Erinnerung an bessere Tage: Bei der Eröffnung des Hugo-Boss-Stores in Hongkong posieren 2014 Prominente wie die kanadische Schauspielerin Ellen Wong (Zweite von links) und das chinesische Model Monica Chan (Dritte von links) auf dem roten Teppich. Mittlerweile laufen die Geschäfte des Modekonzerns in Asien nicht mehr rund. Foto: Getty Images AsiaPac

Der Metzinger Modekonzern verzeichnet im ersten Halbjahr einen Umsatz- und Ergebnisrückgang. Für wichtige Märkte wie Asien und Amerika bleiben die Aussichten düster. Boss kündigt weitere Filialschließungen an und korrigiert seine Jahresprognose abermals nach unten.

Stuttgart - Die Geschäfte von Hugo Boss kommen nicht in Gang. Besonders die hohen Umsatzeinbußen in Asien und den USA belasten den Metzinger Modekonzern. „Die Bekleidungsbranche ist in einem schwierigen Marktumfeld, dem kann sich auch Hugo Boss nicht entziehen“, sagte Vorstandschef Mark Langer am Freitag bei einer Telefonkonferenz.

Das Kundenverhalten habe sich „fundamental geändert“, dies sei keine „temporäre Erscheinung“, so Langer. Daher müsse der Konzern „schneller, flexibler, digitaler und kundenorientierter“ werden. Das Online-Geschäft soll weiter ausgebaut und besser mit dem stationären Handel verknüpft werden. Außerdem wolle man künftig rascher auf neue Modetrends reagieren und neue Kollektionen zügiger in die Läden bringen. Erste positive Effekte dieser Strategie erwartet Langer nicht vor 2017. Seine mittelfristigen Ziele und Maßnahmen will er erst im November verkünden.

Operativer Gewinn bricht um 55 Prozent ein

Hugo Boss verzeichnete im zweiten Quartal einen Umsatzrückgang von vier Prozent auf 622 Millionen Euro. Sonderaufwendungen und Sanierungskosten von 51 Millionen Euro ließen den operativen Gewinn um 55 Prozent auf 56,6 Millionen Euro einbrechen. Das Konzernergebnis sackte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar um 84 Prozent auf elf Millionen Euro ab. Der Umsatz im ersten Halbjahr lag mit 1,26 Milliarden Euro ebenfalls um vier Prozent unter dem Vergleichszeitraum.

Dass der Umsatzrückgang nicht noch deutlicher ausgefallen ist, verdankt Boss der relativ stabilen Nachfrage in Europa. Im Kernmarkt verzeichneten die Metzinger im vergangenen Quartal ein Wachstum von vier Prozent. Im gesamten ersten Halbjahr legten die Umsätze allerdings lediglich um ein Prozent zu. Ein Grund dafür sei das nachlassende Geschäft mit Touristen infolge der jüngsten Terroranschläge.

Verkaufspreise in China wiederholt gesenkt

Chinesische Touristen könnten noch einen weiteren Grund haben, weniger in Europa einzukaufen. Boss hat seine Verkaufspreise in China zuletzt wiederholt abgesenkt. Der Konzern reagierte damit darauf, dass die Kunden das im Vergleich zu Europa oder Amerika erheblich höhere Preisniveau nicht mehr akzeptierten. Bei der Bilanzvorlage im März hatte Mark Langer dieses Beispiel gegeben: „Wenn ein Anzug in Deutschland 500 Euro kostet, kostet er in Frankreich 600 Euro und in China 900.“ Weitere Preissenkungen schloss der Boss-Chef nicht aus. Die sinkende Verkaufserlöse in Asien (minus sechs Prozent) sowie Amerika (minus 14 Prozent) lasten schwer auf der Bilanz.

Sogar noch deutlicher als in den beiden Absatzregionen waren die Umsatzeinbußen in den jeweils größten Ländern dieser Regionen: Im chinesischen Markt verzeichnete Boss im Zeitraum April bis Juni einen Umsatzrückgang von 16 Prozent in lokalen Währungen, in den USA brachen die Erlöse sogar um 21 Prozent ein. In den Vereinigten Staaten habe man bewusst auf Umsätze verzichtet, „um sich markenschädigenden Rabattaktionen zu entziehen“, sagte Langer. Der Konzern trennte sich in den vergangenen Monaten von mehreren Vertriebspartnern im US-Großhandel. Bei anderen wie den Kaufhäusern Saks und Macy’s verkaufen die Deutschen ihre Produkte künftig selbst, auf sogenannten Shop-in-Shop-Flächen.

Bewusst auf Umsätze verzichtet

Als Reaktion auf die schleppenden Geschäfte im ersten Halbjahr korrigierte der Modekonzern seine Prognose für 2016 abermals nach unten. Der Vorstand hält nun einen Umsatzrückgang von drei Prozent für möglich, bestenfalls gebe es eine Stagnation. Bisher war man von einem leichten Umsatzplus ausgegangen. Für das operative Ergebnis (bereinigtes Ebitda) erwartet das Unternehmen einen Rückgang zwischen 17 und 23 Prozent. Im Jahr 2015 verbuchte Hugo Boss ein Ebitda von 594 Millionen Euro, der Umsatz erreichte 2,8 Milliarden Euro.

Der Umsatz im für die Metzinger immer wichtiger gewordenen eigenen Einzelhandel geht auch deswegen zurück, weil die Zahl der Verkaufsflächen sinkt. Zusätzlich zu den bereits angekündigten Schließungen in China würden in den kommenden 18 Monaten rund 20 Geschäfte weltweit geschlossen, kündigte der Boss-Chef an. Von den Schließungen seien alle drei großen Marktregionen Europa, Asien und Nordamerika betroffen. Insgesamt betreibt Boss derzeit rund 440 freistehende Filialen in Eigenregie. Bei den Schließungen handele es sich zum Teil um sehr große Standorte, die nicht profitabel seien. Insgesamt spricht Langer von einer deutlichen Verlangsamung der weltweiten Expansion. „Wir werden uns nur noch punktuell von Filialen trennen oder neue eröffnen.“ In den vergangenen Jahren hatte das Bekleidungsunternehmen sein weltweites Filialnetz deutlich ausgebaut. Es umfasst inklusive Shop-in-Shop-Flächen und Outlet-Stores etwa 1100 sogenannte Verkaufspunkte.

Die Investoren beruhigte Langer: Zwar werde 2016 kein Wachstumsjahr für das Unternehmen, dennoch sei das Geschäft weiterhin kerngesund: „Wir werden deutlich zweistellige Margen erwirtschaften.“