„Mein erster Gedanke war ein Fluch-Wort“, sagt die Britin Lynn Hazlewood. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Nach dem Votum für den EU-Ausstieg herrschen Verunsicherung und Sorge bei britischen Geschäftsleuten in Stuttgart. Schuld geben sie den britschen Politikern, die jahrelang auf Europa geschimpft haben.

Stuttgart - Lynn Hazlewood schüttelt langsam und traurig den Kopf. „Die große Sorge ist, was aus Europa wird, dass es auseinanderfallen könnte“, sagt die 54-jährige Inhaberin des English Tearoom an der Stuttgarter Weißenburgstraße. Um kurz nach drei Uhr sei sie aufgewacht und habe den Fehler gemacht, in den Computer zu schauen, wo sie den Zwischenstand des Referendums sah. „Mein erster Gedanke war ein Fluch-Wort“, sagt die Britin.

An Schlaf war für die überzeugte Europäerin danach nicht mehr an zu denken. Dass ihre Landsleute im Referendum für den Brexit stimmen könnten, habe sie befürchtet – aber nicht wahrhaben wollen. Europa ist für sie ein Garant des Friedens, und entsprechend groß sind ihre Sorgen jetzt.

Nicht nur Spannungen zwischen den europäischen Staaten, sondern auch innerhalb Großbritanniens hält sie für möglich. Wirtschaftlich, werde Europa den Ausstiegaber wohl wegstecken können, und auch ihr Geschäft komme mit den Folgen klar.

Zölle und mehr Bürokratie befürchtet

Wie Lynn Hazlewood ist auch Peter Sondheim, Inhaber von Best Whisky an der Rotenwaldstraße, entsetzt über die Entscheidung und sieht die Schuld für den Brexit bei den britischen Politikern . „Alle haben immer auf Europa geschimpft und plötzlich sollen die Wähler dafür sein. Das geht so einfach nicht“, sagt der gebürtige Londoner. Mit dem Ausstieg entstünden so viele Probleme, dass man sich das gar nicht vorstellen könne. Gibraltar etwa, das vom freien Grenzverkehr lebe, werde ganz schön hängen gelassen .

Noch sei offen, was für ein Abkommen künftig zwischen EU und Großbritannien getroffen werde. Er fürchte mehr Bürokratie und Zölle, wenn der Austritt in einigen Jahren vollzogen werde. Sie würden sich eher in ihrem zweiten Geschäft bemerkbar machen. Für den Piccadilly English Shop bekämen sie oft Paletten mit Frischware. Britische Produkte könnten teurer werden. Aktuell reise er von Zeit zu Zeit mit einem Transporter nach England, um spezielle Sonderwünsche seiner Kunden zu erfüllen. So etwas werde künftig wohl schwerer.