Martin Strobel beim Wurf im Spiel gegen ­Russland: Der Balinger spielt bisher eine ­überragende ­Weltmeisterschaft – im Fernsehen sehen können dies nur wenige Handball-Fans Foto: dpa

Es ist ein bisher souveräner Auftritt der deutschen Handball-Nationalmannschaft bei der WM. Nun steht das Duell gegen Gastgeber Katar an. Doch nur wenige Fans können die Spiele sehen, weil sie nur beim Pay-TV-Sender Sky ausgestrahlt werden.

Stuttgart - Deutschland ist im Handball-Fieber und die Fan-Gemeinde dürfte an diesem Mittwoch (16.30 Uhr/Sky) noch größer werden, wenn das Team von Bundestrainer Daguar Sigurdsson im Viertelfinale auf die Mannschaft von Katar trifft. Die kollektive Euphorie wird dadurch gebremst, dass sich die Freudenausbrüche der Fans in privaten Wohnungen abspielen oder in Kneipen – eben dort, wo Gastgeber ein Sky-Abo haben.

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ARD und ZDF hatten die Verhandlungen über die WM-Rechte im Dezember 2014 abgebrochen. Nach ihren Angaben hatte der Rechteinhaber beIN Sports – eine Tochterfirma des Fernsehimperiums Al Jazeera – darauf bestanden, dass die Satellitenübertragungen nicht außerhalb Deutschlands zu empfangen sind. Das konnten weder ARD und ZDF und auch nicht Sport1 gewährleisten, bei dem man sonst die Handball-Bundesliga verfolgen kann. Sky bekam den Zuschlag und bot Neukunden einen Zwei-Jahres-Vertrag für Champions League, Premier League, Golf und Handball für schlappe 16,90 Euro. Die Fußball-Bundesliga kann für acht Euro hinzu gebucht werden. Macht zusammen 24,90 Euro pro Monat.

Die wahren Handball-Fans haben auch an Spielen ohne deutsche Beteiligung Spaß. 50 Spiele anderer Teams zeigt Sky nämlich kostenlos als Stream mit englischem Kommentar auf seiner Internetseite. Beim Radiosender SWR1 kann man zumindest hören, wie die Jungs um Kapitän Uwe Gensheimer von Erfolg zu Erfolg getrieben werden.

Jürgen Schweikardt, Geschäftsführer beim Handball-Bundesligisten TV Bittenfeld, ist angetan von der Sky-Berichterstattung. „Das ist für alle Handball-Fans ein Qualitätssprung. Aber es ist natürlich schade, dass viele ausgeschlossen sind“, sagt Schweikardt. Sein Zweitligateam hat am Mittwoch trainingsfrei, um die Partie verfolgen zu können, laut Schweikardt in Kleingruppen privat.

So halten es die meisten. Die Profis von Frisch Auf Göppingen verfolgen die Auftritte ihrer Kollegen im clubeigenen Presseraum, der medial optimal ausgerüstet ist. „Ich tippe auf Deutschland, aber es wird eine enge Kiste“, sagt Alexander Kolb, Leiter Spielbetrieb und Organisation. Die Anhänger von Frisch Auf verfolgen die Spiele in der Citybar in Göppingen. Auch in Stuttgart zeigen die meisten Kneipen mit Sky-Abo auch die Handball-Spiele. Im Palm Beach neben der Porsche Arena werden es täglich mehr. Reservieren muss man aber noch nicht. Das gilt auch für die Sportgaststätte der Spvgg Stuttgart Ost, die auf insgesamt drei Fernsehern die Spiele zeigt – für Raucher und Nichtraucher. Mit zwei Flachbildschirmen ist auch das Seekneiple am Feuersee ausgerüstet.

Der Andrang hält sich deshalb überall in Grenzen, weil die Anwurfzeiten nicht gerade arbeitnehmerfreundlich sind. Auch das Spiel gegen Katar startet bereits um 16.30 Uhr. Eine Zeit, bei der auch Pascal Morgant, Trainer bei den Bundesliga-Handballfrauen des TV Nellingen, noch in der Halle steht. „Ich hab deshalb bislang nur Ausschnitte gesehen und informiere mich hauptsächlich aus der Zeitung“, sagt der Coach. Gegen Katar will er aber auch live dabei sein und traut der deutschen Formation einen Sieg mit fünf Toren Vorsprung zu.

Andrea Schilling-Hutzel, Jugendleiterin bei der Handballabteilung der Stuttgarter Kickers, findet es „schade, dass es kein Public-Viewing in einer kleinen Halle gibt“. Sollten die deutschen Handballer weiter an ihrem Winter-Wüsten-Märchen schreiben, ist das zumindest für das Finale nicht ausgeschlossen.

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