Er könnte bald den Hut nehmen: Italiens Staatschef Giorgio Napolitano. Foto: dpa

Spekulationen über einen Rücktritt von Staatspräsident Napolitano sorgen für Aufregung. Folgt auf den 89-Jährigen der EZB-Präsident Draghi? Regierungschef Matteo Renzi jedenfalls sorgt sich nicht um die Zukunft Napolitanos.

Rom - Die Italiener nennen ihn liebevoll „Re Giorgio“, König Georg. Giorgio Napolitano ist wohl der einzige italienische Politiker, der wirklich einen königlichen Nimbus zu tragen scheint. Obwohl 89 Jahre alt, bewegt er sich aufrecht, ist stets elegant gekleidet und nimmt sämtliche Termine wahr, wie es sich, erklärte er kürzlich, „für einen Staatspräsidenten gehört“.

Auch die Unterkunft des Sozialdemokraten Napolitano ist königlich. Der Quirinalspalast, die auf einem Hügel mitten in Rom gelegene ehemalige Sommerresidenz der Päpste und später Schloss der italienischen Könige, ist größer und prächtiger als der Buckingham-Palast in London.   Doch wahrscheinlich wird König Georg am 31. Dezember seinen Thron räumen.

Spekulationen über einen Rücktritt des greisen Staatschefs sorgen in Italien seit Tagen für Aufregung. Auslöser war ein Bericht der Zeitung „La Repubblica“ vom Wochenende, wonach Napolitano seinen Rückzug zum Jahresende planen soll. Das Blatt berief sich auf das Umfeld des Staatsoberhaupts.

Regierungschef Matteo Renzi sagte, er sorge sich nicht um die Zukunft Napolitanos. Der Präsident sei „eine Garantie für das gesamte Land“. Auch andere führende Politiker würdigten die Rolle Napolitanos, der seit 2006 als erster Ex-Kommunist an der Spitze Italiens steht und bei der Überwindung von Regierungskrisen oft eine Schlüsselrolle spielte. Auch wenn er für sein Alter ungemein rüstig ist – vor allem intellektuell –, spüre er, so ein enger Vertrauter, „dass Napolitanos Kräfte schwinden“. „Ich kann nicht mehr“, soll der Staatschef einem engen Freund gesagt haben.  

Ehefrau Clio war gegen eine zweite Amtszeit

Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass Italiens Staatspräsident auch aus einem anderen Grund zurücktreten könnte. Napolitano hatte 2013 nur aus einem Grund eine zweite Amtszeit akzeptiert, wohlgemerkt gegen die Meinung seiner 80-jährigen Frau Clio. „Ich bleibe im Amt“, erklärte er damals mit Tränen in den Augen im Senat in Rom, „weil ich mich mit ganzer Kraft für die tief greifenden Reformen einsetzen will, die Italien jetzt nötig hat.“  

Während dieser Rede nach seiner Wiederwahl drohte Napolitano damit, genau dann zurückzutreten, wenn der Reformeifer, dem sich die italienischen Regierungen Ende November 2011 verschrieben hatten, erlahmen würde.   Napolitano hatte auch gefordert, dass Italien schnell eine Wahlreform benötigt, die endlich klare Regierungsmehrheiten schafft.

Genau das fordert auch Regierungschef Matteo Renzi. Doch Renzi kommt damit nicht voran. Teile seiner eigenen Partei sprechen sich gegen den immer autokratischeren Führungsstil Renzis aus.   Den parteieigenen Kritikern gefällt es auch nicht, dass der Regierungschef die Wahlreform in Zusammenarbeit mit Oppositionsführer Silvio Berlusconi aushandelt. Aber ohne Berlusconis Mitarbeit und Zustimmung kommt diese und kommen andere wichtige Reformen nicht zustande. Das weiß Napolitano, weshalb er in letzter Zeit immer wieder beide Seiten an ihre Verantwortung erinnert.  

Gerede um Pakt zwischen politischer Elite und Mafia in den Neunzigern

Sicher hat dem Staatschef auch das jüngste Gerede um seine Mitwirkung bei einem geheimen Pakt zwischen Italiens politischer Elite und der Mafia in den 1990er Jahren zugesetzt. Abgehörten und später von der Staatsanwaltschaft vernichteten Telefongesprächen zufolge soll Napolitano davon gewusst haben, dass es einen solchen Pakt zwischen Staat und Mafia gab, mit dem Ziel, die Serie mafioser Anschläge zu beenden.

Dafür soll sich die politische Seite, so die Ermittler, dafür eingesetzt haben, die Anti-Mafia-Gesetzgebung zu lockern.   Doch das sind nur Vermutungen. Eindeutige Beweise für eine mögliche Mitwisserschaft des Staatspräsidenten liegen nicht vor. Der hat aber auch nichts dagegen unternommen, dass die mitgeschnittenen Telefongespräche zerstört wurden.  

In Rom hat bereits eine heftige Diskussion um eine mögliche Nachfolge für Napolitano begonnen. Einer der aussichtsreichsten Kandidaten könnte Mario Draghi sein. Der ehemalige italienische Notenbankchef und amtierende Präsident der Europäischen Zentralbank genießt in Italien ein hohes Ansehen.