Der Anblick der beschmierten Wandelhalle schmerzt viele Cannstatter. Foto: Julia Barnerßoi

Die Bürger in Bad Cannstatt ärgern sich über die vielen Graffiti-Schmierereien im Bezirk. Jene an der Wandelhalle oder der Jahn-Realschule sind nur zwei Beispiele. Die Stadt hat weder genug Geld noch Kapazitäten, alle Graffiti gleich zu entfernen.

Bad Cannstatt - Es sei „eine bodenlose Sauerei“, findet der Anwohner der Wildbader Straße. Länger als ein Jahrzehnt ärgere er sich täglich über ein Graffito an der Turnhalle der Jahn-Realschule. Wenn man aus der Daimlerstraße Richtung Schmidener Straße kommt, fällt der Blick direkt auf die großen, gesprühten Buchstaben. Zwei Dinge ärgern den Mann besonders: dass das Graffito ausgerechnet über die Fassaden-Verschönerung des Künstlers Karl-Georg Pfahler gesprüht wurde. Und dass er schon vor knapp zehn Jahren die Stadt auf die Schmiererei aufmerksam gemacht, diese aber bis heute nichts getan habe.

Der Schulleiter Matthias Führinger-Cartier bestätigt, dass das Graffito an der Fassade zur Schmidener Straße hin quasi zum Bestand gehöre. Er berichtet, dass auch am Halleneingang weitere Buchstaben über die bunten Farbstreifen des Künstlers gesprüht sind. Damit sind genau jene beiden Seiten der Sporthalle, die von öffentlichem Grund aus erreichbar sind, beschmiert. Die Fassade innerhalb des umzäunten Schulgeländes sei ebenfalls mit einem großflächigen Graffito bemalt. „Allerdings hat das ein Schüler mit Erlaubnis gemacht“, sagt der Schulleiter.

Die wenigsten Schriftzüge werden gleich entfernt

Auch zum Neckar hin gebe es am Schulhaus einige Schmierereien. Natürlich würden ihm alle nicht gefallen, sagt Führinger-Cartier. Doch er wisse auch, dass es einfach extrem schwer sei, dagegen etwas zu tun. Sei eine Stelle erst einmal beschmiert, „werden weitere Sprüher animiert“, sagt er. Wenn er eine neue Schmiererei entdecke, erstatte er routinemäßig bei der Polizei Anzeige und setze das Schulverwaltungsamt in Kenntnis. Die wenigsten Schriftzüge würden dann aber unmittelbar entfernt.

Das bestätigt Karin Korn, die Leiterin des Amtes. Viel zu selten erwische man die Sprayer und könne sie zur Kasse bitten. Die Verwaltung selbst könne nicht alle Graffiti in der ganzen Stadt auf einmal entfernen, dafür sei einfach kein Geld da. Dass der Schriftzug an der Fassade der Sporthalle zur Schmidener Straße hin noch immer derselbe ist wie vor knapp zehn Jahren, muss sie zugeben. „Die Entfernung kostet Geld, das wir brauchen, um Unterricht zu machen“, hieß es 2006 von Seiten des Amts auf die Beschwerde des Bürgers hin. „An diesem Grundsatz hat sich nichts geändert“, sagt Karin Korn heute. Sofort entfernt würden nur hetzerische Parolen, wie etwa fremdenfeindliche Beleidigungen.

„Eine bodenlose Unverschämtheit“

Die Cannstatter Bürger ärgern sich sehr über die Verschandelung ihres Stadtbezirks. Auch die vielen Graffiti in der Wandelhalle im Oberen Kurpark ärgern den Anwohner der Wildbader Straße massiv, wie er sagt. Zahlreiche Bürger pflichten ihm auf der Facebook-Seite unserer Redaktion bei: „Anderer Leute Eigentum mit Hässlichkeit zu verschmieren, ist eine Frechheit. Manche meinen, sie müssten ihre Schmiererei überall hinterlassen“, heißt es da etwa. „Wände besudeln, die einem nicht gehören, ist eine bodenlose Unverschämtheit“, schreibt eine Nutzerin. „Kunst kommt von Können! Das hier stammt von Leuten, die nichts können, nicht mal Graffiti!“, kommentiert ein anderer.

Volker Schirner, der Leiter des Stuttgarter Garten-, Friedhof- und Forstamtes, das für die Reinigung der Wandelhalle im Kurpark, wie für alle denkmalgeschützten Bauten in Parkanlagen, zuständig ist, schildert ähnliche Probleme wie seine Kollegin Karin Korn: „Wir machen das regelmäßig“, sagt er, „doch das ist immer eine Etat- und Kapazitätsfrage“. Viel zu selten fasse man die Täter, über die seiner Meinung nach weniger geschimpft würde als über die Stadtverwaltung, die nicht sofort alle Schmierereien entfernen lasse. 5000 Euro koste allein die Reinigung der Wandelhalle. „Dafür könnten wir einen Haufen Blumen pflanzen.“