. Deren trister Zustand muss in den nächsten Jahren verbessert werden.