Ballons mit Bildern der G7-Teilnehmer (v.l.): Kanadas Premierminister Stephen Harper, US-Präsident Barack Obama, Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Großbritanniens Premierminister David Cameron, der französische Präsident François Hollande und Japans Premier Shinzo Abe. Foto: dpa

Trotz aller Beteuerungen aus Athen: Eine schnelle Einigung im griechischen Schuldendrama ist nicht in Sicht. Die Geldgeber zeigen sich hart – auch wenn sie langsam die Geduld verlieren.

Athen - Da ist es wieder: das typisch breite Grinsen. Sichtlich guter Laune steht Alexis Tsipras an diesem Mittwoch in den Gängen des Athener Finanzministeriums. „Wir stehen kurz vor einer Einigung. Sie wird positiv für die griechische Wirtschaft sein und die Lasten für die Griechen gerechter verteilen“, sagt er. „Auf der Zielgeraden“ seien die sich seit Februar hinziehenden Verhandlungen zwischen Athen und seinen Gläubigern, der Europäische Union (EU), der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über den weiteren Werdegang Griechenlands. Endlich, tuschelt der Premier. Tsipras Pressebüro ist noch genauer: Die betreffende Einigung werde bereits aufgesetzt. Tenor: Happy End im griechischen Reformpoker.

Der Haken an der Sache ist nur, dass Tsipras jenseits der Akropolis mit seiner sprühenden Zuversicht allerorten Kopfschütteln auslöst. „Die griechische Lesart wird hier von niemandem geteilt“, sagt ein Verhandlungsführer am Donnerstag beim G7-Finanzgipfel in Dresden. Zu Spekulationen, die Eurogruppe könnte sich bereits in der nächsten Woche auf einer Sondersitzung mit dem Hellas-Drama befassen, heißt es: Solche Pläne gebe es nicht.

Griechenland steht mit dem Rücken zur Wand. Es muss trotz leerer Kassen bis zum 5. Juni 300 Millionen Euro an den IWF zurückzahlen. Insgesamt sind im Juni etwa 1,55 Milliarden Euro beim IWF fällig. Zudem können ohne verbindliche Reformzusagen der seit vier Monaten amtierenden Links-Rechts-Regierung Hilfskredite in Höhe von 7,2 Milliarden Euro nicht fließen.

Auch die EU-Kommission und der IWF dementieren eine bevorstehende Einigung. Über die von Athen erwartete „belastbare“ Reformliste sei man sich noch lange nicht einig. Sie aber sei Bedingung für die Überweisung der auf Eis gelegten Hilfsgelder. Die Zeit für die Griechen laufe ab.

Tsipras sieht das anders – und geht aufs Ganze. Konkret strebt der Premier direkt eine mittel- und langfristig geltende „große Einigung“ an, statt wie ursprünglich vereinbart zuvor das laufende Hellas-Hilfsprogramm abzuschließen. Sein Konzept hat den holprigen Titel: „Einheitliche Einigung und Lösung zum Wachstum und der Rückkehr zu den internationalen Kapitalmärkten“. Tsipras knüpft darin seinerseits die von ihm angestrebte Übereinkunft an vier Bedingungen:

Erstens müssten für Athen niedrige primäre Haushaltsüberschüsse (ohne Schuldendienst) als Zielvorgabe gelten. Zweitens dürfe es keine neuerlichen Kürzungen bei Löhnen, Gehältern, Renten und Pensionen geben. Drittens sei die griechische Staatsschuld umzustrukturieren. Nur so könne der Teufelskreis der letzten fünf Jahre beendet werden, in denen Athen gezwungen war, neue Kredite aufzunehmen, um alte Kredite zu begleichen. Und viertens brauche man ein öffentliches Investitionsprogramm, vor allem in Infrastruktur und neue Technologien. Vor allem aber: „Hellas bleibt im Euro.“

Tsipras Kalkül: Gelänge ihm eine „Umstrukturierung“ der griechischen Staatsschuld, bräuchte Hellas ab Juli wohl kein neues Hilfspaket – und damit keine neuen schmerzlichen Sparmaßnahmen. Tsipras Credo im Clinch mit den Gläubigern: Gebt uns einen Schuldenabbau, und wir brauchen keine frischen Gelder.

Tsipras blufft nicht, erst recht nicht nach den jüngsten Kommunalwahlerfolgen der spanischen Syriza-Schwesterpartei Podemos. Mit Tsipras’ Version, wonach angeblich eine Einigung mit den Gläubigern bevorstehe, stellt er diese bewusst bloß und schiebt ihnen vorsorglich den schwarzen Peter zu, sollten die Verhandlungen scheitern. Tsipras Botschaft: Ich habe alles für einen Kompromiss getan, aber die anderen wollen nicht. „Blame Game“ nennen die Amerikaner das.