Thomas Hitzlsperger ist dem VfB Stuttgart eng verbunden. Foto: dpa

Nach dem Rücktritt von Hansi Müller sucht der Aufsichtsrat des VfB Stuttgart einen Nachfolger mit ähnlicher Sportkompetenz – kommt Hitzlsperger?

Stuttgart - Wenn Hansi Müller an den 27. April zurückdenkt, kommt er bestimmt zu dem Schluss, er wäre an jenem Morgen besser im Bett liegen geblieben – und nicht in das Studio des österreichischen Fernsehsenders Servus TV nach Salzburg gefahren. Dort plauderte er am Abend das aus, was nach der Veröffentlichung in den Stuttgarter Nachrichten ohnehin schon alle wussten – was aber unter das strikte Schweigegelübde fiel, das sich der VfB bis zum Saisonende in der Trainerfrage auferlegt hat. „Alexander Zorniger wird in der neuen Saison den VfB trainieren“, sagte das Aufsichtsratsmitglied Müller (57) und sorgte damit für ein Beben – vor allem hinter der Mauer des Clubheims auf dem Cannstatter Wasen.

Die VfB-Strategen waren entsetzt. Zurückpfeifen konnten sie Hansi Müller nicht, weshalb der Verein sich in einer Stellungnahme erst einmal von ihm distanzierte. Intern, so ist zu hören, sei ihm ein Rücktritt nahegelegt worden – den Müller am Montag prompt vollzog. „Ich habe in der Sendung ohne jedwede Absicht einen Fauxpas begangen, der (. . .) ein im Nachhinein verständliches Medienecho auslöste, das den VfB in seiner aktuellen Situation unnötig belastet“, teilte Müller in einer Presseerklärung mit, „ich bedauere diesen Fehler außerordentlich und ziehe mit meinem Rücktritt die Konsequenzen daraus.“

Die Plauderei hat Hansi Müller also den Job gekostet, und zumindest Bernd Wahler macht nicht den Eindruck, als sei er sonderlich bestürzt darüber. „Diese Entscheidung verdient höchsten Respekt, ist richtig und nachvollziehbar“, sagte der Präsident. Aufsichtsratschef Joachim Schmidt fand immerhin Worte des Bedauerns für den Ex-VfB-Profi und -Vorstand, den der Verein 2011 zum Ehrenmitglied ernannt hat: „Ich schätze Hansi Müller menschlich sehr. Sein Rücktritt tut mir außerordentlich leid.“

„Ohne Not“ gegen Absprachen verstoßen

Allerdings habe er „ohne Not“ gegen Absprachen verstoßen. „Der VfB ist in den vergangenen Monaten extrem geschlossen aufgetreten. Wir hatten uns geschworen, keinerlei Statements in der Trainerfrage abzugeben.“ Deshalb besteht kein Zweifel, dass Schmidt in der Sache auf einer Linie mit Wahler liegt.

Müllers Position im Aufsichtsrat bleibt bis zur nächsten Jahreshauptversammlung vakant. Dann wird der Aufsichtsrat einen Kandidaten präsentieren, über den die Mitglieder abstimmen müssen. „Ich habe drei, vier Namen im Kopf“, sagte der Vorsitzende des Gremiums gegenüber unserer Zeitung: „Wir werden jemanden finden, der VfB-affin ist und sportliche Kompetenz, Erfahrung und Verlässlichkeit mitbringt.“

Bestenfalls gelingt es dem VfB, in diesem Zusammenhang sein Verhältnis zu seinen ehemaligen Vorzeige-Profis zu überdenken und auf einen neuen Sockel zu stellen. Denn die Suche nach einem überzeugenden Müller-Nachfolger, der fachlich unumstritten und bei den Fans angesehen ist, dürfte aus verschiedenen Gründen schwerfallen. Die einen, wie Jürgen Klinsmann (US-Coach), Karlheinz Förster (Spielerberater) oder Ex-Kapitän Frank Verlaat (Versicherungsmakler in Portugal) sind beruflich anderweitig engagiert.

Andere erfüllen entweder das Anforderungsprofil nicht oder kommen, wie der Ex-Präsidentschaftskandidat Helmut Roleder, aus persönlichen Motiven nicht infrage. Und dann gibt es Ex-Spieler wie Karl Allgöwer, die sich in der Vergangenheit gerne engagiert hätten, aber vom Verein regelrecht verprellt wurden – weil der eine oder andere Platzhirsch in der Chefetage keine anderen Götter neben sich geduldet hat.

Präsident Wahler ist beim VfB auch mit dem Anspruch angetreten, den Kontakt zu den Ehemaligen besser zu pflegen und diese enger einzubinden, weshalb die Müller-Nachfolge zur Nagelprobe wird. Thomas Hitzlsperger gilt intern als möglicher Kandidat – die geografische Distanz des Münchners zu seinem Ex-Club würde seine Rolle als sportlicher Berater nicht beeinträchtigen.

Ebenso Jens Lehmann, auch wenn der ehemalige Torhüter mit seiner zuweilen sperrigen Art nicht überall auf Gegenliebe stößt. Wie schnell es vorbei sein kann mit der ungetrübten Akzeptanz im Umfeld, hat im Übrigen auch Hansi Müller erfahren. Seit 2011 saß er im Aufsichtsrat. Vor seiner Wahl kritisierte er die Opposition und Teile der Fans. Viele haben ihm das nie vergessen.