Freut sich über seinen Freispruch: Michael Kraus Foto: Baumann

Für Verfehlungen im Anti-Doping-Kampf gibt es die kuriosesten Ausreden. Die neueste Erklärung stammt von Michael Kraus. Weil die Elektrik in seinem neuen Reihenhaus noch nicht komplett installiert war, darf er ab sofort wieder Handball spielen. Für Frisch Auf Göppingen. Und für das Nationalteam.

Für Verfehlungen im Anti-Doping-Kampf gibt es die kuriosesten Ausreden. Die neueste Erklärung stammt von Michael Kraus. Weil die Elektrik in seinem neuen Reihenhaus noch nicht komplett installiert war, darf er ab sofort wieder Handball spielen. Für Frisch Auf Göppingen. Und für das Nationalteam.

Göppingen - 38 Tage lebte Michael Kraus in der Ungewissheit, wie es weitergeht mit seiner Handball-Karriere. Die letzten drei deutschen Athleten, die sich innerhalb von 18 Monaten drei Verstöße gegen die Meldepflicht der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) geleistet hatten, waren zumindest für ein Jahr gesperrt worden. Für Kraus (30) ist es besser gelaufen – seine Suspendierung, die seit dem 21. Juli galt, wurde aufgehoben. Wenn er nicht einen so großen Trainingsrückstand hätte, könnte er schon an diesem Freitag (19.45 Uhr) im Spiel bei der TSG Friesenheim wieder für Bundesligist Frisch Auf Göppingen auflaufen. „Für Mimi ist das Urteil extrem wichtig. Eine Sperre hätte ihn existenziell gefährdet“, sagte FAG-Geschäftsführer Gerd Hofele, „und auch wir sind froh: Wir haben Planungssicherheit. Und wir können unsere Energie jetzt wieder für effektivere Dinge verwenden.“

In der mündlichen Verhandlung am Mittwoch vor der fünfköpfigen Anti-Doping-Kommission des Deutschen Handball-Bundes (DHB) in einem Hamburger Hotel ging es vor allem um den Meldeverstoß am 20. November 2013. Damals hatte ein Dopingkontrolleur an der Tür des Reihenhauses von Kraus geläutet. Der Handballer und seine schwangere Freundin Isabel gaben als Zeugen vor der Kommission an, die Klingel nicht gehört zu haben. Und der Kontrolleur konnte nicht bezeugen, dass es tatsächlich einen Klingelton gegeben habe. Auch die Tatsache, dass an dem Neubau zahlreiche Installationsarbeiten noch nicht beendet gewesen seien, sprach nach Ansicht der Kommission für Kraus. Bei dieser Kontrolle sei dem Nationalspieler „kein Verschulden nachzuweisen“, erklärte die Vorsitzende und DHB-Vizepräsidentin Recht Anja Matthies, „damit gibt es keine Grundlage für eine Sperre.“

Ob die Nada dies auch so sieht? Fakt ist: Zwei Meldeverstöße innerhalb von 18 Monaten sind noch kein Verstoß gegen die Anti-Doping-Regeln – insofern beschritt die DHB-Kommission den einzigen Weg, der Kraus eine Sperre erspart. Allerdings saß in Hamburg, als der dritte Verstoß kassiert wurde, auch Nada-Vorstandsmitglied Lars Mortsiefer als Beobachter mit am Tisch – es ist also eher nicht zu erwarten, dass die Nada gegen den Freispruch vorgehen wird, obwohl Mortsiefer ankündigte, das Urteil eingehend prüfen zu wollen. Eine Rolle wird bei dieser Prüfung auch spielen, dass Kraus für die Dopingfahnder kein Unbekannter ist: Seit 2008 wurde der Handballer 24 mal getestet, darunter waren zwei Blutkontrollen. Alle Tests fielen negativ aus.

Es sieht so aus, als könnte sich der Rückraumspieler nun wieder voll auf Handball konzentrieren. Weil er wegen seiner Sperre und einer Verletzung einen Großteil der Saisonvorbereitung verpasst hat, dürfte es aber noch die eine oder andere Woche dauern, ehe Frisch-Auf-Coach Magnus Andersson wieder auf ihn bauen wird. Ob Dagur Sigurdsson auf Kraus setzt, wird sich am Dienstag zeigen. Dann gibt der neue Bundestrainer in Stuttgart sein Aufgebot für die Länderspiele gegen die Schweiz am 20. September in Göppingen und 21. September in Ulm bekannt.

Unabhängig davon, wie schnell er sportlich wieder in die Gänge kommen wird, wartet auf Kraus noch ein unangenehmer Termin. FAG-Geschäftsführer Hofele hat angekündigt, sich sein schlampiges Genie noch einmal vornehmen zu wollen: „Ich werde mit ihm ein sehr intensives Gespräch führen.“