Schwester Rita sorgt dafür, dass es Lore Schlotterbeck auf der Couch gemütlich hat. Foto: Bernd Zeyer

Rita Settgast arbeitet seit zehn Jahren für den mobilen Pflegedienst der Else-Heydlauf-Stiftung. Für sie ist das Helfen ihr Traumjob. Tag für Tag kümmert sie sich um ihre Patienten, größtenteils Senioren.

Zuffenhausen - Schwester Rita ist unser größter Halt“, sagt Helmut Schlotterbeck und seine Ehefrau Lore nickt. Ohne Rita Settgast, da sind sich die beiden Senioren einig, wäre ein Leben in den eigenen vier Wänden nur noch sehr schwer zu organisieren. Settgast ist seit zehn Jahren für den Mobilen Pflegedienst der Else-Heydlauf-Stiftung unterwegs, das Ehepaar Schlotterbeck kennt sie schon lange – ebenso wie viele andere Patienten, die sie regelmäßig daheim besucht. „Ich liebe meinen Beruf“, sagt die gelernte Krankenschwester.

Am meisten ist vor neun Uhr früh los

Wenn morgens um fünf Uhr der Wecker klingelt, dann beginnt der Tag für Rita Settgast mit einem kräftigen Frühstück. Das braucht die Stammheimerin, um fit für die kommenden Stunden zu sein. Um halb Sieben fängt ihr Dienst an, nach einer kurzen Planungs- und Übergaberunde in der Else-Heydlauf-Stiftung geht es um 6.45 Uhr auf Tour. Rund ein Dutzend Adressen hat die 56-Jährige auf ihrer Liste, wenn sie in den gelben Renault Kangoo steigt. „Am meisten ist vor neun Uhr los“, erzählt Settgast. Wenn sie um diese Zeit irgendwo im Stau steht oder keinen Parkplatz findet, wird das Zeitfenster immer kleiner. Besonders im Winter, wenn Eis und Schnee die Straßen bedecken. „Wenn die Verspätung allzu groß wird, dann rufen wir bei den Patienten an“, erzählt Settgast. Die würden eigentlich immer Verständnis dafür zeigen, wenn es mal ein bisschen später werde.

Jeden Morgen starten sechs Touren von der Else-Heydlauf-Stiftung aus, um nach Zuffenhausen, Stammheim Zazenhausen, Freiberg und auf dem Burgholzhof zu fahren. Insgesamt betreuen die 15 Mitarbeiter der mobilen Dienste rund 100 Menschen. Der größte Teil davon sind Senioren, aber auch Kinder und junge Leute zählen zu den Patienten. Die Mitarbeiter der mobilen Dienste bringen den Patienten Medikamente und verabreichen sie ihnen oftmals auch, sie messen Blutdruck, Blutzucker, wechseln Verbände, waschen oder duschen die Menschen. Sie dürfen auch Spritzen geben, beispielsweise Insulin. Grundsätzlich gilt aber, dass nur in den Muskel, nicht aber in die Vene gespritzt werden darf.

Die Kassen machen klare Zeitvorgaben

Hin und wieder kann es sein, dass Patienten sich den Pflegern komplett verweigern. Dann, so erzählt Settgast, helfe nur gutes Zureden. Die Pflegekassen machen klare Zeitvorgaben, was die einzelnen Aufgaben angeht. Diese Vorgaben sind aber nicht immer einzuhalten. So gut es gehe, das betont Rita Settgast, nehme man sich die Zeit. Und zwar auch denn, wenn der eine oder andere einfach nur ein bisschen reden möchte.

Gegen elf Uhr sind die Touren beendet, für die Mitarbeiter ist aber lange noch nicht Feierabend, denn nun beginnt der bürokratische Teil ihrer Tätigkeit. Alles muss vermerkt und dokumentiert werden. Die Bürokratie, das erzählt Settgast, nehme immer weiter zu. „Eigentlich bin ich viel lieber beim Patienten“, sagt sie. Wann sie abends nach Hause kommt, weiß sie morgens fast nie. Tage mit zehn oder mehr Arbeitsstunden sind keine Seltenheit. „Daheim schlafe ich meistens um 20 Uhr ein“, erzählt Settgast.

Zuhause kann sie abschalten

Wenn morgens jemand nicht zum Dienst erscheint, muss ein anderer Mitarbeiter aus dem Bett geklingelt werden. Deshalb ist es wichtig, dass eine Erkrankung möglichst schon am Vorabend gemeldet wird. Natürlich wird auch am Wochenende gearbeitet, normalerweise im Zwei-Wochen-Rhythmus. „Manchmal hätte ich schon gerne etwas mehr Zeit für die Kinder“, sagt Settgast. Zwar sind alle fünf erwachsen, einige wohnen aber noch bei der Mutter, deren Ehemann vor einigen Jahren gestorben ist. Die Dinge, die sie im Beruf erlebt, bringt Settgast nicht mit nach Hause. „Ich kann abschalten“, erzählt sie. Wichtig sei, dass man sich nicht von persönlichen Gefühlen beeinträchtigen lasse und professionell bleibe. Das lerne man mit der Zeit, außerdem beinhalte die dreijährige Ausbildung zur Altenpflegerin auch psychologische Aspekte. Wer bei den mobilen Diensten arbeiten möchte, braucht einen guten bis sehr guten Hauptschulabschluss, einen Führerschein und sollte am besten auch schon ein Sozialpraktikum gemacht haben.

Sie will keinen anderen Beruf lieber machen

„Für mich ist es ein Traumjob. Ich wollte schon immer Menschen helfen, und Medizin hat mich auch schon immer interessiert“, sagt Settgast. Vor Ort sei es wichtig, selbstständig zu handeln, die Situation richtig einzuschätzen und beispielsweise einen Arzt zu holen, wenn es nötig sei. Drei Mal in den vergangenen zehn Jahren kam allerdings jede Hilfe zu spät und die Patienten waren verstorben, als Schwester Rita die Wohnung betrat. Wie es um sie selbst im Alter bestellt sein wird, darüber hat sich die 56-Jährige noch keine konkreten Gedanken gemacht. „Das hat noch Zeit“, sagt sie und fügt hinzu: „Ich hoffe, dass meine Kinder sich um mich kümmern werden.“