Die Zeit läuft, Athen steht kurz vor der Pleite. Dennoch laufen die Verhandlungen über die Reformliste das ganze Wochenende. Und die griechische Regierung droht mit Zahlungsausfall.

Brüssel/Athen - Unter hohem Zeitdruck verhandeln die griechische Regierung und die internationalen Geldgeber über die Liste der geplanten Reformen Athens. Am Samstag liefen in Brüssel die Verhandlungen auf Expertenebene, die das ganze Wochenende dauern sollen.

Wie aus Kreisen der EU-Kommission verlautete, geht es dabei um „Reformelemente“, um „so schnell wie möglich eine umfangreiche und spezifische Liste“ fertigzustellen. Die Gespräche gestalteten sich nach Angaben aus Verhandlungskreisen schwierig. Die Geldgeber von Europäischer Zentralbank (EZB), EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds (IWF) seien nicht zufrieden und hätten mehr Details verlangt, hieß es. Falls die Geldgeber-Vertreter grünes Licht geben, könnten die Euro-Finanzminister laut Diplomaten nächste Woche zusammenkommen, um die blockierten Hilfen freizugeben. Griechenland stehen aus verschiedenen Quellen noch 7,2 Milliarden Euro zu.

Die Zeit drängt: Athens Kassen könnten schon Mitte April leer sein. Griechenland ist vom Kapitalmarkt abgeschnitten, die Steuereinnahmen brachen zuletzt ein. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ braucht das pleitebedrohte Land wegen des Reformstopps noch mehr Hilfsgelder als bislang angenommen. Experten rechnen laut Bericht mit einer zusätzlichen Finanzierungslücke von zehn bis 20 Milliarden Euro.

Die aktuelle Reformliste mit rund 18 Maßnahmen soll Griechenland mindestens drei Milliarden Euro einbringen. Dabei geht es vor allem um den Kampf gegen Steuerhinterziehung, während Kürzungen von Gehältern und Renten nicht dazu gehören sollen.

Die griechische Regierung hatte am Freitag die mit Spannung erwarteten Vorschläge für die Reformliste gemacht. Nach Angaben der regierenden Linkspartei Syriza wurde die Liste von engen Mitarbeitern von Finanzminister Gianis Varoufakis in Brüssel übergeben.

Griechische Regierung droht mit Zahlungsausfall

Darauf stehen dem Vernehmen nach eine Erhöhung des Höchststeuersatzes auf bis 45 Prozent, eine neue Immobiliensteuer, eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für Luxuswaren, der Kampf gegen Steuerhinterziehung durch die Verbindung aller Registrierkassen mit dem Steueramt, Privatisierungen sowie die Kontrolle aller Geldeinlagen von Griechen im Ausland.

Kurz vor Beginn der Verhandlungen hatte die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras den Druck erhöht und mit Zahlungsausfall gedroht. Sollten ausstehende Hilfen nicht bald an Athen ausgezahlt werden, werde Griechenland seine Verpflichtungen nicht erfüllen können. Unterdessen senkte die US-Ratingagentur Fitch ihre Einschätzung der Kreditwürdigkeit des pleitebedrohten Euro-Landes Griechenland um zwei Stufen auf „CCC“. Schon zuvor waren griechische Anleihen den Experten zufolge nur noch für Spekulanten geeignet („Ramsch“).

Die Griechen heben angesichts der schweren Finanzkrise immer mehr Geld von ihren Konten ab. Die Einlagen sanken nach Bankenangaben auf den niedrigsten Stand seit Ausbruch der Schuldenkrise, berichtete am Samstag die konservative Zeitung „Kathimerini“.

Die Banken sind auf Notkredite angewiesen, die die EZB regelmäßig neu bewilligen muss. Griechenland kann die Staatspleite nach Überzeugung von Ökonom Carsten Brzeski derzeit nur dank der EZB-Hilfen verhindern. „Die EZB hält den Schlüssel für den Grexit in der Hand“, sagte der ING-Diba-Chefvolkswirt der Deutschen Presse-Agentur in Frankfurt. Die EZB halte die Banken des Landes am Leben, indem sie den Rahmen für Ela-Notkredite ständig erhöhe.

Unabhängig von der Reformliste geht das Tauziehen um 1,2 Milliarden Euro Banken-Hilfsgeld weiter. Athen macht geltend, es habe zu viel geparktes Hilfsgeld für die Bankenrettung an den Euro-Krisenfonds in Luxemburg zurückgezahlt und verlangt Geld zurück.