Seit die Herrenberger und Marbacher am Automaten sparen, steigt die Zahl der Fahrgäste, je nach Rechenart um fünf bis 15 Prozent. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Zwei Städte bieten Rabatte auf Fahrscheine an. Trotz Erfolgen zögert der VVS, das Angebot auszudehnen.

Herrenberg - Die Prozedur ist erklärungsbedürftig. Wer einen verbilligten Fahrschein kaufen will, darf nicht wie gewohnt ein Ziel in den Automaten tippen, sondern muss den Begriff „Stadtticket“ suchen – und zuvor kennen. Zumindest in Herrenberg gilt das Angebot ungeachtet solcher Klippen als uneingeschränkter Erfolg. „Bei uns hat sich herumgesprochen, dass man günstiger fahren kann als im restlichen VVS-Gebiet“, sagt Finanzbürgermeisterin Gabrielle Getzeny. 2016 sind auf Herrenberger Gemarkung 15 Prozent mehr Fahrscheine verkauft worden als im Jahr zuvor. 2015 war das Stadtticket erstmals im Angebot. Vergleichszahlen waren im ersten Jahr aber nicht erhoben worden.

Im Stadtgebiet von Herrenberg kostet eine Fahrt 1,80 statt der regulären 2,40 Euro. Der Preis für den Viererblock ist von 9,10 auf sieben Euro reduziert. Die Fahrten dürfen sogar unterbrochen werden, allerdings nur in eine Richtung. Bis zu zwei Stunden hat man Zeit, um das Ziel zu erreichen. Die Gemeinde will mit den Vergünstigungen vor allem die Zahl derjenigen mindern, die mit dem Auto aus den Satellitenstadtteilen ins Zentrum fahren und den ohnehin allgegenwärtigen Stau verlängern.

Marbach ist die zweite Teststadt für das Billigticket

Neben Herrenberg hat Marbach ein Stadtticket beschlossen, ebenfalls mit Wirkung zum Jahresbeginn 2015. Auch dort ist die Zahl der Fahrgäste gestiegen, wenn auch nicht derart kräftig. 5,4 Prozent Plus gelten im Rathaus als offizielle Zahl, die aber offenbar je nach Rechenart schwanken kann. Der Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) hält eher zehn Prozent für korrekt. In Marbach ist der Fahrschein sogar auf 1,30 Euro verbilligt. In beiden Städten hat der Gemeinderat beschlossen, dass die Tarife 2017 weiterhin gelten sollen.

Der Wunsch, die eigenen Bürger günstiger mit Bus oder Bahn fahren zu lassen, reift auch in anderen Kommunen. In Böblingen haben zumindest die Grünen beantragt, einen Billigtarif anzustreben. Beraten ist über den Vorschlag noch nicht. Im Ludwigsburger Gemeinderat eint das Stadtticket eine Mehrheit, die von den zwei Stadträten der Gemeinschaft Ökolinx bis zur CDU-Fraktion reicht. Ein Fahrpreis von einem Euro gilt als Ziel. Allerdings ist noch kein Beschluss gefallen, weder über den Grundsatz, noch über den tatsächlichen Preis. Was am Einspruch des Bürgermeisters Michael Ilk liegt. Er hat vorgerechnet, dass die Stadt den Rabatt mit bis zu zwei Millionen Euro ausgleichen müsste. Die Befürworter gehen von etwa einem Zehntel dieser Summe aus.

Der VVS lässt sich den stadteigenen Sondertarif bezahlen

Gemessen an den Erfahrungen in Herrenberg und Marbach sollten sie damit deutlich näher an der Wahrheit liegen. Gewiss ist: Der VVS lässt sich den Wunsch nach einem stadteigenen Sondertarif bezahlen. 25 000 Euro jährlich überweist der Marbacher Stadtkämmerer an den Verbund. In Herrenberg stieg die Abgabe von 32 000 Euro im alten auf 35 000 Euro im neuen Jahr. Dass die Summe auf null sinkt, scheint ausgeschlossen. Selbst die 15-prozentige Steigerung der Fahrgastzahlen in Herrenberg „reicht in keinem Fall aus, um die Preisreduzierung auszugleichen“, sagt VVS-Sprecherin Pia Karge.

Marbach und Herrenberg gelten als Testfälle. 2014 hatte der VVS entschieden, in diesen Städten die Wirkung von Rabatten zu erproben. Ursprünglich war dafür eine Dauer von zwölf Monaten vorgesehen. Nun „soll im Verlauf des Jahres 2017 entschieden werden, ob Stadttickets im gesamten Verbundgebiet angeboten werden sollen“, sagt Karge.

Sollte die Frage mit einem Ja beantwortet werden, ist einiges Interesse zu erwarten, denn gleichsam inoffiziell bemühen sich auch andere Städte und Gemeinden um verbilligte Fahrpreise. Zu solchen Versuchen zählen eigene Busse, die auf festen Routen verkehren, genauso wie günstige VVS-Fahrscheine. Letztere bieten 13 Kommunen in der Region an, mit dem Unterschied, dass sie dort nicht an Automaten gekauft werden können, sondern nur in Rathäusern und anderen Verkaufsstellen.