Nie wieder Bus fahren: Die neue Flexenbahn verbindet den Trittkopf in Zürs mit Alpe Rauz und so mit dem Skigebiet von St. Anton. Foto: Susanne Hamann

Dank der neuen Flexenbahn haben St. Anton in Tirol und Lech Zürs in Vorarlberg einen Rekord aufgestellt: Der Arlberg als Wiege des alpinen Skisports darf sich nun auch größtes zusammenhängendes Skigebiet Österreichs nennen.

Lech am Arlberg - Knapp acht Minuten dauert die Fahrt in der neuen Zehnergondel, die vom Ortsausgang von Zürs hinauf auf den Trittkopf führt. Von 1724 Meter Höhe geht es auf 2227 Meter. Der Kreisverkehr, die Hotels Alpenrose, Hirlanda und Flexen, die Straße nach Lech – alles schrumpft von oben betrachtet auf Puppenstubenformat. Auf dem Berg dominiert derweil Gigantismus: Ein schicker, gläserner Kubus thront glitzernd in der gleißenden Sonne. Von fern grüßt das weiß überstäubte Bergpanorama mit dem Peischlkopf und dem Albonagrat.

In der Bergstation der neuen Flexenbahn heißt es umsteigen. Raus aus der Gondel, mit den Skiern in der Hand ein Stück ums Eck und rein in die nächste Kabine. Die folgende Fahrt ist nichts für Menschen mit Höhenangst: Nach einem ebenen Teilstück geht es 562 Meter steil nach unten ins Tal nach Alpe Rauz, einem kleinen Teilort von Stuben am Arlberg. Die Schwindelfreien genießen derweil die freie Sicht ins Klostertal und zum Arlbergpass bis nach St. Christoph. Sechs Minuten später werden die Skier wieder angeschnallt. Der Valfagehr-Sessellift befördert immer sechs Wintersportler pro beheizter Sitzreihe wieder ein Stück hinauf zur Ulmer Hütte. Willkommen im Skigebiet von St. Anton!

120 Busse weniger pro Tag

„Wer an den Arlberg kommt, will auch die jeweils andere Seite sehen“, ist Martin Ebster, der Tourismusdirektor von St. Anton, überzeugt. Die Gäste aus den nicht nur für ihren Schnee-Reichtum bekannten, mondänen Wintersportorten Lech und Zürs in Vorarlberg sind neugierig auf die berühmten Gipfel von „Stanton“ in Tirol wie den Rendl, den Galzig, den Kapall, die Schindler Spitze und die Valluga. Umgekehrt will das auf Sport und Spaß fixierte St. Antoner Publikum gerne den Weißen Ring befahren, die legendäre Skirunde zwischen Lech, Zürs und Zug über den Rüfikopf, das Madloch, das Kriegerhorn und den Schlegelkopf.

Dank des gemeinsamen Liftpasses war es den Urlaubern beider Skigebiete schon seit 35 Jahren möglich, zwischen den Gebieten hin und her zu wechseln. Allerdings musste man bisher mit geschulterten Skiern zur Haltestelle sprinten. „120 Busse sind bisher täglich zwischen den Orten hin und her gependelt. Diese Verkehrsbelastung ist durch die Flexenbahn überflüssig geworden“, sagt Martin Ebster. Ein großer Parkplatz in Alpe Rauz soll zudem Tagesausflügler abfangen. Auch Reisebusse können hier abgestellt werden. Zwischen den Orten am Arlberg verkehren nur noch die gelben Busse der Post. Die blauen Transferbusse werden nach Bedarf aus dem Depot geholt, wenn eine Schlechtwetterlage den Betrieb der Flexenbahn verhindert.

Der Kreis ist geschlossen

„Der Umweltaspekt, der Komfort und die Verkehrssicherheit haben sich durch die neuen Bahnen verbessert“, sagt Willy Skardarasy. Der Hotelier und Aufsichtsratsvorsitzende der Ski Zürs AG war die treibende Kraft für die Verbindung. Da durch den Bau keine neuen Pisten entstanden sind, gab es wenig Widerstand von Umweltschützern und ein erstaunlich rasches Genehmigungsverfahren.

„Der Kreis ist geschlossen. Wir können jetzt zum Fleischkassemmel-Holen die Bahn nehmen“, sagt Hermann Fercher, Tourismusdirektor von Lech Zürs. Man könnte auch sagen: Die neue Bahn bringt mehr Fahrspaß, Abwechslung und grenzenloses Skivergnügen. „Wir hatten die Vision schon vor 50 Jahren. Damals hat man noch über einen Tunnel nachgedacht. Das Gelände dort ist nicht einfach“, sagt Willy Skardarasy. Dementsprechend teuer war das nun realisierte Projekt. Neben der Flexenbahn wurde eine weitere Seilbahn neu gebaut, zwei bestehende Lifte wurden ersetzt. Investitionsvolumen für alle vier Anlagen: 45 Millionen Euro, bezahlt von den örtlichen Frendenverkehrs- und Liftbetrieben.

Megaskigebiete sind im Trend

In sechs Monaten Bauzeit haben 255 Arbeiter mithilfe von 35 Baggern und drei Hubschraubern 13 820 Kubikmeter Beton verbaut. So entstand Österreichs größtes zusammenhängendes Skigebiet mit 87 Liften sowie 305 Skiabfahrtskilometern. Und da sind die ebenfalls im Skipass enthaltenen Lifte und Abfahrten in Klösterle noch gar nicht mitgerechnet.

