Die Rohre für die Glasfasern werden derzeit verlegt, hier in der Gohlstraße. Foto: Eveline Blohmer

Die Baugenossenschaften Flüwo und LBG haben sich für einen neuen Kabelanbieter entschieden. Bislang versorgte KabelBW die Wohneinheiten, demnächst übernimmt das die Telekom. Das sorgt bei manchen Mietern für Unmut.

Degerloch - Wer schon einmal den Telefon-, Internet- und Fernsehanbieter gewechselt hat, weiß, dass das zuweilen recht nervenaufreibend sein kann. Die Stuttgarter Baugenossenschaft Flüwo mit Sitz in Degerloch und die Landes-Bau-Genossenschaft (LBG) unternehmen Großes in dieser Richtung: Alle Wohneinheiten der beiden Genossenschaften werden an das Kabel- oder vielmehr Glasfasernetz der Telekom angeschlossen, der bisherige Anbieter KabelBW kann dorthin dann kein TV-Signal mehr liefern.

Das heißt zunächst: Flüwo- und LBG-Mieter, die bis dahin Internet, Telefon und Fernsehen von KabelBW über die Multimediadose bekamen, können dann nur noch von der Telekom oder deren Tochter Congstar beliefert werden. Die LBG, die in Baden-Württemberg etwa 5500 Wohnungen besitzt – sechs davon sind in Degerloch, 37 in Sillenbuch –, vollzieht den Wechsel im November. Die Flüwo zieht Anfang des nächsten Jahres nach und schließt 8500 Wohneinheiten in Baden-Württemberg – knapp 1500 davon liegen in Stuttgart – an das Netz der Telekom an. Die Verwaltungen der beiden Genossenschaften zeigen sich angesichts des Großwechsels unbeeindruckt: „Wir sind relaxt und entspannt“, sagt der Flüwo-Vorstand Thomas Digeser, und auch der LBG-Vorstand Josef Vogel ist „bisher sehr zufrieden mit der Telekom“.

Unmut bei IT-Spezialisten

Doch das Gefühl der Zufriedenheit teilen nicht alle Mitglieder der Baugenossenschaft. Insbesondere ein Mieter der Flüwo, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, sieht sich und die anderen Mieter in der Möglichkeit beschnitten, vor allem den Internetanbieter selbst zu wählen. Der freiberufliche IT-Berater arbeitet zu Hause und ist auf schnelles Internet angewiesen. Genau hier liegt für den Degerlocher das Problem: Die freie Wahl des Anbieters haben nur die Mieter, die ihr Internet aus der Telefonbuchse holen. Hier lassen sich aber nur weit geringere Übertragungsgeschwindigkeiten erzielen. „Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist bei der Telekom deutlich schlechter als bei KabelBW“, klagt der Informatiker.

Tatsächlich sind die hohen Übertragungsgeschwindigkeiten, mit denen die Telekom ihre Glasfaserleitung anpreist, für die Flüwo-Mieter in weiter Ferne, denn die Fasern werden zunächst nur bis in die Keller der Gebäude verlegt und nicht bis in die Wohnungen. Für den 36-jährigen Mieter bedeutet das von Januar an: zwei Drittel der Leistung bei gleichem Preis. Dass der Flüwo-Vostand bei der Entscheidung, den Anbieter zu wechseln, das Beste für seine Mitglieder im Sinn hatte, kann er sich nicht vorstellen.

Genossenschaftliches Handeln

Laut Flüwo-Vorstand Digeser war jedoch genau das der Grund für die gemeinschaftliche Entscheidung von Flüwo und LBG zu Gunsten der Telekom, die man nach dem Vergleich von vier Anbietern getroffen habe: „Wir haben genossenschaftlich gehandelt, denn für 70 Prozent der Mieter ist es bei der Telekom günstiger“. Bei diesen 70 Prozent handelt es sich um die Genossenschaftsmitglieder, die ihr Internet bisher ohnehin aus der Telefonbuchse geholt haben und für die sich nur beim Fernsehen der Anbieter ändert. Denn der Kabelanschluss wird bei den Genossenschaften über die Nebenkosten abgerechnet. Und hier zeigte sich die Telekom sehr großzügig. Die beiden Genossenschaften haben einerseits in eine lange Vertragslaufzeit von 15 Jahren eingewilligt und andererseits dem Kommunikationsunternehmen gemeinsam etwa 14000 Wohneinheiten eingebracht. Zwischen 40 und 50 Prozent spare man so bei Flüwo und LBG in den Nebenkosten.

Was für den unzufriedenen IT-Berater „nach Lockvogel“ klingt, dürfte sich für viele der anderen Mieter also gar nicht schlecht anhören – aber eben nur für diejenigen, für die Upload- und Download-Geschwindigkeiten irrelevant sind oder böhmische Dörfer darstellen. „Natürlich gibt es immer ein paar Internet-Junkies, aber der 80-jährigen Oma ist Up- und Download egal“, sagt Digeser. Irritationen und Unmut bezüglich des Wechsels gebe es meist wegen der Angst, dass sich beim Fernsehen etwas ändere. Diese Angst kann Digeser nehmen: „Die Tagesschau bleibt die Tagesschau.“