Klettern hat sich vom Nischen- zum Breitensport entwickelt: Foto: dpa/Archiv

In Böblingen und Herrenberg werden Boulder-Zentren gebaut. Die Investitionen lohnen sich: Die Nachfrage der Kletterfreunde ist groß.

Herrenberg/Böblingen - Die Spatenstiche liegen nur ein paar Monate auseinander: Im Herrenberger Stadtteil Gültstein ist im vergangenen Dezember mit dem Bau einer neuen Kletterhalle begonnen worden, in Böblingen geht es im April los. Die beiden Anbieter sehen sich aber nicht als Konkurrenten. „Die

Nachfrage ist einfach da“, sagt Georg Humburg, der mit einem Geschäftspartner in Böblingen mehr als vier Millionen Euro investiert. Das Herrenberger Modell fällt mit Kosten von 2,2 Millionen Euro etwas kleiner aus. Deren Bauherr Karl Leonhardt sieht seine Anlage als Ergänzung zu dem Böblinger Projekt. Beide Hallen stammen sogar vom gleichen Architekten – der Reutlinger Firma Sportconcept.

Karl Leonhardt ist es in Tübingen zu eng geworden. Der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Alpenvereins der Sektion Tübingen hat in der Universitätsstadt vor rund drei Jahren bereits das Kletterzentrum B 12 eröffnet. Aber nach kurzer Zeit stellte er fest, dass es eigentlich zu klein geraten war. „An manchen Tagen war es rappelvoll“, berichtet der 63-Jährige, manche seiner Besucher hätten sogar warten müssen, bis sie hineindurften. Deshalb kam er auf die Idee, in seinem Heimatort Gültstein eine weitere Halle zu errichten. Mit seinen Kletterfreunden Andreas Leibinger und Edmund Hirth aus Jettingen gründete er daraufhin eine Firma. Rox nennen sie ihr neues Boulder-Mekka. Es soll schon im kommenden Herbst eröffnet werden.

Im zweiten Jahr in die schwarzen Zahlen

Die drei Bauherren haben im Gültsteiner Gewerbegebiet von der Stadt ein 4200 Quadratmeter großes Grundstück erworben, ganz in der Nähe der Autobahn  81. Die Boulder-Fläche umfasst in der Halle 530 Quadratmeter, wo die Kundschaft bis auf eine Höhe von 14 Metern hinaufklettern kann. Dazu kommt ein Außenbereich, zu dem ein Kletterturm gehört. Karl Leonhard rechnet mit täglich rund 100 Besuchern, in Spitzenzeiten auch mit der doppelten Anzahl. Das Einzugsgebiet sei hauptsächlich Herrenberg und das Gäu, erklärt er. Der Unternehmer erwartet aber, dass darüber hinaus zahlreiche Besucher aus dem Schwarzwald kommen werden. Bereits im zweiten Jahr nach der Eröffnung möchten die drei Betreiber in die schwarzen Zahlen kommen.

In Böblingen haben sich die Kletterer etwas gedulden müssen: Eigentlich war der Baubeginn schon für das Frühjahr 2016 geplant. Die Neuordnung der Flächen am Silberweg hat jedoch etwas länger gedauert. Zurzeit ist die Eröffnung laut Georg Humburg für März 2018 geplant. Roccadion soll die neue Halle heißen, die in Kooperation mit dem Sportverein SVB betrieben wird. Auf rund 3000 Quadratmetern sollen die Sportler klettern können. Die Anlage umfasst eine Kletter- und eine Boulder-Halle. Der Unterschied liegt in der Höhe: Bouldern, das vom englischen Wort „boulder“ für Felsbrocken stammt, bezeichnet das Klettern in Absprunghöhe. Beim Klettern geht es dagegen in Richtung Gipfel. Die Kletterwand hat eine Höhe von 17 Metern. Auch ein 16 Meter hoher Außenkletterbereich ist geplant sowie ein Bistro.

Kundschaft aus Stuttgart

Mehrere Jahre lang haben Georg Humburg und der Maschinenbauingenieur Florian Schüle nach einem Standort für ihr Projekt gesucht. Der Stadt Böblingen kamen die Pläne der Kletterer gerade recht: „Der Wunsch nach einer Kletterhalle besteht schon seit mehreren Jahren“, sagte die Verwaltung und freut sich; der Gemeinderat stimmte einstimmig dafür. Vor sieben Jahren plante die Böblinger Sektion des Alpenvereins für rund zwei Millionen Euro eine solche Anlage. Am Ende mangelte es allerdings am Geld. Dass nun gleich zwei Sportanlagen im Kreis Böblingen entstehen, spiegelt für Georg Humburg nur die große Beliebtheit des Kletterns wider. Der 40-Jährige will Kundschaft aus Stuttgart anlocken: In der Landeshauptstadt gebe es nämlich keine Anlage, die sowohl Bouldern als auch Klettern zu bieten habe. „Wir werden in allen Dimensionen den aktuellen Bedürfnissen gerecht“, findet er.