Die Künstlerin Heike Jost-Ikas hat zunächst etwas Bodenständiges gelernt. Foto: privat

Das Künstlerdasein von Heike Jost-Ikas hat recht spät begonnen. Sie hat zunächst etwas Bodenständiges gelernt. Heute verhilft sie anderen mit ihrer Kunst zu Ruhe und Gelassenheit. Am Wochenende lädt sie in ihr Atelier in Riedenberg.

Riedenberg - Ob Farbe, Beton, Gips oder Rost – für die Künstlerin Heike Jost-Ikas ist jedes Material verwertbar. Sie experimentiert gerne, bringt neue Elemente zusammen und lässt dann den Dingen ihren Lauf. „Es ist eine Herausforderung, loszulassen, in der Kunst wie im wahren Leben“, beschreibt die 55-Jährige ihren Schaffensprozess. Die selbstständige Künstlerin lebt und arbeitet seit inzwischen mehr als zehn Jahren in ihrem Haus in Riedenberg. Im darin integrierten Atelier „Kunstblick“ können Teilnehmer bei Kunsttherapie und in Workshops der Hektik des Alltags entfliehen.

Die Essenz ihres Künstlerdaseins ist nicht, aus dem Alltag zu fliehen, sondern auch durch das Aufbrechen starrer Strukturen neue Spannung zu erzeugen. „Ich gebe in meinen Werken viel von mir selbst preis. Dafür braucht man eine gute innere Substanz“, erklärt sie. An ihr Dasein als Künstlerin hat sich Jost-Ikas als Autodidaktin über Jahre langsam herangetastet und dabei viel über sich selbst erfahren.

Wenn sie von ihrer Zeit als Künstlerin erzählt, nennt sie es „mein zweites Leben“. Zunächst fügte sie sich dem Wunsch der Eltern, etwas Bodenständiges zu lernen. Mit 20 Jahren zog sie deshalb für ihren Beruf als Erzieherin von Saarbrücken nach Stuttgart. Aber schon damals fand sie Schlupflöcher, um die Kunst nicht aus den Augen zu lassen. Bei ihrer Arbeit im Kindergarten drückte sie den Kleinen einfach Farbe und Pinsel in die Hand. Sieben Jahre später näherte sie sich der Kunst erneut beruflich und begann, in einer Werbeagentur zu arbeiten.

Die Kreativität ging nie verloren

Doch nach der Geburt ihrer Tochter wuchs der Drang, die eigene Kreativität frei auszuleben. „Ich wollte nicht mehr in diese Glitzerwelt zurück“, erzählt sie. Mit dem Umzug in das Haus in Riedenberg, erfüllte sie sich den Wunsch eines eigenen Ateliers. Den Glauben an sich selbst und die eigene Kreativität hat sie nie verloren. „Die Kunst war immer da“, erinnert sie sich. „Ich musste mich nur trauen.“

Zunächst fertigte sie im Verborgenen überproportionierte Figuren – Nanas genannt – aus Pappmasche an. Schritt für Schritt experimentierte sie nicht nur mit Holz, Beton und Gips, sondern auch mit ihrem neuen kreativen Dasein. Bei der Erinnerung an ihre erste Ausstellung im Jahr 2005 in Sillenbuch lächelt sie verlegen. „Ich war wahnsinnig aufgeregt und nervös“, sagt sie, „man gibt sein Gesicht nach außen und kann die Reaktionen nicht mehr beeinflussen“.

Ab einem gewissen Punkt einfach loslassen zu müssen, fasziniert die Lebenskünstlerin. Dass sie ihre Inspiration aus der eigenen Erfahrung schöpft, spiegelt sich in ihrer Kunst wider. Dafür verwendet sie am liebsten Rost. „Bringt man unterschiedliche Zutaten zusammen, entsteht Spannung, und es bilden sich Risse. Wie sich das Material, das darunter zum Vorschein kommt, dann verändert, ist faszinierend zu beobachten“, erklärt sie.

Es geht nicht um Meisterwerke

Seit dem Jahr 2012 gibt sie ihre Erfahrungen an andere weiter. Die ausgebildete Kunsttherapeutin verlässt sich bei ihren Sitzungen auf die befreiende Wirkung der Kunst. Statt den Bildern stehen die Menschen im Vordergrund. Denn es geht nicht darum, ein künstlerisches Meisterwerk zu erschaffen. Genau diesen Leistungsdruck sollen die Teilnehmer vergessen. „Das simple Hantieren mit Materialien wie Ton oder Farbe, ohne den Druck, etwas Perfektes produzieren zu müssen, entspannt einfach“, erklärt Heike Jost-Ikas. Ihre Kunsttherapie nennt sie auch „Yoga für die Seele“. Ziel ist es, sich den eigenen Ängsten entgegenzustellen und sie aufzubrechen.

Die Künstlerin geht selbst offen durch die Welt und hat dadurch ihre Liebe zu Afrika entdeckt. „Die afrikanische Kunst ist sehr erdverbunden“, erzählt Jost-Ikas, „diese Schlichtheit ist sehr aussagekräftig“. Die Erfahrung in Äthiopien haben ihren Blick für Details geschärft. In ihren Therapiesitzungen bringt sie Menschen mit kleinen Dingen, wie den Händen zu malen, auf die richtige Spur. „Oft sind es nur kleine Anstöße, die Großes auslösen“, sagt sie.

Von der Kunst hat sich Heike Jost-Ikas durchs Leben tragen lassen und nie an ihrer schöpferischen Kraft gezweifelt. Als Ruhepol hat sie sich mit ihrem Atelier „Kunstblick“ nicht nur einen kreativen Rückzugsort geschaffen, sondern auch einen Raum, an dem sie und andere die Seele baumeln lassen können.

Atelierfest

Am Samstag, 21. März feiert Heike Jost-Ikas von 11 Uhr an in ihrem Haus an der Schemppstraße 13, dass es ihr Atelier zehn Jahre gibt. Kommen darf jedermann.