Die eigene Ernte ist die schönste Foto: Ganders

Öffentliche Parks sind für viele die Alternative zum fehlenden eigenen Garten. Mit ihrem Start-up-Unternehmen „Sweet Garden“ wollen Stella Vanek und Patrick Süß private Gärten für Feiern vermitteln und suchen Besitzer. Über die Internetseite „Meine Ernte“ kann man sogar Gemüsegärten mieten.

Stuttgart - Wenn Stella Vanek und ihr Verlobter Patrick Süß am Wochenende oder abends im Grünen sein wollen, zieht es sie meistens auf den Killesberg. Dabei ist ihnen im letzten Jahr aufgefallen, wie viele Menschen den Park für private Feiern nutzen. „Die Menschen in der Stadt feiern in den Grünanlagen Kindergeburtstage und Junggesellenabschiede oder nehmen im Bikini ein Sonnenbad. Dabei sind das ja eigentlich sehr private und intime Momente, die man vielleicht nicht unbedingt mit der Öffentlichkeit teilen will“, erzählt Stella Vanek.

Damit auch gartenlose Städter die Möglichkeit haben, solche Momente im Grünen ohne ungebetene Zaungäste zu genießen, haben sie deshalb im April dieses Jahres ihr Unternehmen „Sweet Garden“ gegründet. Auf ihrer Internetseite können nun private Gärten für einen Tag gemietet werden.

Das Prinzip ähnelt dabei der Unterkunftsplattform „Airbnb“ bei der seit 2008 private Anbieter ihre Wohnung vermieten können. Auch bei „Sweet Garden“ legen die Vermieter den Preis für ihren Garten selbst fest und bestimmen, an welchen Tagen sie ihn zur Verfügung stellen wollen.

Sehnsucht der Städter nach dem eigenen Garten

Dass bei Stadtbewohnern eine Sehnsucht nach einem eigenen Garten besteht, zeigt sich in den vielen Urban-Gardening-Projekten und an den langen Wartezeiten für städtische Gärten oder eine Parzelle in einer Kleingärtneranlagen. Rund 4500 Grundstücke verpachtet die Stadt Stuttgart als Gartenland. Wer sich auf eines dieser Grundstücke bewirbt, muss in der Regel acht Jahre warten, bis er letztendlich ein Stück Land zugeteilt bekommt. Ähnlich sieht es bei Kleingärtnervereinen aus. „Wir haben mit einem Mann gesprochen, der 15 Jahre auf seinen Schrebergarten gewartet hat. Das hat uns in unserer Idee weiter bestärkt. Es gibt sehr viel leer stehenden Naturraum, der sinnvoll genutzt werden könnte. Gerade ältere Menschen können ihre Gärten oft nicht mehr regelmäßig nutzen“, erzählt Vanek.

Aktuell sind die beiden Stuttgarter auf der Suche nach Gärten in der Region und in ganz Deutschland. Ihre Internetseite ist nämlich nicht nur auf Baden-Württemberg beschränkt, sondern soll sich zu einer Plattform für Menschen in ganz Deutschland entwickeln. Am häufigsten sind sie dabei mit der Angst konfrontiert, dass auf den Gartengrundstücken wilde Partys gefeiert werden könnten. „Wir haben in unseren Richtlinien festgelegt, dass alle Mieter mindestens 18 Jahre alt sein müssen und maximal zehn Personen pro Tag in einen Garten dürfen“, erzählt Vanek. Sollte doch irgendetwas kaputt gehen, müsste der Mieter für den Schaden aufkommen. Als Hauptzielgruppe ihrer Plattform sieht sie vor allem Familien mit kleinen Kindern. „Sie brauchen keine top gepflegte Gartenanlage, sondern einfach nur einen geschützten Raum, in dem sie ihre Kinder beim Spielen im Blick haben“, sagt die 31-Jährige und deutet damit die Sorge vieler Gartenbesitzer an, dass ihr Garten nicht schön genug zum Vermieten sei.

Acker mieten und Gemüse pflanzen

Der Mindestpreis für einen Tag in Nachbars Garten liegt bei zehn Euro. Im nächsten Jahr soll es dann auch die Option geben, die eigene Grillparty im Gegenzug für Gartenarbeit feiern zu dürfen „Viele Leute wünschen sich ja auch einen eigenen Garten, um beim Rasenmähen oder Unkrautjäten einen Ausgleich zum stressigen Alltag zu finden“, sagt Vanuek. Gleichzeitig würde es älteren Leuten helfen, die sich nicht mehr selbst um diese Arbeiten kümmern können.

Mit großem Erfolg läuft im Internet bereits die Webseite www.meine-ernte.de, die Großstädtern die Möglichkeit eröffnet, „die ganze Saison über frisches Gemüse zu ernten, ohne aufs Land ziehen zu müssen“, wie es auf der Homepage heißt.

Es gibt auch zwei Standorte in Stuttgart: in Möhringen und in Mühlhausen. Hier kann man ein eigenes Stück Acker mieten, das bereits mit über 20 Gemüsesorten bepflanzt und besät ist. Wasser, Gartengeräte und eine umfangreiche Beratung stünden ebenfalls zur Verfügung – „auch für Menschen ohne grünen Daumen“, wie es auf der Webseite heißt. Deshalb könne man von Mai bis Oktober eigenes Gemüse ernten.

Angeboten wird ein etwa 45 Quadratmeter großer Gemüsegarten für Singles oder Pärchen zum Preis von 199 Euro pro Saison oder ein Familien-Gemüsegarten mit einer Fläche von 90 Quadratmetern für 369 Euro pro Saison. Für die neue Saison 2016 kann man sich ab sofort auf der Internetseite von „Meine Ernte“ anmelden. Die Gemüsegärten in Möhringen befinden sich am nördlichen Stadtran im Gewann Krautgarten. In Mühlhausen sind die Miet-Äcker in der Nähe des Hofes Sperling.

www.sweetgarden.de

www.meine-ernte.de