Die Firma Schuler gestattete am Wochenende der Öffentlichkeit einen Blick hinter die Kulissen des neuen Schuler-Innovation-Towers. Foto: Schuler AG

Der soeben erst fertiggestellte Schuler-Innovation-Tower lockt das Publikum in großer Zahl. Mitarbeiter des Unternehmens führen an zwei Tagen 900 Menschen durch das höchste Gebäude der Stadt, das allerlei Finessen zu bieten hat.

Göppingen - In der Abfertigungshalle eines Flughafens könnte es nicht betriebsamer zugehen. In der Schuler-Kantine in Göppingen stehen an diesem Wochenende Menschen vor einem langen Tisch Schlange. Sie stehen aber nicht für ein Essen an, sondern wollen an einer der begehrten Führungen durch den neuen Schuler-Innovation-Tower, kurz S.I.T., teilnehmen. Ohne Anmeldung geht da gar nichts. „Wir waren ruckzuck ausgebucht“, sagt Simon Scherrenbacher. Der Schuler-Pressesprecher versichert aber, dass das Unternehmen auf Grund des großen Interesses darüber nachdenke, weitere Führungen anzubieten. Fürs erste hatten 900 Menschen am Samstag und Sonntag die Gelegenheit, das nunmehr höchste Gebäude der Stadt in Augenschein zu nehmen – und aus 54 Metern Höhe den Blick über Göppingen, die drei Kaiserberge und die Höhenzüge der Alb schweifen zu lassen.

Doch zunächst hieß es warten. An dem langen Tisch teilen freundliche Mitarbeiterinnen Kopfhörer und Schilder an verschiedenfarbigen Bändern mit der Aufschrift „Besucher“ an die Wartenden aus. Die Gäste sortieren sich dann je nach Farbe vor drei Treffpunkten in der tristen Kantine im Erdgeschoss des alten Ingenieursgebäudes, dessen Tage beinahe schon gezählt sind. Es riecht ein wenig säuerlich nach Essen, doch der Ablauf der Veranstaltung klappt wie am Schnürchen, wie man das wohl auch von einem „Hidden Champion“, einem heimlichen Weltmarktführer, wie die Schuler-Mitarbeiter nicht müde werden zu betonen, erwarten darf.

Ein atemberaubender Rundumblick

Die volle Stunde ist noch nicht ganz um, als sich eine Schar Menschen über den Hintereingang in den Raum ergießt. Sie haben die Führung bereits hinter sich und den hochaufschießenden Neubau an der Willi-Bleicher-Straße von innen und außen inspiziert. Nun steht aber ein Guide, wie das in Schuler-Kreisen heißt, auch vor der noch wartenden Gruppe mit den blauen Bändern. Thomas Merkle ist Ingenieur bei Schuler und bester Laune. An seiner Rolle als Führer durch den 40-Millionen-Bau des traditionsreichen Unternehmens, das 1839 in Göppingen gegründet wurde und mittlerweile weltweit agiert, hat er sichtlich Spaß.

Die Daten sprechen für sich: 70 Meter lang ist das elliptische Gebäude des Wiener Architekturbüros Holzbauer und Partner, das sich 54 Meter in die Höhe schraubt und an seiner breitesten Stelle 30 Meter misst. Es bietet 20 000 Quadratmeter Büroflächen, allein der Konferenzbereich im zwölften Stock hat 800 Quadratmeter – und einen atemberaubenden Rundumblick, davon dürfen sich die Besucher nach einer Fahrt in einem von vier hochmodernen Aufzügen selbst überzeugen. Allerdings drängt die Zeit. Nach ein paar Minuten über den Dächern von Göppingen ruft Thomas Merkle schon wieder zum Aufbruch. Es soll runtergehen in den dritten Stock. Doch der Aufzug, eigentlich ein Wunderwerk der Innovation und stets darauf bedacht, seine Passagiere möglichst flott zu befördern, schließt die Tür und fährt los, obwohl ein Großteil der Gruppe noch nicht an Bord ist. Selbst der Ingenieur Merkle kann da nichts machen. „Das sind die Tücken der Technik“, sagt er und lacht.

Ideenschmiede soll die Zukunft sichern

Die Höhe des S.I.T. war nicht unumstritten. Viele befürchteten, er könnte die Stadtkirche oder gar den Hohenstaufen verdecken. Je nach Perspektive schiebt sich das Gebäude tatsächlich vor diese Sehenswürdigkeiten. Die Besucher finden das nicht weiter schlimm. Im Gegenteil. „Das ist ein toller Bau“, lobt Steffen Donnert, der bei der Kreissparkasse und damit im zweithöchsten Gebäude der Stadt arbeitet. Er und seine Frau freuen sich, dass sie bei einer Führung dabei sein können. „Wir mussten uns ranhalten, es gab nur noch wenige Plätze“, erzählt Michaela Donnert. Auch ein Ehepaar aus der Nachbarschaft ist angetan. „Das ist super. Es wird jetzt zwar bei uns ein bisschen schneller dunkel, aber dagegen haben wir nichts“, erklären sie.

Schulers Ideenschmiede wird künftig in dem Gebäude logieren. Pressesprecher Scherrenbacher schätzt, dass die Räume im Oktober bezogen werden. 750 Beschäftigte werden dort arbeiten, zwei Drittel bis drei Viertel von ihnen Ingenieure. „Der Maschinenbau ist im Umbruch, komplette Neuentwicklungen sind gefragt“, sagt Simon Scherrenbacher. Der Konzern wolle da natürlich vorne mitmischen.

Innovativ zeigt sich auch das Gebäude. Jeder Arbeitsplatz in den Großraumbüros hat Tageslicht, die Schreibtische sind höhenverstellbar, die Garderobe bietet nicht nur Mänteln Platz, sondern in Schubladen auch Schuhen. „Einige Kollegen arbeiten gerne in Hausschuhen“, verrät Thomas Merkle. Auch eine Videokonferenztechnik in den Besprechungszimmern fehlt nicht – für Kommunikation weltweit. Nicht zu vergessen das neue Betriebsrestaurant mit 250 Plätzen, drei Ausgabetheken und, der letzte Schrei, Zubereitung direkt an der Theke. Frontcooking nennt sich das.