EU-Parlamentspräsident Martin Schulz Foto: dpa

Nein, ins Büßergewand kleidet sich Athen nun wirklich nicht. Die Reformvorschläge der Geldgeberlehnt Griechenland bislang ab. In der EU haben viele langsam kein Verständnis mehr.

Athen/Berlin - Nach dem Zahlungsaufschub durch den IWF bleibt Griechenland auf Konfrontationskurs zu den Geldgebern. Athen lehnt die Vorschläge der Euro-Partner und des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Lösung der Krise ab. Die seien inakzeptabel und könnten keine Grundlage für eine Einigung sein, hieß es am Freitag aus Kreisen der Links-Rechts-Regierung. Dies habe Regierungschef Alexis Tsipras in einem Telefonat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsidenten François Hollande mitgeteilt.

Spekulationen über ein Zerwürfnis Merkels mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wies die Bundesregierung zurück. „Die Bundeskanzlerin und der Bundesfinanzminister arbeiten prima zusammen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Dies gelte insbesondere zu Griechenland. Ähnlich äußerte sich der Sprecher Schäubles, Martin Jäger: Beide arbeiteten eng und vertrauensvoll zusammen. Schäuble sei auch über ein Spitzentreffen vom Kanzleramt vorab informiert worden. Die „Bild“-Zeitung hatte berichtet, Merkel habe die Runde eingefädelt, ohne Schäuble vorher zu informieren.

In der EU schwindet die Geduld

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz übte angesichts der Hängepartie scharfe Kritik an Athen und dem Linksbündnis Syriza von Tsipras. Die griechische Regierung gehe „bisweilen gewaltig auf die Nerven“, sagte der SPD-Politiker im ZDF. Es sei unverständlich, dass die reichsten Griechen 120 Milliarden Euro außer Landes gebracht hätten und große Reeder nicht besteuert würden: „Ich hab’ die Faxen dicke.“

Im Kampf gegen die Zahlungsunfähigkeit hat sich Athen eine kurze Atempause verschafft. Griechenland will seine im Juni beim IWF fälligen vier Kreditraten bündeln und die insgesamt 1,6 Milliarden Euro zum Monatsende überweisen. Eigentlich wäre am Freitag eine Rate von mehr als 300 Millionen Euro fällig gewesen.

Die EU-Kommission sieht in verlängerten Frist keinen Anlass zur Sorge. „Die Entscheidung Griechenlands entspricht den IWF-Regeln“, sagte ein Sprecher. „Dies stellt nicht die Fähigkeit eines Staates infrage, seine finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen.“

Zuvor hatten Merkel und Hollande mit den Spitzen der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des IWF einen gemeinsamen Vorschlag erarbeitet. Tsipras hatte eine Gegenvorschlag präsentiert.

Werden Sparauflagen gelockert?

Die Europäer und der IWF sind dem Vernehmen nach bereit, die Sparauflagen für Athen zu lockern. Auch könnten die Griechen auf 10,9 Milliarden Euro zurückgreifen, die eigentlich für die Rettung maroder Banken reserviert sind. Aus dem aktuellen Hilfspaket stehen weitere 7,2 Milliarden zur Verfügung. Die sind aber blockiert. Möglich ist, dass das Hilfsprogramm über Ende Juni hinaus nochmals verlängert wird. Im Gegenzug pochen die Gläubiger unter anderem auf Rentenkürzungen, Privatisierungen sowie Mehrwertsteuer-Änderungen.

Athen dringt auf schwächere Vorgaben. Weitere Kürzungen von Renten und Gehältern lehnt das Land ab. Tsipras ist bereit, die Steuern zu erhöhen - etwa die Sonder-Solidaritätssteuer sowie die Luxussteuer. Die griechische Presse rechnet damit, dass die Athener Vorschläge 1,8 Milliarden Euro Mehreinnahmen bringen werden. Die Vorschläge der Gläubiger summierten sich auf drei Milliarden Euro.

Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ hat Athen ein Schuldenmoratorium ins Gespräch gebracht. Danach sollten die Zahlungen an IWF und EZB in diesem Jahr ausgesetzt werden.

Der Vorsitzende der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, sieht eine schnelle Einigung skeptisch. Die griechische Regierung sei noch nicht auf gutem Wege, um Staatsfinanzen und Wirtschaft in Ordnung zu bringen, sagte der niederländische Finanzminister: „Davon sind sie weit entfernt, und sie drohen noch weiter abzuweichen.“ In der EU-Kommission hieß es: „Ein Kompromiss ist möglich.“

Nach dem griechischen Nein zum Gläubigervorschlag telefonierte Tsipras mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Athen und Moskau wollen enger im Bereich Energie kooperieren und erwägen den Weiterbau der neuen Gasleitung Turkish Stream über griechisches Territorium. Russland hatte Athen einen Milliardenkredit in Aussicht gestellt, sollte die Pipeline gebaut werden. Moskau hatte Athen außerdem eingeladen, an der Entwicklungsbank der „Brics“-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) mitzuwirken.