Den Sprung ins kalte Wasser wagten doch einige – im Dienste der Stadt. Foto: Philipp Rothe

Ein Projekt zur Bürgerbeteiligung bringt mehr als 300 Vorschläge, wie die Bürger den Neckar und seine Ufer besser nutzen könnten.

Heidelberg - Es gibt natürlich angenehmere Zeiten als die letzten Februartage, um in den Neckar zu springen und eine Runde zu schwimmen. Doch auch bei vier Grad Wasser- und sieben Grad Lufttemperatur war der Andrang beim „ersten Heidelberger Anbaden 2017“ am Sonntagnachmittag beachtlich. Gut 60 Männer, Frauen und Kinder mit und ohne Bademütze zeigten, dass die Lust auf das Wasser in der Stadt bei Jung und Alt groß ist. Viele mussten an der Treppe vor der Bergheimer Neckarinsel regelrecht Schlange stehen, ehe sie in die Fluten steigen konnten. „Super“ fanden sie es – und „erstaunlich sauber“.

Die Aktion war der vorläufige Höhepunkte einer Reihe von Veranstaltungen, die die Architektenkammer in den vergangenen Monaten mit Unterstützung der Stadt organisiert hat. Sie wollten gemeinsam mit Heidelberger Bürgern die Möglichkeiten erkunden, wie die Ufer des Neckars für Spaziergänger und Erholungssuchende künftig wieder besser zugänglich gemacht werden könnten – und zwar nicht nur in der berühmten Altstadt, sondern auf der ganzen Länge des Flusses von Schlierbach bis nach Wieblingen.

Die Aufenthaltsqualität soll wachsen

Gut 300 Ideen, Wünsche und Anregungen hat die Architektenkammer gesammelt. „Die meisten, die mitgemacht haben, wollen gar nichts Großes. Sie wünschen sich einfach mehr Spazierwege, mehr Aufenthaltsqualität und eine bessere Pflege der Uferbereiche“, erklärt eine Sprecherin der Stadt. „Unserer Aktionen haben vor allem gezeigt, dass die Menschen eine große Sehnsucht nach dem Neckar haben“, sagt der Architekt Dirk Rulffes. „Viele Ältere erinnern sich noch daran, dass Spazierengehen und Baden früher an vielen Stellen selbstverständlich war“. An einem steilen Uferabschnitt wurde bei dem Projekt eine alte Sandsteintreppe wieder freigelegt, auch einige mobile Sitzgelegenheiten wurden geschaffen. „Da treffen Sie jetzt immer jemanden, egal, wann Sie vorbeikommen“, schildert Dirk Rulffes die Auswirkungen dieser Maßnahmen.

Die stärkere Einbeziehung des Neckars ist seit Jahrzehnten ein Dauerthema der Heidelberger Kommunalpolitik. Denn obwohl der Fluss das ganze Stadtbild prägt und seine Ufer und Wiesen an vielen Stellen die Besucher rund um das Jahr in Scharen anlocken, ist er an vielen anderen nur noch schwer zugänglich und durch Straßen und den Verkehr von benachbarten Wohnquartieren abgeschnitten. Seit den 1970er Jahren wurde daher immer wieder darüber diskutiert, durch den Bau eines Tunnelszumindest in der Altstadt Platz für eine repräsentative Uferpromenade zu schaffen. Viele Millionen D-Mark und Euro wurden in der Amtszeit der früheren Oberbürgermeisterin Beate Weber (SPD) in teils reichlich utopische Planungen gesteckt.

Nicht der erste Anlauf

Vor knapp fünf Jahren erst hat der Gemeinderat all die Konzepte angesichts fehlender Finanzierungsmöglichkeiten zu den Akten gelegt; im vergangenen Jahr hat man dann im Rathaus einen neuen Anlauf unternommen, um dem Neckar künftig mit bescheideneren Maßnahmen wieder näherzukommen. Die Federführung bei der Bürgerbeteiligung hat die Stadt der Architektenkammer übertragen. Es gehe „nicht nur um eine reine Ideensammlung“, hat der Oberbürgermeister Eckart Würzner ausdrücklich versichert. „Wir wollen das Projekt ‚Stadt am Fluss’ in den kommenden zwei Jahren entwickeln“.

Inzwischen haben die Architekten die Bürger an verschiedenen Stellen an den Neckar eingeladen, um bekannte und weniger bekannte Uferbereiche, die in den vergangenen Jahren etwas aus dem Blick geraten oder schlicht zugewachsen sind, wieder in den Blick zu nehmen. „Es gibt ja längst zahlreiche schöne Orte und Lieblingsplätze am Fluss – doch bisher stehen meist für sich allein“, erklärt Rulffes. „Jetzt geht es vor allem darum, jeden für sich weiter zu entwickeln und sie dann, wie Perlen einer Kette, zu verknüpfen. Man soll baden können und auch Kaffee trinken am Neckar“, meinte er beim Schwimmtreff am Sonntag. „Am Ende könnte dabei ein ganzer Stadtpark entstehen“, meinte sein Kollege Jan van der Velden-Volkmann, der Sprecher der Architektenkammer.