Frisch Auf Göppingen steht im Finale des EHF-Pokals. Foto: dpa

Die in der Liga so schwachen Göppinger Handballer spielen sich im EHF-Pokal-Halbfinale in einen Rausch und besiegen den SC Magdeburg mit 33:29. An diesem Sonntag um 17 Uhr kann gegen die Füchse Berlin der sechste Europapokaltitel erreicht werden.

Stuttgart - Als die 60 Minuten im Tollhaus EWS-Arena vorüber waren, kannte der Jubel bei den Fans von Handball-Bundesligist Frisch Auf Göppingen keine Grenzen. „Finale, oh, oh“ tönte es durch die Halle. Die Mannschaft hüpfte vor Begeisterung und Trainer Magnus Andersson lag sich mit Geschäftsführer Gerd Hofele in den Armen. Im Halbfinale um den EHF-Pokal besiegte Frisch Auf den SC Magdeburg mit 33:29 (16:14) und steht damit an diesem Sonntag um 17 Uhr im Endspiel gegen die Füchse Berlin. Der von Velimir Petkovic trainierte Hauptstadtclub setzte sich im zweiten Halbfinale gegen Saint Raphael aus Frankreich deutlich mit 35:24 (17:10) durch. „Es war schon bei meinem Antritt in Berlin im Dezember mein Wunsch, in Göppingen den Pokal zu holen“, sagte der ehemalige Frisch-Auf-Trainer, „wir haben im Halbfinale eine phänomenale Leistung gezeigt. Ein Finale spielt man nicht. Ein Finale gewinnt man.“

So sehen das allerdings auch die Göppinger. „Nein, was sich heute abgespielt hat, das kann man rational nicht erklären. Das ist einfach Sport“, sagte Göppingens Rückraum-Routinier Zarko Sesum.

Und der schreibt eben manchmal die verrücktesten Geschichten. Sesum schuftete im Innenblock, erzielte neun Tore. In der Liga läuft der serbische Nationalspieler und die komplette Mannschaft ihrer Form meilenweit hinterher. 21:39 Punkte stehen zu Buche. Frisch Auf steckt vier Spieltag vor Saisonende im Kampf gegen den Abstieg. Gegner Magdeburg hat 43:15 Punkte, war zuletzt wettbewerbsübergreifend in 22 Spielen ungeschlagen geblieben, die Mannschaft von Triner Bennet Wiegert strotzte vor Selbstvertrauen. Und dann fegt der Bundesliga-Zwölfte den Bundesliga-Fünften aus der Halle.

„Die Fans haben uns unglaublich nach vorne gepeitscht“

„Das war sensationell. Die Fans haben uns unglaublich nach vorne gepeitscht. Es herrschte eine Wahnsinns-Stimmung. Und wir haben eine Energieleistung hingelegt, wie man es nicht jede Woche schafft“, jubelte Kapitän Manuel Späth.

Aber vielleicht jeden Tag? „Wir freuen uns riesig auf das Finale am Sonntag und werden noch einmal alles geben und versuchen das gleiche Feuer zu entfachen“, sagte Trainer Magnus Andersson. Wie sich der in der Kritik stehende Coach die wundersame Wandlung erklärte? Der Schwede zuckte mit den Achseln – dann schob er hinterher: „Alles Kopfsache.“

Im Gegensatz zu den Ligaspielen präsentierte sich Frisch Auf von der ersten Sekunde an hellwach, konzentriert und diszipliniert. In Angriff und Abwehr. Und im Tor steigerte sich Primoz Prost im Laufe der Partie zu einer Weltklasse-Leistung. Insgesamt zeigte der 33-jährige slowenische Nationalkeeper 17 Paraden.

In der enorm temporeichen Begegnung konnte sich Frisch Auf beim 13:9 (19.) erstmals auf vier Tore absetzen. Nach der Pause erhöhte Göppingen auf 26:21 (49.). Langsam glaubten die 4200 Zuschauer in der nicht ausverkauften EWS-Arena (darunter 300 lautstarke Magdeburger) an die Überraschung. Der SCM, mit dem überragenden Michael Damgaard (8), dessen Bruder Allan in der neuen Saison nach Göppingen wechselt, ließ nicht locker. Näher als auf 30:28 (58.) ließ das fantastisch kämpfende Frisch-Auf-Team den Gegner nicht rankommen.

Linksaußen Marcel Schiller, mit 8/2 Treffern zweitbester Göppinger Werfer, machte mit seinem Tor zum 31:28 alles klar. Der Rest war Jubel. Und der reaktivierte Christian Schöne gab das Motto aus: „Jetzt schnell ab in die Eistonne.“

Schließlich geht es an diesem Sonntag gegen die Füchse Berlin. Mit einem Sieg hätte Frisch Auf den sechsten Europapokaltitel der Vereinsgeschichte nach 1960, 1962, 2011, 2012 und 2016 sicher. Und wäre zudem in der neuen Saison erneut für einen europäischen Wettbewerb qualifiziert. Für das Spiel um Platz drei (14.30 Uhr) und das Finale (17 Uhr) gibt es noch Stehplatztickets.