Die Haselmaus ist keine Maus, sondern die kleine Verwandte des Siebenschläfers. Foto: Archiv

Der Bau eines Kanals durch den Haldenwald in Stuttgart-Sonnenberg könnte die Haselmäuse gefährden. Falls es sie dort gibt. Wir haben mit den Verantwortlichen gesprochen und alle Infos zusammengestellt.

Sonnenberg - Niedlich sieht sie aus. Ein bisschen wie ein Hamster mit einem langen buschigem Schwanz, großen dunklen Knopfaugen und kleinen runden Ohren. Die Tierchen sind mausegroße, mauseschwer und mauseflink. Aber es sind keine Mäuse. Der Name täuscht. Die Haselmaus gehört zu den Schlafmäusen oder Bilchen. Sie ist die kleine Verwandte des Siebenschläfers. Die Deutsche Wildtier Stiftung hat sie gemeinsam mit der Schutzgemeinschaft Deutsches Wild zum Wildtier des Jahres 2017 gewählt. Damit wollen die Organisationen auf die bedrohte Tierart aufmerksam machen. Nach Aussagen der Deutschen Wildtier Stiftung sind die Nager bereits in mehreren Bundesländern gefährdet und in Sachsen-Anhalt sogar vom Aussterben bedroht.

Im Haldenwald soll es sie aber noch geben. „Uns wurde gesagt, dass dort Haselmäuse vorkommen sollen“, formuliert es Hagen Dilling eher vorsichtig. Er ist der Leiter der Forstabteilung beim Garten-, Friedhofs- und Forstamt und fügt gleich hinzu: „Mir ist aber noch kein konkreter Nachweis bekannt, dass es dort wirklich Haselmäuse gibt.“

Im Haldenwald hängen derzeit etliche Tubes

Um das herauszufinden, hängen in dem Waldstück zwischen Sonnenberg und Kaltental aktuell etliche schwarze Boxen in den Ästen. Sie sind in etwa so groß wie eine Butterkeksschachtel. Damit die Gutachter die Boxen im Gestrüpp finden, sind die Bäume mit einem Stück rot-weiß-gestreiften Absperrband markiert. Das Stuttgart Büro GLU Planungsgemeinschaft Gruen, Landschaft, Umwelt hat die Kästen, im Fachjargon Tubes genannt, im Mai aufgehängt. Zu dieser Zeit sind die Haselmäuse im Haldenwald, wenn es sie denn gibt, aus ihrem Winterschlaf erwacht.

Das Gutachterbüro wurde von der Stadt beauftragt, genauer gesagt vom Eigenbetrieb Stadtentwässerung Stuttgart (SES). Der Grund sind geplante Bauarbeiten: „Voraussichtlich von 2019 an wird in der Falkenstraße ein Regenüberlaufkanal entstehen“, sagt Ekkehardt Schäfer. Er ist Abteilungsleiter bei der SES und fügt hinzu: „In diesem Zuge muss auch ein Entlastungskanal im Haldenwald gebaut werden, allerdings mit einem Vortrieb in geschlossener Bauweise.“ Das bedeute, dass es nur da und dort einen Schacht geben werde, von denen aus die Rohre durch die Erde gedrückt werden. Die Beeinträchtigungen für den Wald sind damit geringer. „Wir arbeiten größtenteils unterirdisch. An der Waldoberfläche wird man davon nicht viel sehen“, sagt Ekkehardt Schäfer.

Dennoch ist für die Kanalbaumaßnahme eine naturschutzrechtliche Genehmigung erforderlich. Und für dieses wird auch untersucht, ob es im Haldenwald Haselmäuse gibt. „Bei den aufgehängten Röhren handelt es sich nicht um Fallen, sondern um mögliche Nisthöhlen ohne Verschluss für Haselmäuse“, erklärt Schäfer. Anschließend werde überprüft, ob sie von den Nagern genutzt wurden. So können Experten Rückschlüsse auf eine Population im Haldenwald ziehen. Den Regenüberlaufkanal muss die Stadt bauen, um Vorgaben der Europäischen Union zu erfüllen. Er soll verhindern, dass bei Starkregen der Schmutz unbehandelt in Flüsse oder Bäche geschwemmt wird. „Bis 2020 muss das erledigt sein“, sagt Schäfer.

Infos zur Haselmaus

Die Haselmaus bevorzugt artenreiche Waldränder. Weil diese immer seltener werden, sind ihre Lebensräume und damit die Tiere bedroht. Die Haselmaus baut kugelige Sommernester aus Gras und Laub, und zwar bevorzugt in Baumhöhlen oder in Hecken zwischen Brombeerranken. Weil Baumhöhlen rar sind, gibt sich die Haselmaus auch mit Nistkästen zufrieden. Die Haselmaus hält Winterschlaf. Dann sinkt die Temperatur auf vier Grad Celsius und das Herz schlägt nur noch ganz langsam. Wenn sie im Frühjahr aufwacht, ernährt sie sich von Knospen, Blüten und Pollen. Zudem mag sie kleine Insekten, Beeren, Eicheln und natürlich Haselnüsse.

Die Haselmaus ist etwa fünf Zentimeter lang und, wenn sie Männchen macht, sieben Zentimeter hoch. Die Nager wiegen zwischen 15 und 35 Gramm. Im Juni und manchmal noch einmal im September bekommen die Weibchen zwei bis sechs Junge. Sie bleiben sechs bis acht Wochen bei der Mutter. Die Tiere können sechs Jahre alt werden.