Göppingens Marcel Schiller (li.) gegen Darko Stanic: Der überragende Bietigheimer Torwart war nur schwer zu bezwingen Foto: Baumann

Die Fans aus beiden Lagern sorgen in der ausverkauften Arena in Ludwigsburg für prickelnde Atmosphäre. Auch beide Torhüter halten überragend. Dennoch kann nach dem überraschenden 29:25 der SG BBM Bietigheim gegen Frisch Auf Göppingen die Gemütslage bei den württembergischen Rivalen unterschiedlicher nicht sein.

Göppingen - Frisch Auf Göppingen: Marcel Schiller lehnte mit dem Handtuch über dem Kopf am Torpfosten. Anton Halen saß wie ein Häuflein Elend auf dem Boden der MHP-Arena. Felix Lobedank presste den Satz durch die Lippen: „Ich schäme mich für unsere Leistung.“ Die Spieler des Handball-Bundesligisten Frisch Auf Göppingen wussten nach dem blamablen 25:29 (9:7) im Derby beim Aufsteiger genau, welch erbärmliche Vorstellung sie abgeliefert hatten. 22 Gegentore kassierte der Tabellenfünfte nach der Pause beim Schlusslicht. Und Trainer Magnus Andersson war zum ersten Mal, seit er im vergangenen Sommer aus Schweden zum Traditionsclub gewechselt war, so richtig geplättet. „Gerade fühle ich mich so schlecht wie noch nie in meinem Trainerleben. Ich bin schockiert“, sagte der ehemalige Weltklasse-Spielmacher 20 Minuten nach dem Abpfiff. Immer wieder schüttelte er in den Katakomben ungläubig den Kopf: „Wie können so viele gute Spieler nur so unglaublich viele Fehler machen?“, fragte er sich. Die Antwort konnte ihm an diesem Abend keiner geben.

Einen Spieler musste er von seiner Pauschalkritik ausnehmen: Torwart Nikola Marinovic (38). Den österreichischen Nationalkeeper hatte Andersson trotz der sehr guten Leistung von Stammkeeper Primoz Prost im Spiel zuvor in Balingen (30:24) zwischen die Pfosten gestellt. Und Marinovic dankte es: Er hielt in Bietigheim überragend, zeigte 18 Paraden – und empfahl sich für eine Vertragsverlängerung. Obwohl neben Prost auch Bastian Rutschmann (Rhein-Neckar Löwen) für die neue Saison bereits einen Vertrag besitzt. Doch dieses Luxusproblem rückte nach dem Derby-Debakel in den Hintergrund. „Diese zwei verschenkten Punkte werden uns noch wehtun“, prognostizierte Kreisläufer Manuel Späth – allerdings nicht im DHB-Pokal-Wettbewerb: Da will Frisch Auf an diesem Mittwoch (19.30 Uhr) bei GWD Minden ins Viertelfinale einziehen.

SG BBM Bietigheim: Die Spieler des Aufsteigers feierten mit ihren Fans unter den 3800 Zuschauern in der ausverkauften Arena so ausgelassen, als hätten sie gerade die Champions League gewonnen. „Man merkt, welch enorme Last von den Spielern abgefallen ist“, sagte Trainer Hartmut Mayerhoffer. Schon häufig hatte der Neuling in dieser Saison ganz passabel gespielt, aber in der Schlussphase leichtfertig den Sieg aus der Hand gegeben. Diesmal bewahrte die SG BBM kühlen Kopf. „Das war unser mit Abstand bestes Spiel über 60 Minuten“, jubelte Mayerhoffer nach dem dritten Saisonsieg.

Sein Team hatte sich mit bewundernswerter Energie in einen Rausch gespielt. Zwei Spieler ragten aus diesem starken Kollektiv heraus: Torwart Darko Stanic (36) und Kapitän Timo Salzer (30). Der Rückraumspieler erzielte 9/2 Tore und war trotz der Nationalspieler Tim Kneule und Michael Kraus auf der Gegenseite an diesem Abend der beste Spielmacher auf dem Feld. Dass zu Salzers elf Länderspieleinsätzen (aus seiner Zeit bei der HSG Wetzlar) jetzt weitere dazukommen, glaubt er trotz der Gala nicht. „Darüber mache ich mir wirklich keine Gedanken“, versicherte Salzer glaubhaft. Er konzentriert sich auf die SG. Genauso wie Stanic. Die Nachverpflichtung aus Serbien wartete mit einer Weltklasse-Leistung auf. Und das ausgerechnet gegen Göppingen, wo er 2012 schon einen Vertrag unterschrieben hatte und dann doch einen Rückzieher machte. Weshalb er von den 400 Frisch-Auf-Fans am Samstag gnadenlos ausgepfiffen wurde. Für die SG ist der Routinier der wichtigste Trumpf. „Dank Darko Stanic im Tor wissen wir, dass nicht jeder Fehler in unserer Deckung sofort bestraft wird“, sagte Rückraummann Robin Haller.

Jetzt hoffen die Bietigheimer, dass das erfolgreiche Derby-Spektakel die Initialzündung im knallharten Kampf gegen den Abstieg war. Wichtige Aufschlüsse gibt es schon am kommenden Samstag: Dann geht es um 15 Uhr in der Stuttgarter Porsche-Arena gegen Gastgeber HBW Balingen-Weilstetten.

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