Sehen so unsere künftigen Bürokollegen aus? Vincent Fournier: „Reem B #5 [Pal], Barcelona, Spain“, 2010 Foto: Vitra Design Museum © Vincent Fournier

Das Vitra Design Museum in Weil am Rhein zeigt in der anregenden Schau „Hello Robot – Design zwischen Mensch und Maschine“, wie intelligente Systeme unseren Alltag erobern.

Weil am Rhein - Stirbt ein Haustier, geht es den Besitzern oft an die Nieren – ob der muntere Hausgenosse ein kuscheliges Fell besaß oder nicht. Schließlich kann man sein Herz auch an ein schnödes Plastiktierchen verlieren, das ulkig durch die Gegend wackelt und künstliche Laute von sich gibt. Als Sony den Kundendienst für den „Aibo“ einstellte, einen Roboterhund, der wie ein echter Vierbeiner trainierbar ist, löste das bei einigen Japanern große Trauer aus. Mit einem traditionellen Shinto-Ritual verabschiedeten sie sich von ihren kleinen Lebensgefährten aus Kunststoff.

Japan mag weit weg sein, aber Roboter sind auch hierzulande längst auf dem Vormarsch und erobern alle Bereiche des Alltags. Das Vitra Design Museum in Weil am Rhein gibt derzeit Einblicke, was längst möglich ist und wie unsere Welt von morgen ausschauen könnte. „Hello, Robot“ nennt sich eine so aufregende wie erschreckende Ausstellung, die sich mit dem „Design zwischen Mensch und Maschine“ befasst. Denn der Mensch und die zahlreichen intelligenten Systeme werden künftig noch enger zusammenrücken und Roboter uns fortan in vielen Situationen zur Seite stehen – manchmal sogar durchaus freundschaftlich. Der Designer Dan Chen hat bereits tröstende Helfer konstruiert, die einem bei der Arbeit am Computer immer wieder aufmunternd auf die Schulter klopfen oder bei Stress beruhigend die Hand tätscheln.

76 Millionen Tamagotchis wurden weltweit verkauft, jene kleinen Plastikeier, die in den neunziger Jahren den Markt eroberten und von den Eigentümern wie echte Tiere versorgt werden mussten. Trotzdem scheint der Mensch ein ambivalentes Verhältnis zu technischen Neuerungen zu haben. Douglas Coupland sammelt seit Jahren Sprüche und Zitate, die die Haltung der Menschen Innovationen gegenüber spiegeln. „Viele mögen keinen Fortschritt“, heißt es da – und ein Grund hierfür wird gleich mitgeliefert: „Roboter kaufen keine Möbel.“ Anders gesagt: Sie nehmen den Menschen die Arbeitsplätze weg.

„Rob“ kann verletzte Soldaten aus Kampfgebieten herausholen

Denn schon jetzt sind die intelligenten Systeme extrem vielseitig und oft auch durchaus nützlich, wie die Ausstellung bei Vitra vorführt: „Rob“, der für das amerikanische Militär entwickelt wurde, kann verletzte Soldaten aus Kampfgebieten herausholen und in Sicherheit bringen. Der Lieferroboter „Starship“, ein kleines Wägelchen, bringt einem dagegen die Einkäufe nach Hause, er kann nicht nur Bordsteine überwinden und Hindernisse umfahren, sondern auch kommunizieren. Sollte „Starship“ die Testphase überstehen, könnte man sich schon bald seine Getränke vor die Haustür fahren lassen – und den Lieferroboter über eine App öffnen. Schon bald könnten sogar ganze Gebäude von Helikopterrobotern gebaut werden, die in schwindelerregender Höhe Stein auf Stein setzen können – ganz ohne menschliche Arbeitskraft.

Die neuen intelligenten Systeme wollen nicht nur nüchtern praktische Helfer sein, sondern erobern sich längst ihren Platz im Sozialleben. Der „Frebble“ ist ein unförmiges Etwas, das den menschlichen Händedruck aufnimmt und ihn weiterreicht an jemand am anderen Ende der Welt, der die Berührung dann spürt. Niedlich ist auch „Paro“, ein Roboter, der wie ein Robbenbaby mit flauschigem Fell und Kulleraugen ausschaut. Er wird schon jetzt bei Menschen mit Demenz eingesetzt, erfolgreich. Denn auch Objekte können Gefühle und Emotionen wecken, wie in der Ausstellung auch ein Film der Pixar Studios zeigt, ein Kurzfilm, in dem eine große Schreibtischlampe ein kleines, ballspielendes Lämpchen liebevoll erzieht.

Über Jahrzehnte hinweg war die Vorstellung von Robotern und intelligenten Systemen in erster Linie von Filmen geprägt, an die ebenfalls in der Ausstellung erinnert wird, sei es mit dem Plakat von „Metropolis“ von Fritz Lang oder mit Ausschnitten aus Stanley Kubricks „Space Odyssey“. Eine ganze Blecharmada aus Spielzeugrobotern spiegelt denn auch die Faszination für Roboter und übermenschliche Wesen.

Die künstlerischen Beiträge erlauben sich durchaus ironische Kommentare

Der höchst sehenswerten und kurzweiligen, oft auch interaktiven Ausstellung bei Vitra in Weil gelingt es, das Thema weitgehend ideologiefrei und differenziert aufzubereiten, nicht blind der Faszination für die neue Technik zu erliegen, aber auch nicht kulturpessimistisch alle Neuerungen zu verteufeln. Gerade die künstlerischen Beiträge erlauben sich aber durchaus ironische Kommentare über die Grenzen der Technik. So zeigt Joseph Popper in seinem Film „When the home stops“ einen jungen Mann in einer intelligenten Wohnung, die aus den Fugen gerät – und nicht nur der Rasierroboter mitten bei der Arbeit den Geist aufgibt. Der Film „Hyper-Reality“ von Keiichi Matsuda lässt ahnen, dass sich die schöne neue Welt schnell als Horror entpuppen könnte. Er mixt in seinem Film Wirklichkeit und Virtualität, so dass einen mitten in der U-Bahn oder auf der Straße die sogenannte „Augmented Reality“ einholt und sich ständig virtuelle Fenster öffnen, Slogans und Objekte eingeblendet werden. Die perfekte Reizüberflutung.

Werden Roboter schon bald zwischen uns und wie wir leben? Werden wir uns Chips unter die Haut pflanzen lassen, mit denen wir die Autotür öffnen? Kevin Grennan, Designer bei Google-Maps, mildert mit seinem Film „Android Birthday“ die schlimmsten Befürchtungen. Mag sein, dass die Androide uns eines Tages zum Verwechseln ähnlich sehen. Eine Lunge aber werden sie wohl nie haben – und damit auch keine Geburtstagskerzen ausblasen können.