Künftig soll eine Avia-Automatentankstelle ohne Personal den Familienbetrieb Dede ersetzen. Foto: Peter Petsch

Ein Familienbetrieb verschwindet: Die Großmarkt-Händler beklagen, nicht zu der Automaten-Lösung ohne Personal befragt worden zu sein.

Ein Familienbetrieb verschwindet: Die Großmarkt-Händler beklagen, nicht zu der Automaten-Lösung ohne Personal befragt worden zu sein.

Stuttgart - Die Stadt hat den Pachtvertrag mit der Familie Dede, die seit rund 25 Jahren die Tankstelle mit Werkstatt an der Großmarkt-Zufahrt betreibt, nicht verlängert. Stattdessen soll künftig eine Avia-Automatentankstelle ohne Personal den Familienbetrieb ersetzen. Diese Nachricht hat nicht nur die bisherigen Betreiber empört, sondern schlägt jetzt auch auf dem Großmarkt hohe Wellen.

„Die Großmärktler oder ihre Kunden wurden niemals zu einer Tankstelle ohne Personal befragt“, sagt ein Mann, der seit 18 Jahren auf dem Großmarkt arbeitet. Die Familie Dede dagegen sei vielen „ans Herz gewachsen“, weil sie die Kunden in jeder Lebenslage unterstütze. Auch das Angebot sei bisher deutlich größer als künftig geplant, weil es nicht nur Sprit gebe, sondern auch Getränke, etwas zu essen, Werkstattleistungen, Zeitungen und jederzeit ein offenes Ohr.

Dass ein neues Konzept, das die Familie bei der Ausschreibung vorgelegt hat, nicht akzeptiert worden sei, stoße überall auf völliges Unverständnis, denn es sei „super“ gewesen. Vorgesehen war eine ökologische Ausrichtung mit Solaranlage, Gas- und Elektrotankstelle. „Nicht nur alle im Großmarkt ansässigen Firmen, sondern auch die einfachen Bürger sind mit dieser Entscheidung völlig unzufrieden“, heißt es in einer weiteren Reaktion.

Wer reißt die Gebäude ab?

Doch auch die generelle Ausrichtung der Stadtverwaltung stellen viele jetzt infrage. „Tankautomaten statt Arbeitsplätze – sieht so grüne Politik zum Wohle der Bürger aus?“, fragt ein Schreiber. Mittelständische Betriebe hätten offenbar keine Lobby. Diese Meinung teilt so mancher: „Wo bleibt der Mensch, wo bleibt das, was Deutschland so erfolgreich macht, nämlich der gesunde Mittelstand?“, heißt es in einer Zuschrift. Man entziehe hier ohne Not einer vollständig integrierten türkischstämmigen Familie ihre gesamte Lebensgrundlage.

Auch die Familie selbst meldet sich noch einmal zu Wort. Weil ihr die Tankstelle selbst gehört, der Grund aber der Stadt, ist die Frage offen, wer die Gebäude abreißt. Die Märkte Stuttgart GmbH hat darauf hingewiesen, dass man der Familie entgegenkomme und den Abriss übernehmen wolle. Das allerdings sei eine Selbstverständlichkeit, so die Familie: „In unserem Vertrag ist vereinbart, dass der Großmarkt den Rückbau übernimmt.“ Im Gegenzug habe man eine deutlich höhere Pacht bezahlt. „Die Marktgesellschaft übernimmt also nicht großzügigerweise die Kosten“, so Benan Dede.

Der Zuschlag für die Automatentankstelle, die laut Stadt weniger Fläche braucht, einen Betrieb rund um die Uhr und günstigere Spritpreise bieten soll, treibt die Betroffenen offenbar mehr um als von der Stadt gedacht. „Alle Leute, die von dieser Entscheidung der Märkte Stuttgart GmbH hören, tippen sich mit dem Finger an die Stirn“, findet ein Händler vom Großmarkt deutliche Worte. Und ein Kollege kommt zum Schluss: „Das ist ein enormer Verlust für den Großmarkt und dessen ganzes Umfeld.“