Foto: AP

Die Stadt stellt das Programmheft „Hallo Kinder“ ein. Vereine müssen nun selbst für sich werben.

Stuttgart - Ein fröhlich winkender Drache mit roter Basecap – das ist das Signet des Ferienprogramms „Hallo Kinder“. In der Broschüre finden Eltern alle Freizeitangebote, die die Stadt und mehr als 300 Stuttgarter Vereine Kindern und Jugendlichen während der Sommerferien bieten. „Ab 2012 wird es die Hallo Kinder-Broschüre in der bekannten Form leider nicht mehr geben“, teilt der Stadtjugendring am Dienstag in seinem Newsletter mit.

Das ist die Konsequenz aus einem Rechtsstreit zwischen der Stadt Stuttgart und dem gemeinnützigen Verein „Schützer der Erde“. Er war als einziger Verein in der Broschüre bisher nicht berücksichtigt, obwohl er laut seiner Website „seit 2003 Ferienangebote in Degerloch“ macht. Das Jugendamt hatte dem Verein die Aufnahme verweigert mit dem Hinweis darauf, dass dessen ehemaliger Vorstand Thomas Müller-Schöll der religiösen Gruppierung „Universelles Leben“ nahestehe. Müller-Schöll bestätigt dies, jedoch wird die Gruppierung von Sektenbeauftragten der Amtskirchen wegen ihrer totalitären Strukturen als Sekte eingestuft.

Im Dezember 2011 hat sich der Verein die Aufnahme in das Programmheft vorm Verwaltungsgericht erfolgreich erstritten. Nach Ansicht der Juristen stellt die Broschüre eine Förderung freier Träger dar, die dem gemeinnützigen Verein nicht verwehrt werden dürfe.Um dies zu verhindern, zieht die Stadt nun ihren letzten Joker: In diesem Sommer wird es das Programmheft in der bisherigen Form nicht mehr geben, verzeichnet werden darin nur noch die eigenen Angebote der Stadt Stuttgart.

Internet erreicht nicht alle Eltern

Unter den Tisch fällt damit auch die Veröffentlichung alle anderen Angebote in der Stadt. „Ich bedaure das unendlich, denn die Eltern hatten damit einen hervorragenden Überblick“, sagt die Kinderbeauftragte Roswitha Wenzl. In dem städtischen Programmheft soll nur noch ein Hinweis darauf zu finden sein, wo Eltern künftig die Infos der anderen Anbieter finden können. Sie müssen in diesem Jahr wohl oder übel „selbst publizieren“, wie Roswitha Wenzl sagt.

Die Sportkreisjugend mit Sitz in Bad Cannstatt ist einer der größten Anbieter von Ferienprojekten, auch während der Pfingst- und Herbstferien. „Wir prüfen momentan, ob eine gemeinsame Internetplattform eine Lösung sein könnte“, sagt der Leiter der Geschäftsstelle, Michael Bulach. Allerdings erreiche man damit längst nicht alle Eltern und es stelle sich die Frage, wer die Einträge verantworte und pflege.

Für das kommende Jahr bietet sich der Stadtjugendring für eine Alternative an: „Wir sind selbstständig, wir sind frei in unserer Budgetplanung, das heißt, wir könnten die Produktion und Pflege des Ferienprogramms übernehmen“, sagt Geschäftsführer Rainer Mayerhoffer. Der Vorstand müsse dies aber erst noch beschließen.

Verein will 40.000 Euro Schadensersatz

Zuvor aber braucht Mayerhoffer Planungssicherheit. Er will seine Idee mit dem Chef des Jugendamts, Bruno Pfeifle, sowie mit den Gemeinderatsfraktionen besprechen. Sollten Ämter und Gremien zustimmen, will Mayerhoffer im Jugendhilfeausschuss die offizielle Anfrage stellen. „Um sich juristisch nicht angreifbar zu machen, müsste die Stadt den Zuschuss allerdings ins allgemeine Budget des Stadtjugendrings einzahlen, nicht zweckgerichtet zur Herstellung der Broschüre.“

Eine weitere Klage wollen Stadt und Jugendamt möglichst vermeiden. Nach wie vor ist der gerichtliche Streit mit dem Verein „Schützer der Erde“ nicht ausgestanden. Der Verein hat Klage beim Landgericht eingereicht – und zwar auf Schadensersatz für die Kosten, die er für die Veröffentlichung seiner Angebote gehabt hat. Thomas Müller-Schöll, der seit Mitte 2010 seinen Vorstandsposten geräumt hat, gibt den Aufwand für „Flyer, Anzeigen sowie Aufträge an eine freiberufliche PR-Frau“ mit „rund 40 000 Euro für die Jahre 2005-2011 an. Die Verhandlung findet am 15. Mai statt.