Für Wolkenfreunde gibt es am Himmel immer was zu sehen. Foto: dpa

Eine wachsende Fangemeinde frönt im Internet ihrer Liebe zu den Wolken am Himmel. Weltweit hat die Cloud Appreciation Society rund 40 000 Mitglieder.

Stuttgart - Freunde von Gavin Pretor-Pinney wissen: Der Mann mag Wolken. 2005 fragte ihn die Veranstalterin eines Literaturfestivals, ob er nicht einen Vortrag darüber halten wolle, und um Publikum anzuziehen, gab er dem Referat einen ungewöhnlichen Titel: „Die Eröffnungssitzung der Wolkenbewunderungsgesellschaft“ – also der Cloud Appreciation Society. Im Anschluss gab es jede Menge Anfragen, wie man dieser Gesellschaft beitreten könne, also richtete Pretor-Pinney eine Website ein und die Leute begannen ihm Wolkenfotos zu schicken. Heute hat die Cloud Appreciation Society rund 40 000 Mitglieder aus aller Welt, die ihre Wertschätzung für Wolken gemeinschaftlich unter Beweis stellen.

Pretor-Pinney lebt mit seiner Familie in Somerset im Südwesten Englands und ist neben seiner Haupttätigkeit als Wolkenbewunderer Mitherausgeber des Müßiggänger-Magazins „The Idler“ und Autor mehrerer Bestseller über Wolken. Das Video seines zehnminütigen Vortrags „Cloudy with a chance of joy“ hat auf Youtube mehr als eine Million Zuschauer gefunden. Das britische Wetter, konstatiert der Oxford-Absolvent, „fühlt sich an, als ob es nichts Beständiges gäbe.“ Positiv betrachtet, habe man einen sehr abwechslungsreichen Himmel. Jeder Tag sei wie eine neue Seite, die man aufschlägt. „Ich denke“, so Pretor-Pinney versonnen, „das wirkt sich durchaus auf die britische Mentalität aus.“

Das Internet verhilft zu einem neuen Naturzugang

Und warum ausgerechnet Wolken? „Wenn Menschen jung sind, sind sie, was Wolken angeht, ganz unbekümmert. Wenn sie älter werden, gerät das manchmal etwas ins Negative. Wolken stehen dann auf einmal für die Turbulenzen im Leben. Ich möchte diese Haltung verändern“, sagt Pretor-Pinney. Früher konnte man sich privat für Wolken interessieren, aber es gab kaum die Möglichkeit, mit Gleichgesinnten zusammenzukommen. Heute verhilft das Internet den Menschen zu einem neuem Naturzugang.

Die zahllosen Wolkenzeitrafferaufnahmen auf Youtube etwa findet er großartig. „Sie zeigen uns etwas Verborgenes. Wenn man in ein Tal hinunterschaut, das mit Wolken gefüllt ist, kann man sehen, dass über dieses Meer Wellen ziehen und an die Talhänge branden.“ Mehrere Jahre hat er für die Anerkennung einer neuen Wolkenart namens Undulatus asperatus gekämpft. Sie soll in den Wolkenatlas der UN-Wetterbehörde WMO aufgenommen werden. Die WMO hat eine internationale Arbeitsgruppe aus Meteorologen zusammengestellt, die dazu eine Empfehlung abgegeben hat, was aber noch nichts heißt. Solche Reformen haben natürlich Folgen, die sämtliche Wetterbeobachtungssysteme auf der Welt betreffen: „Man sollte sich da mit Änderungen nicht übereilen.“

Wolken als Metapher für die Computerwelt

Klar, dass ein Mann wie Pretor-Pinney auch Lieblingswolken hat, Lenticularis zum Beispiel. Das sind diese linsenförmigen Wolken, die manchmal aussehen wie fliegende Untertassen. Sie ummanteln auch Berggipfel und sehen dann aus wie stehende Wogen. Ebenso findet er die Idee des Cloud Computing interessant. Das sei zwar ein Marketingbegriff für etwas, das es im Internet schon lange gibt. Es sei aber sehr interessant, wie und warum sich da die Wolke als Metapher durchgesetzt habe „als etwas, das nicht an einen Ort gebunden und auf gewisse Weise unbegrenzt ist.“

Nach drei Büchern über Wolkenbeobachtung verfasste er etwas überraschend ein Ukulele-Handbuch – aber es gibt einen Zusammenhang. Die Ukulele ist kein Virtuosen-Instrument, man kann sie nehmen und losklimpern. „Es ist ein demokratisches, offenes, einfaches Vergnügen. So wie das Wolkenbeobachten.“