In Griechenland stehen die Menschen vor den Bankautomaten Schlange. Foto: dpa

Griechenlands Banken steht das Wasser bis zum Hals. Seit einer Woche sind die Institute geschlossen, an den Geldautomaten im Land gibt es nur noch Mini-Beträge. Wie geht es weiter?

Was hat sich mit der Volksabstimmung vom Sonntag geändert?
Das Nein der Griechen zu den strikten Sparvorgaben der internationalen Geldgeber war mit gut 61 Prozent überraschend deutlich. Premier Alexis Tsipras sieht seine Verhandlungsposition dadurch gestärkt. Doch der Zeitdruck hat zugenommen.
Werden die Verhandlungen zwischen Griechenland und der Eurogruppe nach dem Rücktritt von Finanzminister Giannis Varoufakis nun einfacher?
Von einer „Erleichterung“ der Gespräche durch den Varoufakis-Rücktritt spricht Parlamentspräsident Martin Schulz. Aber er sagt auch: „Es hängt nicht davon ab, wer verhandelt, sondern über was verhandelt wird.“ Genau das weiß niemand. Zwar hat Athens Premierminister Tsipras bereits am Sonntagabend angedeutet, sein Land sei zu Reformen bereit. Dringend nötig seien aber auch Investitionen sowie die Umstrukturierung der Schulden.
Wie lange reicht das Geld der griechischen Banken noch?
Es geht um Tage. Sollte sich nicht doch noch eine Einigung mit den Geldgebern abzeichnen und die EZB den Geldhahn wieder öffnen, dürften Griechenlands Banken nicht mehr lange überleben, prognostizierten Experten bereits vor einer Woche. Würde nur jeder Dritte der knapp neun Millionen erwachsenen Griechen täglich den Höchstbetrag abheben, würden jeden Tag knapp 200 Millionen Euro abgezogen. Damit dürfte die Obergrenze der Notkredite bald erreicht sein.
Woher bekommt Griechenland nun Geld?
An diesem Dienstag werden die Euro-Finanzminister und am Abend die Staats- und Regierungschef der Währungsunion zusammenkommen. Doch die entscheidende Runde dieses Montags fand in der Chefetage der Frankfurter Euro-Bank statt: „Die EZB wird nicht den Stecker ziehen“, mutmaßte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Michael Fratzscher, bevor die Entscheidung fiel: Griechenland bekommt nochmal einen höheren Überziehungskredit aus dem ELA-Notprogramm (Emergency Liquidity Assistance) eingeräumt, damit die Banken endlich wieder öffnen können. Ela-Notkredite sind seit Monaten die einzige Geldquelle der griechischen Banken. Insidern zufolge sollen die Banken noch mindestens „einige weitere Tage“ geschlossen bleiben.
Wie lange würden die Ela-Notkredite reichen?
Sollte Athen am 20. Juli nicht seine Rate von gut 3,5 Milliarden Euro nach Frankfurt zahlen, muss die EZB ihren Regeln folgen und die Kredite kündigen: Griechenland würde endgültig abstürzen. Der Weg in den Grexit wäre vorgezeichnet.
Könnte der ESM-Rettungsschirm noch helfen?
Im dauerhaften ESM-Rettungsschirm in Luxemburg liegen Kreditzusagen von über 700 Milliarden Euro als „Stabilitätshilfe unter angemessenen Auflagen“, wie es in Artikel 12 des ESM-Vertrages heißt. Doch darin wird auch festgestellt, dass dazu eine „Gefahr für die Finanzstabilität des Euro-Währungsgebietes insgesamt oder seiner Mitgliedstaaten vorliegen muss.“ Man wird sich schwer tun, diese Notlage nun plötzlich auszurufen.
Kann ein Staat aus der Europäischen Union austreten?
Ein Austritt aus der EU ist rechtlich kein Problem. Seit dem Vertrag von Lissabon, der am 1. Dezember 2009 in Kraft getreten ist, können Staaten aus eigenem Willen aus der EU austreten. Das war vorher – vertraglich zumindest – nicht vorgesehen.
Kann die EU auch einen Staat aus der Europäischen Union ausschließen?
In den Verträgen ist nur festgehalten, dass einem Mitgliedsstaat bestimmte Rechte entzogen werden können, wenn sich dieser Staat nicht an die „Fundamentalprinzipien“ der Union hält. Alles andere sei juristische Auslegungssache, wie der Völkerrechtler Rainer Hofmann, Professor an der Uni Frankfurt, erklärt. „Ein Ausschluss ist nicht explizit vorgesehen“, sagt er. Die Experten seien sich uneinig darüber, ob in so einem Fall das allgemeine Völkerrecht angewandt werden kann. Aus den Vereinten Nationen und aus dem Europarat beispielsweise kann ein Staat ausgeschlossen werden. Man könne aber auch argumentieren, so Hofmann, dass „die Macher sich beim Lissabon-Vertrag Gedanken darüber gemacht und sich bewusst gegen die Möglichkeit eines Ausschlusses entschieden haben“.
Wie sieht es mit der Eurozone aus? Kann ein Mitgliedstaat einfach so aus der Währungsunion austreten?
Diese Frage ist noch komplizierter, da beim Euro vertraglich weder ein Austritt noch ein Ausschluss vorgesehen ist, erklärt Hofmann. „Es gibt Rechtsexperten, die sagen, gerade weil es nicht vorgesehen ist, ist ein Austritt auch nicht möglich – wer einmal drin ist, ist drin.“ Hofmann überzeugt diese Argumentation nicht. Für ihn gilt in diesem Fall das alte völkerrechtliche Prinzip der Souveränität: Wenn ein Staat Mitglied werden kann, muss er auch wieder austreten können. Er stellt auch klar: Ein Staat kann durchaus aus dem Euroraum austreten und gleichzeitig Mitglied der EU bleiben. „Die Euro-Zone ist nur eine bestimmte Integrationsform innerhalb der Europäischen Union; deshalb muss auch nicht jedes EU-Mitglied zugleich Mitglied der Euro-Zone sein“, so Hofmann.