Katzen vergnügen sich im "Chateau du chat doré", der Luxuspension für Katzen in Bernwiller im Elsass. Foto: dpa

Ums Haustier hat sich eine Milliardenindustrie entwickelt. Doch die Branche hat Zukunftssorgen.

Stuttgart - Ums Haustier hat sich eine Milliardenindustrie entwickelt. Am Wochenende trifft sich die Branche mit Tierfreunden auf der Stuttgarter Messe Animal. Es gibt ein Reha-Mobil und Castingshows für Hunde. Die Branche boomt - nur der demografische Wandel könnte ihr einen Strich durch die Rechnung machen. Sorgen macht sich Detlev Nolte vor allem um die Hamster. "Die sind oft gestresst", sagt er. Bei Kindern sind sie beliebt. "Sie wollen tagsüber mit den Hamstern spielen. Doch da wollen die Nager schlafen." Der Schlafmangel macht sie fertig. "Für Kinder sind sie bewegliche Spielzeuge." Nolte ist Sprecher des Industrieverbands für Heimtierbedarf. Ihm ist wichtig, dass die Menschen den Tieren mit ihrer Liebe nicht schaden. Die Liebe ist groß. Der Umsatz im Heimtierbedarfs-Markt lag 2009 bei 3600 Millionen Euro. Nur dass es immer weniger Familien mit Kindern gibt, könnte sich negativ auswirken.

Nolte sagt, dass es eine Tendenz gibt, die Tiere wie Menschen zu behandeln. Es gibt eine Dirndl-Kollektion für Hunde, Reha-Zentren und Psychologen. "Es gibt Backshops, die Hundekuchen aufwendiger einpacken, als es Bäcker für Menschennahrung tun." Tiere werden wie Familienmitglieder behandelt. Die Zahl der Katzen in deutschen Haushalten geht seit zehn Jahren konstant nach oben. Die Hundesanschaffungen wurden um die Jahrtausendwende weniger. "Damals gab es die Diskussion um Kampfhunde, auf die sich viele potenzielle Hundehalter nicht einlassen wollen." Prozentual gibt es mehr Tiere in Familien mit Kindern. "Das heißt, dass die Zahl der Kleintiere in deutschen Haushalten abnehmen könnte", sagt Nolte. Es gibt immer weniger Kinder. Was bei den Kleinen angesagt ist, wird von Trends mitbestimmt. Eine Zeit lang wollten alle einen Clownfisch haben. So wie Nemo aus dem Animationsfilm "Findet Nemo". Geld lässt sich in der Branche vor allem mit Futtermitteln machen. "Der Ertrag hängt davon ab, wie groß die Population ist, die ernährt werden muss."

Mit Tieren können Kinder lernen, Verantwortung zu übernehmen

Wie viele Haustiere es in Deutschland gibt, hängt nicht nur von der Geburtenrate der Kinder ab. Die Heimtierbranche beobachtet wachsam, wie sich die Zahl der Familien mit Migrationshintergrund entwickelt. "Dort gibt es selten Haustiere", sagt Nolte. "Hunde und Katzen gelten in vielen Kulturen nicht als rein", sagt er. Im Christentum ist das anders. "Tiere sind stark verwoben mit dem gesamten Bibelumfeld, das zeigen Veranstaltungen zum Thema Kirche und Tier." Dass die gesellschaftlichen Veränderungen für einen starken Einbruch auf dem Heimtiermarkt sorgen, kann Nolte sich nicht vorstellen. "Es gibt eine neue Sehnsucht nach Landleben." In den letzten Jahren sind Magazine auf den Markt geströmt mit Titeln wie "Hörzu Heimat", "Landlust", "Landglück" und "Countryside". "Die Menschen machen weniger Fernreisen, sie legen wieder mehr Wert auf Natur und traditionelle Werte. Und zu dieser Lebenseinstellung gehören auch Tiere."

Michael Thiel ist Psychologe. Er sagt, dass Tiere für den Menschen wegen der emotionalen Bindung wichtig seien. "Sie geben uns Sicherheit und das Gefühl, gebraucht zu werden." Kinder könnten mit Tieren lernen, wie man Verantwortung übernimmt "und Einfühlungsvermögen". Dazu gehört vielleicht auch zu erkennen, wann ein Hamster müde ist.