Schnittchen gefällig? Bei der Grünen Woche in Berlin können sich die Besucher durch 66 Länder futtern – meist allerdings nur gegen Bares. Foto: dpa

Elch-Würstchen aus Norwegen und schwarz gefärbtes Essen für Heavy-Metal-Fans: Die Grüne Woche in Berlin will ein bisschen hipper werden – und die Besucher sparen nicht.

Berlin - Die Zeiten, in denen sich Schnorrer mit kostenlosen Häppchen auf der Grünen Woche durchfutterten, sind vorbei. Aber das Image von der „Fress-Messe“ hängt noch an der 1926 gegründeten Ausstellung für Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau. Als die Mauer noch Berlin teilte, nutzen Marketingexperten die „geschlossene Gesellschaft“ Berlins als Testfeld, gaben freie Proben in Massen ab. So sei etwa die Marktfähigkeit der Kiwi für Deutschland in Berlin getestet worden, berichtet Wolfgang Rogall von der Messeleitung.

Heute sind kostenlose Pröbchen selten – allenfalls Schmalzbrotecken oder Eckchen von Käse oder Salami. „Aber wer fragt, kriegt auch bei uns ein Stück Wurst umsonst“, sagt Metzger Carsten Kempe aus Sachsen, der seine „Roster aus dem Erzgebirge“ für drei Euro verkauft. Kostproben gibt es an allen Ständen der 16 Bundesländer und 66 Länder aus aller Welt – gegen kleine Eurobeträge. Bei den Norwegern gibt es Elch-Burger oder Elch-Würste, passend dazu einen Aquavit im Plastikstamperl für einen Euro. Besucher Bernd Gladrow aus Berlin ist mit Frau und Tochter da, erfreut sich an einem Garnelen-Cocktail: „Die Vielfalt ist unglaublich, wir müssen alles probieren. In diese vielen Länder kommt man im Urlaub doch gar nicht.“ Die Familie interessiere vor allem das Kulinarische und die Blumenschau.

Ein Trend ist der Hang zur Präsentation von Regionen. Das Donezbecken in der Ukraine ist präsent mit Honig-Wodka, ebenso wie die autonome Region Nachitschewan der Republik Aserbaidschan, die mit Granatapfelsaft und -marmelade wirbt. Selbst Niederschlesien lebt auf der Grünen Woche wieder auf, die polnische Region Dolnyslak wirbt unter diesem deutschen Namen und verkauft Saft aus Rote Bete und Sauerkraut. „Die Verbraucher wollen genau wissen, aus welcher Region ein Lebensmittel stammt“, erklärt Messesprecher Rogall. Am Stand von Ruanda nimmt man es mit der Herkunft nicht so genau, dort wird Krokodil, Zebra und Kamel gegrillt. Kamele aus dem Hügelland Ruanda? „Nein, haben wir nicht, aber Afrika ist Afrika“, sagt die Standleiterin und lacht.

Vor allem ältere Besucher tummeln sich auf der Messe

Das Publikum der Grünen Woche gehört eher zu den Älteren, fast ein Viertel der 400 000 Besucher kommt in organisierten Busreisen. „Leute zwischen 25 und 39 fehlen, die gehen eher auf Fachmessen wie die Slow Food in Stuttgart“, sagt Bärlauchbauer Axel Kaiser, der kulinarische Botschafter Niedersachsens. Die Weinregion Freyburg-Saale-Unstrut hat sich übrigens Martin Luther als „Botschafter“ einverleibt, der habe die „trocken ausgebauten Weine“ dieser Region zu schätzen gewusst, behauptet Luther-Darsteller Jost Naumann.

Die Messeleitung versucht mit neuen Angeboten wie einer „Streetfood“-Halle die Imagewende. Da wird in einem englischen Bus Fudge serviert, eine Süßspeise aus Karamell. Und es gibt schwarzes Essen – Pommes, Würstchen und Chili con Carne pechschwarz eingefärbt mit medizinischer Pflanzenkohle und Sepia-Tinte. Sieht verbrannt aus, schmeckt normal. „Wir haben das bei einem Heavy-Metal-Festival in London entdeckt“, sagt Elke Zettl von der Black Food Company im bayerischen Feldkirchen. Jetzt wird in Berlin getestet.

Partnerland ist diesmal Ungarn, das heißt traditionelle Gerichte wie Langos, Szegediner Gulasch gibt es reichlich, serviert mit einem Palinka-Schnaps. Die exotische Speisenvariante ist aber breit: Die Dominikanische Republik verkauft Straucherbsen (Gandules Verdes), am Stand der Mongolei wird Wildtee gebrüht, und die Kambodschaner – erstmals dabei – bieten Cashewnüsse aus biologischem Anbau .

Im Schnitt gibt jeder Besucher 29 Euro für Häppchen aus

Die Berliner sparten 51 Wochen lang für die Grüne Woche, sagt ein Bonmot. In der Tat lassen sie sich die Jagd auf Häppchen etwas kosten, bei der letzten Grünen Woche sind im Durchschnitt pro Besucher 29 Euro für den persönlichen Verzehr ausgegeben worden. Die Gesamtausgaben – für Weinbestellungen, den Kauf von Haushaltswaren, selbst eine Blockhütte kann man bestellen – lagen noch dreimal höher.