Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) verteidigt den Schritt: „Wir wollten nicht riskieren, dass wir letztlich nur die Bundesregierung finanziell entlasten.“ Foto: dapd

Regierung will arme Familien im Südwesten dafür an anderer Stelle mit zehn Millionen Euro unterstützen.

Stuttgart - Um mittelfristig Geld zu sparen, will die grün-rote Landesregierung das noch von Erwin Teufel eingeführte Landeserziehungsgeld streichen. „Das fällt uns sehr schwer“, sagte am Dienstag Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann, die zusammen mit ihrem SPD-Kollegen Claus Schmiedel die Haushaltsberatungen ihrer Fraktionen erläuterte.

Als Begründung nannten sie die Pläne der Bundesregierung, das Landeserziehungsgeld ab Oktober auf das Einkommen aus Hartz IV anzurechnen. So würden diese Familien am Ende leer ausgehen, begründete auch Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) den Schritt: „Wir wollten nicht riskieren, dass wir letztlich nur die Bundesregierung finanziell entlasten.“

Als Ersatz will Grün-Rot jedoch mit zehn Millionen Euro pro Jahr armutsgefährdete Familien unterstützen. Wegen der bereits bewilligten Mittel spare das Land im kommenden Jahr nichts, sondern zahle zunächst noch drauf. Erst 2014 entfallen im Haushalt 18 Millionen, später dann pro Jahr 28 Millionen Euro.

Investieren will Grün-Rot in den Straßenbau

Um die Deckungslücken von 550 Millionen im nächsten Jahr beziehungsweise 800 Millionen Euro im übernächsten Jahr zu schließen, sollen die Ministerien im Etat 166 beziehungsweise 267 Millionen einsparen. Darunter fällt zum Beispiel die Kürzung von 1000 beziehungsweise 1200 Lehrerstellen in den nächsten zwei Jahren. Zudem soll die Eingangsbesoldung für Beamte im gehobenen und im höheren Dienst in den ersten drei Jahren um vier Prozent gesenkt werden. Außerdem sind Einschnitte bei der Beihilfe für Ehegatten von Beamten geplant.

Zu den Details der Einsparungen verwiesen Sitzmann und Schmiedel auf den Regierungsbeschluss in der kommenden Woche. Der SPD-Fraktionschef machte jedoch deutlich, dass es weniger um das Streichen ganzer Programme als um kleinere Kürzungsmaßnahmen geht: „Kleinvieh macht auch Mist.“ Auch zusätzliche Einnahmen wie das Erhöhen der Einschreibegebühren für Studenten von 40 auf 60 Euro schlügen im Etat positiv zu Buche.

Zusätzlich investieren will Grün-Rot hingegen beim Straßenbau (10 Millionen Euro), beim Naturschutz (12 Millionen), beim Hochbau (45 Millionen), bei den sozialpsychologischen Diensten sowie beim Hochwasserschutz. Auch Privatschulen und die Duale Hochschule sollen stärker als bisher bedacht werden.

Gewerkschaft der Polizei warnt vor Einsparungen

Keinerlei Bewegung zeigte sich am Dienstag hingegen bei den Verhandlungen mit den Beamten. Sitzmann und Schmiedel bekräftigten, dass sie außer der 1,5-prozentigen Tariferhöhung, die bereits im Etat berücksichtigt ist, keinerlei Spielraum sehen. Eine zeit- und inhaltsgleiche Übernahme eines darüber liegenden Tarifabschlusses sei nicht möglich. „Wir hoffen auf eine Einigung, aber klar ist, dass wir die Deckungslücke schließen müssen“, sagte Sitzmann. „Alles geht nicht“, ergänzte Schmiedel.

DGB-Landeschef Nikolaus Landgraf, der am Dienstag Gast der SPD-Fraktion war, zeigte sich anschließend tief enttäuscht. „Beim zentralen Punkt, der zeit- und inhaltsgleichen Übertragung der Tarifergebnisse auf die Beamtenbesoldung, gab es keine Annäherung“, sagte er. Unter diesen Vorzeichen werde es mit dem DGB keine Einigung geben.

Auch Rüdiger Seidenspinner, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, warnte vor Einsparungen. Sollte die Landesregierung im Alleingang Kürzungen für die Beamten entscheiden, müsse sie mit Protesten rechnen. Bei den nächsten Wahlen werde sie dann kaum mehr auf die Stimmen der Staatsdiener hoffen können.

CDU wirft der Regierung „Flickschusterei“ vor

Schmiedel wertete es als großen Erfolg, dass die Koalition die Einsparziele erreicht habe. Dennoch müsse das Land im nächsten Jahr 1,796 Milliarden und im übernächsten 1,493 Milliarden Euro neue Kredite aufnehmen. In den Eckdaten vom Sommer waren allerdings ursprünglich nur 1,74 und 1,438 Milliarden Euro vorgesehen, zusammen also knapp 3,2 Milliarden Euro.

CDU-Fraktionschef Peter Hauk warf Grünen und SPD am Dienstag „Flickschusterei“ vor. Mit dem geplanten Doppelhaushalt verstoße sie gegen die Landeshaushaltsordnung. Neue Schulden seien nur erlaubt, wenn das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht gestört sei oder Naturkatastrophen einträten. Angesichts sprudelnder Steuereinnahmen auch in den nächsten beiden Jahren seien zusätzliche Kredite in Höhe von insgesamt 3,3 Milliarden Euro nicht gerechtfertigt. „Wenn Steuereinnahmen sprudeln, muss die Nullverschuldung durchgehalten werden“, so Hauk. Nach derzeitigen Schätzungen könne Baden-Württemberg 2013 mit zusätzlich 1,1 Milliarden und 2014 mit 2,2 Milliarden Euro Steuereinnahmen rechnen, so der CDU-Haushaltsexperte Klaus Herrmann.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke erklärte am Dienstag, die grün-rote Landesregierung sei zu einem „jämmerlichen Ergebnis gekommen“.