Studierende erfahren, wie ein Eddy-Turm zur Messung der Energie-, Wasserdampf- und Kohlendioxid-Flüsse zwischen Feld und Atmosphäre funktioniert. Foto:  

Die Uni Hohenheim will sich mit Spitzenforschung auf dem Gebiet des Klimawandels etablieren. Eine Geldspende der Gips-Schüle-Stiftung in Höhe von jährlich 150 000 Euro für einen ausgewählten Topwissenschaftler soll die nötigen Freiräume dafür ermöglichen.

Stuttgart - Die Uni Hohenheim will sich beim bundesweiten Exzellenzwettbewerb um einen Spitzenforschungsverbund zum Thema Klimawandel bewerben. Dies erklärte Unirektor Stephan Dabbert auf Anfrage dieser Zeitung. Ermöglicht werde dieses Vorhaben auch durch eine großzügige Forschungsförderung durch die Gips-Schüle-Stiftung. Unter dem Titel „Freiräume für die Forschung“ ermittelte die Stiftung einen Spitzenforscher und unterstützt ihn ein Jahr lang mit 150 000 Euro. In den kommenden sechs Jahren plant die Stiftung, die Auszeichnung jährlich erneut zu vergeben.

„Die Verwendung dieser Förderung legen wir sehr stark in die Hand jedes Preisträgers“, betonte Dabbert. Als erster hat Thilo Streck den Zuschlag erhalten. Er leitet das Fachgebiet Biogeophysik und ist auch Sprecher der interdisziplinären Forschergruppe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) „Regionaler Klimawandel“. Ihn habe die Jury, der auch der ehemalige Wissenschaftsminister Peter Frankenberg angehört, aus den Vorschlägen der promovierten Uni-Mitarbeiter ausgewählt.

„Wir wollen mit unseren Mitteln den Preisträgern mehr Freiraum für die Forschung geben“, erklärte Stefan Hofmann, der Vorsitzende der in Stuttgart ansässigen Gips-Schüle-Stiftung. Diese war 1965 von den Nachkommen der Familie Schüle gegründet worden, die mehr als 100 Jahre lang in Stuttgart sehr erfolgreich Gipsabbau betrieben hatte. „Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, dass die Uni Hohenheim ihren Spitzenplatz behält und weiter ausbaut“, sagte Hofmann. Rektor Dabbert räumte ein: „Bei Verbundforschungsprojekten schöpfen wir unser Potenzial nicht aus.“ Bisher hätten den Forschern die Freiräume dafür gefehlt. „Man hat einfach nicht die Zeit, gründlich über ein Thema nachzudenken“, sagt Thilo Streck.

Thilo Streck kann sich auf Forschungsantrag konzentrieren

Das soll sich nun für ihn ändern. „Ich habe die Vorlesungen reduziert und ich brauche Unterstützung bei der Konzeption des Antrags“, erklärt der Klima-Wissenschaftler. Mit dem Stiftungsgeld könne er befristet Arbeitskräfte einsetzen. „Die Idee mit der Freiheit für die Forschung finde ich genial“, meint der Biogeophysiker, der nun den Auftrag hat, das Exzellenzcluster aufzusetzen. Bis Anfang April muss das Konzept, die sogenannte Skizze, bei der DFG eingereicht werden. Danach entscheidet sich, ob die Uni zum Vollantrag aufgefordert wird. Der Konkurrenzkampf ist groß. Dabbert berichtet, es gebe 192 Absichtserklärungen für Cluster, doch zum Schluss bekämen nur maximal 50 den Zuschlag.

25 Professoren, darunter auch Wetterexperten und Ökonomen, sind in das Hohenheimer Projekt eingebunden, und Thilo Streck ist ihr Spielführer, wie Dabbert es nennt: „So eine Gruppe braucht einen, der die Linien zieht und die Leute begeistert“, sagt Dabbert – „einen, der es kann, und der auch dazu bereit ist“. Im Kern gehe es bei dem Exzellenzcluster um die Erforschung folgender Fragen: „Wie wirkt sich der Klimawandel auf die Landwirtschaft aus? Wie kann sich die Landwirtschaft an den Klimawandel anpassen und wie wirkt das zurück auf die Landwirtschaft, wenn diese ihre Methoden und ihre Flächennutzung verändert?“ Als Beispielregionen sollen der Kraichgau und die Schwäbische Alb im Detail untersucht werden.

Dem Trollinger ist es im Kraichgau schon zu warm

„Es gibt Hinweise, dass es im Kraichgau schon zu warm ist“, sagt Streck. Dies betreffe etwa den Trollinger, ergänzt Hofmann. Und auch auf der Alb wüchsen inzwischen Pflanzen, die es früher dort nie gegeben habe, so Streck. Das habe Konsequenzen für die Landwirtschaft, bis hin zum Maschinenpark. Entscheidend für viele Landwirte sei auch: Was für ein Klima erwarten sie? „Das berücksichtigen wir auch“, so Streck. In dieser Forschungstiefe gebe es diese Untersuchungen bisher an keiner anderen deutschen Uni, betont der Wissenschaftler. „Viele Fragen ergeben sich aus Wechselwirkungen.“

Für Dabbert steht fest, dass gerade dieses Gebiet, auf dem Hohenheim traditionell stark sei, also bei Pflanzen und Böden, als Themenfeld langfristig weiterentwickelt werden soll – „so oder so“. Dazu passe bestens auch das neue Forschungsgewächshaus. Mit dem zusätzlichen Schub durch die Stiftung, so Dabbert, „haben wir ein Pfund, wenn es in Richtung Verbundprojekte geht“.