Der Arlberg gilt als Wiege des alpinen Skilaufs. 1901 wurde im Hospiz in St. Christoph der legendäre Skiclub Arlberg gegründet – der erste Österreichs und einer der ältesten der Welt. Im Winter 1936/37 eröffnete in Zürs der erste Schlepplift Österreichs, in St. Anton baute man kurz darauf die erste Winter-Seilbahn. Bereits zur Saison 2013/2014 wurde das Gebiet von Ski Arlberg durch den Auenfeldjet erweitert, der vom Weibermahd in Lech zum Sonnen-Jet in Warth führt und so eine Verbindung in den Bregenzer Wald darstellt. Die neue Flexenbahn ist der nächste Schritt zum Super-Skigebiet – der Nummer fünf weltweit.

Die nächste Erweiterung ist schon geplant

Megagebiete, die sich aus benachbarten Skiorten zusammenschließen, sind derzeit schwer angesagt. Im vergangenen Winter taten sich Fieberbrunn und Saalbach-Hinterglemm-Leogang zusammen. Das 270 Pistenkilometer umfassende Megagebiet in Tirol und Salzburg plant nun die Vereinigung mit Zell am See. Ebenfalls zu den weißen Riesen zählt die Skiwelt Wilder Kaiser Brixental in den Nördlichen Kitzbüheler Alpen mit 280 Pistenkilometern. In Frankreich sind XXL-Skigebiete quasi die Regel. Les Trois Vallées mit den drei Tälern von Val Thorens, Méribel und Courchevel sowie das Gebiet Les Portes du Soleil bieten jeweils über 600 Kilometer Abfahrten. In der Schweiz schloss sich Arosa mit Lenzerheide zu einer Skiregion der Superlative zusammen, die Fusion von Andermatt und Sedrun ist für Winter 2017/18 geplant. Am Arlberg träumt man als Nächstes von einer Verbindung von St. Anton über den Rendl nach Kappl im Paznauntal. „Die Bemühungen laufen schon seit zehn Jahren“, sagt Mario Stedile-Foradori, Vorstand der Arlberger Bergbahnen AG. „Für mich wäre es ein Lebenstraum, wenn es wahr würde.“ Auf der anderen Seite des Berges glaubt man fest daran, dass auch diese Vision irgendwann Realität wird. „Ein Hotelier drüben in Kappl hat sich schon einen Website-Namen mit ,Kappl am Arlberg‘ gesichert“, erzählt Tourismusdirektor Ebster.

Hinkommen, Unterkommen, Rumkommen

Anreise

Über die A 7 und A 96 bis Bregenz, dann auf der österreichischen A 14 über Feldkirch und Bludenz auf die Lechtalstraße ins Arlberggebiet. Nächstgelegene Bahnhöfe in Langen am Arlberg oder St. Anton, www.bahn.de, www.oebb.at.

Flexenbahn

Die Flexenbahn (www.flexenbahn.ski) verbindet die bestehenden Skigebiete von Lech, Zürs, St. Anton, St. Christoph und Stuben. Gemeinsam mit den Orten Sonnenkopf/Klösterle und Warth/Schröcken bilden diese den Tarifverbund Ski Arlberg (www.skiarlberg.at). Mit 305 Skiabfahrtskilometern und 87 Liften und Bahnen ist Ski Arlberg das größte zusammenhängende Skigebiet Österreichs. Dazu kommen 200 Kilometer Tiefschneeabfahrten. Am 15. Januar 2017 wird der neue Lift mit einem großen Fest namens „Connecting Day“ eingeweiht (10 bis 16 Uhr). Der Tagesskipass kostet in der Hauptsaison 52 Euro für Erwachsene, 31 Euro für Kinder und 47,50 Euro für Jugendliche und Senioren. Für einen Sechstagespass für Erwachsene bezahlt man 262 Euro.

Unterkunft

Familiär geführtes Haus direkt am plätschernden Fluss Lech: Hotel Auenhof (vier Sterne), Doppelzimmer inkl. Halbpension ab 256 Euro, www.auenhof.com.

Luxuiöses alpines Ambiente in bester Lage mitten im Ort: Hotel Arlberg Lech (fünf Sterne), Doppelzimmer inkl. Halbpension ab 515 Euro, www.arlberghotel.at. Für Gastfreundschaft seit 1570 steht der Schwarze Adler in St. Anton (vier Sterne superior), Doppelzimmer inkl. Halbpension ab 267 Euro, www.schwarzeradler.com

Essen und Trinken

Küche auf Haubenniveau wird in der Verwallstube auf dem Galzig serviert, www.skiarlberg.at/de/regionen/skigebiet/stanton-stchristoph-stuben/restaurants/verwallstube Seit Dezember lädt das neue Restaurant Schlegelkopf zum Genuss im Zeichen der Lecher Partnerorte Beaver Creek in den USA, Kampen auf Sylt und Hakuba in Japan. http://schlegelkopf.at

Allgemeine Informationen

www.lech-zuers.at, www.arlberg.net, www.stantonamarlberg.at, www.abbag.com, www.stuben-arlberg.at