Guido Buchwald spielte 15 Jahre lang für beide Stuttgarter Clubs. Foto: Baumann

Die VfB- und Kickers-Legende Guido Buchwald trifft der Stuttgarter Fußball-Abstieg gleich doppelt. Er geißelt One-Man-Shows in den Führungsebenen und hält die Kickers für eine Söldnertruppe.

Stuttgart - Weltmeister Guido Buchwald sieht Parallelen zwischen dem Abstieg des VfB und dem der Stuttgarter Kickers.

Herr Buchwald, haben Sie die Fassung wieder erlangt? Am Samstag musste man sich ja ganz schön Sorgen um Sie machen.
Nach dem Spiel des VfB in Wolfsburg war ich zunächst unglaublich sauer. Das ist inzwischen einer großen Enttäuschung gewichen. So richtig kann ich das alles noch immer nicht begreifen.
Sie waren in Wolfsburg live dabei.
Weil ich dachte, die Mannschaft gibt noch einmal alles. In der Halbzeit dachte ich dann aber nur: Was ist das denn? Da war keine Mannschaft auf dem Platz, kein Zusammenhalt. Ich habe nur elf Spieler gesehen, die irgendwie vor sich hinkicken.
Und dann haben Sie Wolfsburg auch noch vom Abstieg der Stuttgarter Kickers, ihrem zweiten Ex-Verein, erfahren?
Das war während des VfB-Spiels. Ich dachte nur: Das darf doch alles gar nicht wahr sein.
Die Kickers. . .
. . . hatten doch alles in der eigenen Hand. Ich war mir sicher, dass der Abstieg kein Thema mehr sein wird. Bis in Wehen in der Nachspielzeit das dritte Tor fiel.
Wie sehr berührt Sie der Stuttgarter Abstiegs-Gau?
Sehr natürlich. Das ist ein trauriger Tag für die Fußballstadt Stuttgart und die ganze Region. Man mag es sich kaum vorstellen bei den vorhandenen wirtschaftlichen Möglichkeiten.
Am Geld hat’s nicht gelegen.
Das nicht. In beiden Vereinen wurden in der Vergangenheit im sportlichen Bereich zu viele Fehler gemacht. Insofern sind beide Abstiege auch folgerichtig.
Die Versäumnisse beim VfB wurden hinlänglich benannt. Woran lag es bei den Kickers?
Die Mannschaft ist meiner Meinung nach eine Söldner-Truppe geworden. Vor der Saison, und dann noch einmal in der Winterpause wurde sie ja komplett umgekrempelt. Eine bis dahin erfolgreiche Mannschaft, wohlgemerkt. Letztlich eine Folge von zu wenig Fußballsachverstand in der sportlichen Führung. Man hätte sich breiter aufstellen müssen und nicht auf eine One-Man-Show verlassen dürfen.
Sie zielen auf den Sportdirektor Michael Zeyer ab.
Er hat die Spieler und den Trainer geholt, also muss er das Ergebnis am Ende auch verantworten.
Geht Ihnen der Abstieg der Blauen genauso nahe wie jener der Roten?
Bei den Kickers habe ich ja selbst noch einiges mit aufgebaut. Als ich unentgeltlich angefangen habe, standen wir in der Regionalliga auf dem zehntem Platz. Dann haben wir mit einem Mini-Etat den Aufstieg in die dritte Liga gepackt und eine, wie ich finde, ganz ordentliche Truppe geformt. Jetzt steht man wieder da, wo ich angefangen habe – in der Regionalliga. Nur, dass man für eine Vielzahl von Spielern auch noch Unsummen verbraten hat. Irgendwas ist da gehörig schiefgelaufen.
Das klingt, als ob Sie Ihr Werk beschädigt sehen.
Ich bin die Aufgabe damals mit viel Herzblut angegangen. Und Vieles wurde in die richtige Richtung gebracht. Jetzt ist alles kaputt.
Inwieweit sehen Sie Parallelen beim Niedergang von Rot und Blau?
Das Problem mit dem zu wenig Fußballkompetenz in Führungsgremien trifft sicher auf beide Clubs zu. Beim VfB ist das ja auch alles nicht neu. Jetzt muss man den Neuanfang auch tatsächlich umsetzen und nicht nur in schönen Worten proklamieren.
Ihren früheren Mitspieler Karl Allgöwer hat der VfB doch schon dazu geholt.
Die Frage ist, was er zu sagen hatte beziehungsweise künftig haben wird. Im Sinne des Vereins wäre es toll, wenn er künftig mehr eingebunden wird.
Was ist mit Ihnen?
Ich bin VfBler durch und durch und immer bereit, Verantwortung zu übernehmen, in welcher Struktur auch immer.
Wer wird es schwerer haben, in der kommenden Saison den direkten Wiederaufstieg zu packen – die Kickers oder der VfB?
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwer es ist, aus der Regionalliga wieder in die dritte Liga hochzukommen. Du kannst eine prima Saison spielen, Erster oder Zweiter werden aber am Ende in der Relegation scheitern. Insofern hat es der VfB mit zwei festen Aufsteigern in der zweiten Liga sicher etwas leichter.