Stoßen mit ihren Geldverteilungsplänen auf Widerstand: OB Fritz Kuhn (re.) und Finanzbürgermeister Michael Föll. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Jahresabschluss 2016 fällt für Stuttgart blendend aus. Doch die Verwendung der 231 Millionen Euro Überschuss und die Sparvorschläge der Verwaltung begeistern nicht jede Fraktion.

Stuttgart - Der Gemeinderat sollte nach dem Willen von OB Fritz Kuhn (Grüne) und Finanzbürgermeister Micheal Föll (CDU) an diesem Donnerstag den Jahresabschluss 2016 mit einem Überschuss von 231 Millionen Euro billigen und Vorschläge für Rücklagen billigen. Die Zufriedenheit mit dem Abschluss im Rat ist groß. Mindestens ebenso groß ist aber die Unzufriedenheit mit dem Vorgehen der Verwaltungsspitze. Auslöser für den Ärger ist nicht nur, dass Kuhn und Föll den Überschuss nahezu komplett verplanen, sondern zudem eine Einsparliste für die Jahre ab 2018 vorlegen, die jährlich 27 Millionen Euro bringen soll. Etwa durch Abschaffung der letzten öffentlichen Badetage in den Hallenbädern Bad Cannstatt, Feuerbach und Plieningen (68 000 Euro) und andere Pflegestandards in Grünanlagen und auf Spielplätzen (118 000 Euro).

CDU: Kuhn holt sich unnötige Delle

Alle zwei Jahre müssten die Fraktionen bei der Aufstellung des Doppelhaushalts vielen Bürgern und Vereinen sagen, warum man eben keine 1000 oder 10 000 Euro mehr habe, um dem einen oder anderen Wunsch nachzukommen, sagte CDU-Fraktionschef Alexander Kotz. Nun aber würden 40 Millionen Euro für die Opernsanierung beiseitegelegt. 30 Millionen täten es auch. Bei der Einsparung für die Grünanlagen hole sich Kuhn „eine unnötige Delle“, so Kotz.

Er werde im Entwurf für den Doppeletat 2018/2019 Vorschläge für Mehrausgaben für mehr Grün machen, betonte Kuhn. „Wir sollen also jetzt einsparen, damit Sie im September mehr ausgeben können? Das ist Politik aus Absurdistan“, nahm Martin Körner (SPD) den Ball auf. Mit den nicht ohne weiteres sichtbaren Beträgen summiere sich der wirkliche Überschuss auf 460 Millionen Euro. Daher müsse man bei der Haushaltsplanung grundsätzlich anders vorgehen. Seit Jahren vernachlässige die Rathausspitze Kernaufgaben der Verwaltung. Wichtige Aufgaben könne die Stadt aus Personalmangel nicht mehr erfüllen. Körner nannte Schulsanierungen, die Überwachung des Parkraummanagements, den Zustand der Grünanlagen und die Bürgerämter, die zeitweise geschlossen werden mussten. Die Sparbeschlüsse seien falsch, die Rücklage für die Oper nicht erforderlich, zumal Föll 160 Millionen aus der Auflösung der Landesbank-Absicherung für die Oper verwenden wolle. Die niedrigen Zahlen, die Föll für den Abschluss 2017 erwarte, könne er nicht mehr glauben, nachdem die Prognosen nun zehn Jahre lang falsch lagen, sagte Körner. Eine Reaktion, die gefährlich werden könnte, wenn sie Schule machen würde, meinte Matthias Oechsner (FDP). Es stelle sich, Stichwort Personal, auch die Frage, auf wessen Rücken man die Überschüsse erwirtschafte. Rose von Stein (Freie Wähler) assisierte: Auch die Behebung der Servicedefizite in Bürgerbüros oder der Fuhrparkmängel bei der Feuerwehr müsse man angesichts der Überschüsse in den Fokus nehmen. Lothar Maier (AfD) meinte, eine vorsichtige finanzpolitische Linie sei gut, „aber man sollte es nicht zum Exzess treiben“.

Hannes Rockenbauch (SÖS/Linke-plus) erkannte eine „strukturelle Entmachtung des Rates durch die Rücklagenbildung“. Das Gremium müsse selbstbewusster werden, der Substanzerhalt vor neuen Investitionen rangieren. Auch Anna Deparnay-Grunenberg (Grüne) appellierte, mehr für die Substanz zu tun. Sie sagte, dass sich der Rat seinen Gestaltungsspielraum bei der Aufstellung der Haushaltspläne beschneiden lasse. In den vergangenen Jahren waren die Bürgervertreter den Vorschlägen zur Verteilung der Überschüsse nahezu komplett gefolgt.Markus Freitag, Vorsitzender des Gesamtpersonalrats, redete der Verwaltungsspitze ins Gewissen. Durch ihre Haushaltsführung verspiele sie Vertrauen. Der Personalmangel könne Ratsbeschlüsse regelrecht torpedieren, weil die Umsetzung nicht immer möglich sei. Die Arbeitsverdichtung abzubauen, wäre aber nicht Aufgabe des Gemeinderats.