Rolf Lehmann kann nicht ohne Birkach, und Birkach kann nicht ohne ihn. Foto: Achim Zweygarth

Der ehemalige Bürgermeister mit Sinn fürs Gemeinwohl hat sich Birkach zu seinem Zuhause gemacht.

Stuttgart-Birkach - Rolf Lehmann ist wohl einer der bekanntesten Leute im Ort. Kein Wunder, bei der Zahl an Ehrenämtern. Sei es die Bezirkszeitung „Birkacher Notizen“, der örtliche Sportverein, die evangelische Kirchengemeinde, die SPD, der Bürger- und Kulturverein, Stammtisch hier, Stammtisch dort – überall mischt Rolf Lehmann mit. Der 75-jährige Ruheständler ist im Unruhestand. Rolf Lehmann, der manch einem als früherer Stuttgarter Wirtschaftsbürgermeister im Gedächtnis sein dürfte, winkt ab. Er habe das alles – ganz ehrlich – zurückgefahren. „Es gibt Wochen, da habe ich keinen einzigen Termin.“

In dem Haus an der Birkheckenstraße in Birkach sitzt ein Mann mit wachen Augen und beweglichem Geist, der gern und oft unterwegs ist – zusammen mit seiner Frau oder allein. Er braucht andere Menschen, um sich in Birkach zu Hause zu fühlen. „In Vereinen lernt man Leute kennen“, sagt er. Vereine schweißen zusammen. „Wenn dann mal jemand fehlt, fällt das auf, und man fragt nach“, sagt er. Dass das Vereinsleben bei den jungen Leuten von heute eher als angestaubt gilt, bedauert Rolf Lehmann. Geht auf diese Weise doch auch das Heimatgefühl verloren, glaubt er. Denn das ist nicht umsonst zu haben.

Vergessen hat er die Heimat nie

Birkach ist nicht einfach zu seinem Zuhause geworden, der Altbürgermeister hat sich Birkach zu seinem Zuhause gemacht. Gut, er ist in dem zweitkleinsten Stadtbezirk Stuttgarts aufgewachsen, hat dort mehr als ein halbes Jahrhundert verbracht; er ist als kleiner Junge mit dem Schlitten die Hänge hinuntergesaust, er hat unten am Ramsbach mit den Kumpels Lager gebaut. Doch für Rolf Lehmann gehört zur Heimat mehr, als nur zu sagen, er sei ein Birkacher. Es ist der Kontakt zu den Menschen, das Schwätzchen auf der Straße.

Vielleicht weiß Rolf Lehmann das alles so genau, weil es eine andere Zeit gegeben hat. Eine Zeit, in der all jenes eher auf der Strecke geblieben ist. Der heute 75-jährige Mann hatte ein Berufsleben, das ihm viel abverlangte. Der gelernte Schriftsetzer hatte Jobs, die sich nicht mal so nebenher erledigen ließen. So hat er zehn Jahre das evangelische Jugendwerk Stuttgart geleitet, er war von 1992 bis 1996 Ministerialdirektor im baden-württembergischen Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, und zuvor war er sieben Jahre lang Bürgermeister. Auch wenn er damals nicht so oft in Birkach unterwegs sein konnte, vergessen hat er die Heimat nie. „Rommel hat bei den Haushaltsberatungen immer zu mir gesagt: ,Lehmann, was wollen Sie denn noch für Birkach?‘“ Rolf Lehmann lacht bei der Erinnerung an damals.

Er kann nicht ohne die Menschen

Dieser Mann hat sich stets fürs Gemeinwohl interessiert. Im Jahr 1971 ist er Mitglied des Stuttgarter Gemeinderats geworden, von 1976 an war er der Vorsitzende der SPD-Fraktion. Für sein Engagement hat Rolf Lehmann im Jahr 2001 die Verdienstmedaille des Landes erhalten.

Mitte der 1990er Jahre dann hat er als Rentner die Sitzungssäle und Amtsstuben gegen ein Leben in Birkach getauscht. Die Ämter in den Vereinen und Gruppen hat Rolf Lehmann inzwischen abgegeben, Mitglied ist er überall geblieben. Er kann nicht ohne die Menschen, und die Menschen können nicht ohne ihn.

Und wenn es ihn doch mal in die Stadt zieht, steigt Rolf Lehmann in den Bus. „Die Linie 65 gehört zu den schönsten Dingen an Birkach“, sagt er und schmunzelt. Bei aller Heimatliebe, „ich will hier nicht eingesperrt sein“. Nur so kann er sich immer wieder sehnen, nach seinem Birkach, wo er so viele Spuren hinterlassen hat.