Athina Giasta lebt in Stuttgart. Foto: Annina Baur

Die Cannstatter Griechin Athina Giasta glaubt, dass die Mehrheit der Griechen in der Eurozone bleiben möchte. Das Ergebnis des Referendums am Sonntag sei auf die Verzweiflung und den verletzten Stolz der Griechen zurückzuführen.

Bad Cannstatt - Athina Giasta hat ihr halbes Leben in Griechenland und die andere Hälfte in Deutschland verbracht. Das Referendum am Sonntag hat sie in den Nachrichten verfolgt. Das Ergebnis der Abstimmung, glaubt sie, sei auf die Verzweiflung und den verletzten Stolz der Griechen zurückzuführen.

Frau Giasta, die Griechen haben am Sonntag gegen die von der EU geforderten Sparmaßnahmen gestimmt. Wo hätten Sie beim Referendum Ihr Kreuz gesetzt?
Das ist eine schwierige Frage. Aus der Distanz kann ich das nicht entscheiden. Das können nur die Menschen vor Ort beurteilen. Tatsache ist, dass die Entscheidung über Ja und Nein zurzeit in Griechenland zu vielen Spannungen führt, auch unter Freunden und Verwandten.
Warum hat sich die Mehrheit der Griechen Ihrer Meinung nach entschieden, gegen die Sparmaßnahmen zu stimmen?
Ich glaube, das Ergebnis des Referendums zeigt eine große Verzweiflung. Natürlich steht außer Frage, dass ein Land seine Schulden zurückzahlen muss. Aber wo nichts ist, kann nichts geholt werden. Die Menschen in Griechenland warten seit Beginn der Sparmaßnahmen auf positive wirtschaftliche Entwicklungen, die aber bislang ausbleiben.
Fühlten sich die Griechen durch die Sparprogramme in ihrer Ehre verletzt? Könnte dies die Entscheidung beeinflusst haben?
Ja, das ist sicher mit ein Grund. Das griechische Volk ist stolz auf seine Geschichte und seine wissenschaftlichen Verdienste. Wenn Bekannte jetzt zum Beispiel zwei bis drei Stunden am Bankautomaten warten müssen, um 60 Euro abzuheben, empfinden sie das als demütigend.
Ist die verletzte Ehre nun wieder hergestellt?
Nun ja, es hat keine Revolution stattgefunden. Die Griechen haben nicht Nein zur Europäischen Union gesagt, sondern nur zu den Sparmaßnahmen.
Was bedeutet das Ergebnis des Referendums für die Zukunft?
Das ist eine gute Frage. Ich habe keine Ahnung. Im Moment herrscht viel Unsicherheit, die Menschen wissen nicht, was morgen passiert. Es werden wohl viele Gespräche unter Politikern folgen. Ich hoffe, dass Griechenland Mitglied der Eurozone bleibt. Und die meisten Griechen wünschen sich das ebenso.