Ein Teil des Wiesengässles firmiert auch unter dem Namen „Stinkbock“. Foto: factum/Granville

Die Sommerführung von Klaus Herrmann führt zum Gässle namens Stinkbock. Dessen Erklärung ist einfach.

Gerlingen - Am kommenden Wochenende ist wieder die erste Runde der sommerlichen Führungen des Gerlinger Archivleiters Klaus Herrmann. Er erklärt, wie so manche Straße in der Stadt zu ihrem Namen gekommen ist. Die Jakobstraße beispielsweise hat ihren Namen vom Landwirt Jakob Maisch, der um die Ecke in der Ditzinger Straße wohnte. Er gab 500 Mark als Kapital einer Stiftung mit der Auflage, jedes Jahr aus den 20 Mark Zinsen fünf Personen oder Familien zu unterstützen. Die vier Mark, die das pro Empfänger ergab, waren 1900 der Tageslohn eines Meisters. Ein weiteres Beispiel für einen Straßennamen nach verdienten Bürgern ist, so Herrmann, die Mathildenstraße.

Dahinter verbirgt sich Mathilde Zimmermann, die Ehefrau des Gemeinderats Gottfried Zimmermann, der im Siedlungsverein aktiv war. Maischs Stiftungskapital ging in der Inflationszeit kaputt. Aus dieser Zeit in den zwanziger Jahren aber blieben zahlreiche Häuser des Siedlungsvereins. Dieser wurde 1921 gegründet, die ersten Häuser wurde an der Straße „Beim unteren Tor“ gebaut – dort stand das untere Tor am Dorfzaun. Die Masse der Häuser des Siedlungsvereins entstand in der Feuerbacher, der Hermann- und der Mathildenstraße. Doch soweit führt die Führung nicht.

Eine Ölmühle wurde im Krieg zerstört

Nächste Station ist die Bachstraße. Wo heute das Haus Nummer 10 steht, befand sich im 18. Jahrhundert die Ölmühle von Johann Georg Köhnle. „Das Anwesen wurde 1942 von einer Fliegerbombe vollständig zerstört“, so Herrmann. Der Bach, nach dem die Bachstraße benannt ist, trieb aber die Mühle nicht an. Er verlief in einer Dole. Apropos Bäche: Käme heute einer auf die Idee, sein Wasser in den Grundgraben, den Wettegraben oder den Schelmengraben abzulassen – dann würde er dieses in einer homöopathischen Dosis in der Nordsee wiederfinden. Denn dorthin fließt alles Wasser aus Gerlingen – via Beutenbach, Glems, Enz, Neckar und Rhein. Nach dem Wettegraben und dem Schelmengraben sind übrigens auch Straßen benannt.

Ein Gässchen erspart Umwege

Von der Bachstraße geht ein unscheinbares Gässchen ab – das aber seit langem vielen Gerlingern weite Umwege erspart, nicht nur den Müttern, die mittags ihren Nachwuchs im Petrus-Kindergarten abholen. Offiziell heißt es Wiesengässchen, es führt über die Schillerstraße, am CVJM-Haus vorbei, zur Weilimdorfer Straße. Im Volksmund hat der gepflasterte Weg einen Kosenamen: „Stinkbock“. Der rührt von Gerüchen her, die dort früher wahrzunehmen waren. Im Anwesen Bachstraße/Wiesengässle gab es früher einen Stall – in dem der örtliche Ziegenbock untergebracht war. Und wenn der nicht gerade seine Pflicht tat, dann stank er eben vor sich hin.

Das Wiesengässle übrigens hat seinen Namen von den Wiesen, durch die es früher lief. Auf dem weiteren Weg liegt das Haus der Volkshochschule – das bis in die Achtziger Jahre das Feuerwehrhaus war. An dieser Stelle standen früher auch das Backhaus, das Pfarrhaus, die Pfarrscheune und die herzogliche Zehntscheuer.