Der Kampfhubschrauber Tiger beim Landen am Stützpunkt Gao. Foto: Bundeswehr

Ein Spezialistenteam der Bundeswehr ist auf dem Weg nach Mali, um den Helikopter-Absturz mit zwei toten deutschen Soldaten zu ergründen. Ein Abschuss scheidet als Unglücksursache praktisch aus.

Stuttgart - Die UN-Mission Minusma in Nordmali gilt als derzeit gefährlichster Bundeswehr-Einsatz, was sich mit dem Hubschrauber-Absturz am Mittwochnachmittag bestätigt hat. Zwei deutsche Soldaten vom Kampfhubschrauberregiment 36 „Kurhessen“ aus Fritzlar starben 70 Kilometer nordöstlich vom Stützpunkt Gao bei einem Flug zur Beobachtung von Kampfhandlungen am Boden, allerdings deutlich vor ihrem Zielgebiet. Es sind die ersten toten deutschen Soldaten in Mali – eine traurige Premiere auch für Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.

Der Helikopter Tiger soll unvermittelt mit der Nase nach unten zu Boden gestürzt und in Flammen aufgegangen sein, hat die Besatzung des nachfolgenden Hubschraubers beobachtet. Da bisher nichts auf einen Abschuss hindeutet, ist ein technischer Defekt wahrscheinlich. Menschliches Versagen käme auch noch infrage. Über mögliche Gründe mag sich die Bundeswehr nicht äußern. „Dazu ist es zu früh“, sagt eine Sprecherin. Ein Team des Generals Flugsicherheit sei auf dem Weg nach Gao. Der Tiger-Routinebetrieb ist vorerst ausgesetzt.

Eine Serie von Mängeln

Seit Anfang Mai sind im Camp Castor vier Tiger und vier Transporthubschrauber NH-90 im Einsatz – jeweils zwei als Reserve. Gebraucht werden sie für Überwachungs- und Aufklärungsaufträge sowie zur Luftnahunterstützung zum Schutz von Bodentruppen. Details zu den bisherigen Flugstunden – ob nun mit und ohne den Einsatz von Maschinengewehr oder Raketen – mag die Sprecherin „aus operativen Gründen“ nicht preisgeben.

Klar ist aber: Das Unglück ist vorläufiger Höhepunkt einer Serie von Mängeln rund um den Tiger. Zwar handelt es sich um ein recht junges Flugzeug, das 2003 in Dienst gestellt wurde. Aufgrund von Entwicklungs- und Lieferproblemen des Herstellers Airbus wurden bis Ende März 59 von 68 bestellten Exemplaren übergeben – im Herbst 2018 sollen alle ausgeliefert sein. Neun wurden schon wieder ausgesondert. Die Bundeswehr hat damit erst einen Unfall verzeichnet: Im März 2013 war ein Tiger aus Fritzlar bei der abendlichen Gebirgsflugausbildung nahe Oberammergau abgestürzt, dabei wurden der Pilot und der Waffensystemoffizier leicht verletzt.

Sonderfreigabe für die Extremtemperaturen

Für den Einsatz 2013 und 2014 in Afghanistan wurde die zulässige Höchsttemperatur von 43,26 auf 48,26 Grad angehoben – bis dahin garantiert der Hersteller, dass das Gerät problemlos funktioniert. Für Mali musste eine neue Sonderfreigabe beantragt werden. Dort können die Wüstentemperaturen noch deutlich höher liegen und die sensible Elektronik beeinflussen, dann muss das Hightech-Gerät am Boden bleiben. Für die im benachbarten Niger stationierten, betagten Transall-Maschinen ist die Hitze oft ein Ausfallgrund.

Eine extreme Herausforderung stellt auch der Staub dar. Beim Starten und Landen wird feiner Sand derart aufgewirbelt, dass sich die Sichtweite auf wenige Meter reduziert. Es ist möglich, dass dadurch die Mechanik beschädigt wird. Auch die schleppende Ersatzteilversorgung aus Deutschland, die durch eine private Spedition organisiert wird, behindert die Arbeit.

Besonders umstritten ist der Tiger-Einsatz in der Truppe, weil zu wenig Personal zur Verfügung steht. Dem Vernehmen nach werden für Minusma acht Besatzungen gebraucht, aber nur wenig mehr haben die Einsatzbefähigung mit einer Mindestanzahl spezieller Flugstunden. „Im Einsatz fliegen nur die Routiniers“, sagt einer der Piloten in Gao – junge Kollegen seien eher in der Verwaltung tätig. Diese Routiniers sind oft Fluglehrer, die folglich daheim keinen Nachwuchs schulen können. Die Ausbildung werde „kannibalisiert“, klagt er auch mit Blick auf die Gefahr, dass die Piloten in Deutschland mangels Übungspraxis ihre Lizenzen verlieren. Die Schulung hatte schon wegen des Afghanistan-Einsatzes arg gelitten. So ist lediglich die Hälfte von gut 120 Pilotenstellen besetzt, davon erfüllt nur ein Drittel die Vorgaben für die Einsätze – etwa 20 Soldaten. Der Heeresinspekteur hatte Einwände gegen die Mali-Mission, sich aber nicht durchsetzen können.

Es mangelt vor allem an Personal